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Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Seelensplitter: Thriller (German Edition)

Titel: Seelensplitter: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Lina.
    »Erstens sind Sie schon die zweite Tochter, die hier auftaucht, und zweitens werden wir hier einen Fall von doppelter jungfräulicher Empfängnis dokumentieren können.«
    Die beiden jüngeren Schwestern sehen sich an und lachen verschmitzt.
    »Kommen Sie«, sagt die Ältere. »Ich bringe Sie zu Schwester Irene.«
    19
    A ls Lina durch die Hallen des Altenstifts geht, erinnert sie sich …
    Sie war auf der Flucht vor Ralf zu ihr gegangen. Sie kannte die Frau nicht, die vor ihr stand und ihre leibliche Mutter sein sollte. Es roch nach Kohl und Bohnerwachs. Die Frau baute sich in einer Kittelschürze vor ihr auf, blickte auf sie hinunter und sagte: »Es tut mir leid, aber du musst zurück zu deiner neuen Familie. Sie haben dich sehr lieb und vermissen dich sicher schon.« In der engen Wohnung gab es keine anderen Kinder, es gab auch keinen Mann und nicht mal einen Fernseher. Nur ein altes Radio, das auf einem Hocker stand und auf dem Namen standen wie Norddeichradio, Moskau, Bukarest oder Ostende. Der Apparat brummte, und durch die Stoffumspannung leuchtete ein grüner Punkt. Ein Auge, das sie beobachtete. Lina hatte das Radio angeschaltet und sich auf einen Stuhl gesetzt. Die Frau setzte sich neben sie und suchte einen Sender. Blasmusik ertönte. »Das ist das berühmte Hafenkonzert«, hatte die Frau erklärt und sie mit der Musik allein gelassen. Wahrscheinlich hatte sie telefoniert, denn eine Stunde später kam ihr neuer Vater, sah sie milde lächelnd an und sagte: »Lina, Lina!« Nur gut, dass sie Ralf der Frau gegenüber nicht erwähnt hatte. Ralf musste ihr Geheimnis bleiben.
    Sie hat diese Szene wieder deutlich vor Augen, während die Schwester sie zu einer unscheinbaren Tür führt, die in den hinter dem Haus liegenden Park des Stifts führt.
    Alte Kastanien spannen ihre Kronen über den Innenhof. Nur an einigen Stellen erreichen die Sonnenstrahlen das Gras. Vereinzelt stehen Tische, Stühle und Liegestühle auf dem Gelände herum. In einer Ecke wird ein Garten mit Blumen und Kräutern angelegt. Als Schutz vor Kaninchen sind die Beete mit einem Zaun umgeben. Dahinter befindet sich ein Geräteschuppen, der neu aussieht. Ein Spaten und eine Harke lehnen an der Wand, daneben ist ein Gatter aus Holz, das einen Komposthaufen umgrenzt.
    »Die Dame dahinten in dem weißen Holzstuhl«, sagt Schwester Claudia, schiebt sie sanft in den Hof und geht wieder ins Gebäude zurück.
    Lina macht einen Bogen, um möglichst früh das Gesicht der alten Dame zu sehen. Wird es eine Erinnerung wachrufen? Lina erkennt ein glattes Altersgesicht von weißen Haaren umrahmt, eine große Nase und einen feinen Damenbart. Die wachen Augen mustern sie neugierig.
    Lina kann keine Verbindung zu der Frau mit dem Radio herstellen.
    Die Frau schützt sich mit der Hand vor der Sonne und sieht sie freundlich an.
    »Sie wollen zu mir?«
    »Sind Sie Irene Heise?«, fragt sie. »Ich heiße Lina Andersen.«
    Die Frau richtet sich im Stuhl auf und sagt gedehnt, als wollte sie jede Sekunde nutzen, um sich zu erinnern: »Lina Andersen!« Sie betrachtet sie von oben bis unten und sagt: »Da ist aber eine hübsche junge Frau aus dir geworden.«
    »Sind Sie meine … also … meine leibliche Mutter?«
    Lina spürt ihr Herz klopfen und ärgert sich darüber. Es gibt keinen Grund dafür, jetzt Gefühle zu zeigen.
    »Lina …«
    »Wissen Sie, ich will keineswegs alte Geschichten aufwärmen oder Ihnen Vorwürfe machen oder Ähnliches.«
    »Womit kann ich dir helfen?«
    »Mit ein paar Sätzen, die mir wiederum helfen, mich zu erinnern.«
    Lina glaubt, ein zufriedenes Lächeln im Gesicht der Frau zu entdecken.
    »Du kannst dich nicht an mich erinnern? Das ist normal.«
    »Was ist geschehen? Ich meine, bevor ich weggegeben wurde?«
    »Was soll schon geschehen sein?«, sagt Irene Heise. »Ich war allein, hatte keine Arbeit, wusste nicht, was ich mit meinem Leben anfangen sollte.«
    »Mir wurde erzählt, Sie hätten fünf Kinder gehabt und hätten mich weggegeben, weil Sie überfordert waren.«
    »Ach so?«
    Eine irritierende Situation. Da trifft Lina nach so vielen Jahren ihre Mutter, und die scheint sich keinen Funken dafür zu interessieren, wie es der Tochter geht. Sie wirkt fast unbeteiligt, wie sie da in ihrem Gartenstuhl sitzt, von dem der Lack abblättert.
    »Sie sind nicht meine Mutter«, sagt Lina.
    »Aber Lina, wie kommst du darauf?«
    Lina sieht die Frau stumm an. Was ist das für ein Spiel?
    »Weißt du, ich kann mich an vieles nicht mehr

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