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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silver Eve
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dich besuchen kann, wenn mir wieder danach ist, ein wenig mit dir zu plaudern.“
    „Aha.“ Mehr fiel ihr für den Augenblick nicht ein.
    „Aha“, äffte er sie nach.
    Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass ihm nicht wohl in seinerHaut war. Vielleicht fand er sein Benehmen selbst nicht ganz in Ordnung.
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte er sich um und ging.
    „Moment!“, rief Naphré ihm hinterher.
    Er blieb stehen.
    „Lass Butchers Seele in Frieden. Wenn du etwas erfahren willst, besorg es dir woanders her. Vielleicht kann ich dir auch dabei helfen.“
    „Auf ein Vielleicht kann ich mich nicht verlassen, mein Kätzchen.“ Er machte ein ernstes Gesicht. „Dazu tickt die Uhr zu schnell.“
    „Und warum verplemperst du dann deine Zeit und lungerst unter meinem Fenster herum?“
    Ohne eine Antwort zu geben, wandte er sich wieder zum Gehen.
    „Geh zum Arzt!“, rief Naphré ihm wütend hinterher. „Bestimmt gibt es Medikamente für solche Leute wie dich. Oder eine hübsche Gummizelle.“
    Alastor kümmerte sich nicht darum. Er hob die Hand und beschrieb damit einen Kreis in der Luft. Ein dunkles Oval erschien daraufhin vor ihm wie ein schwarzes Loch in der Landschaft, in dem nichts weiter zu erkennen war als Rauch und Nebel, und in diesem Loch war Alastor im nächsten Moment verschwunden, als hätte ihn dieses unheimliche Nichts verschluckt. Naphré glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Ungläubig starrte sie auf den Fleck, wo Alastor Krayl eben noch gestanden hatte.
    Der Reaper wusste ab sofort also, wo sie zu finden war, und konnte sie nach Belieben heimsuchen. Naphré machte die beunruhigende Entdeckung, dass dieser Gedanke ihr längst nicht so viel Angst machte, wie er es sollte.
    Wütend schlug sie das Fenster zu und kehrte auf ihre Couch zurück. Großartig! Jetzt hatte sie also einen Stalker am Hals, der nicht nur ein verfluchter Seelensammler war, sondern zu allemÜberfluss auch noch den Verstand verloren hatte.
    Sie nahm sich ihren Laptop, gab ihr Kennwort ein und rief eine Suchmaschine im Internet auf. Drei Stunden später war sie bestens informiert – über die Setnakhts, die Grundzüge ihrer Philosophie – und hatte eine Liste ihrer Stützpunkte weltweit sowie eine ihrer höchsten Priester, unter anderem in Toronto. Dort fand sie auch Pyotr Kusnetzov und wunderte sich darüber, dass er seine herausragende Stellung bei ihrem Zusammentreffen im Fitnessklub nicht erwähnt hatte. Der andere Name, der dort auftauchte, war der von Djeserit Bast, und das nebenstehende Foto ließ keinen Zweifel daran, dass es sich um dieselbe handelte, die ihr auf dem Friedhof in Whitby nachspioniert hatte. Das also war die Setnakht-Priesterin, die Butcher den Auftrag gegeben hatte, sie zu töten, und die es am liebsten sogar selbst besorgt hätte.
    Naphré beendete ihre Online-Suche. Durch den Spalt zwischen den Vorhängen fiel ein fahles Licht ins Zimmer. Sie war müde, alle Knochen taten ihr weh. Sie fühlte sich körperlich und seelisch vollkommen erschöpft. Dann raffte sie sich noch einmal auf und sah nach, welche E-Mails sie in der Zwischenzeit bekommen hatte.
    Ein eiskalter Schauer überkam sie, als sie auf die Liste blickte. Eine Nachricht, die sie bekommen hatte, stammte von Butcher. Das passte zu dieser grauenvollen Nacht. Die Nachricht von einem Toten.
    Es kostete sie Überwindung, die E-Mail aufzurufen und zu öffnen, aber was half es, es aufzuschieben?
    Merkwürdigerweise enthielt die Nachricht kein persönliches Wort, nicht einmal eine Unterschrift. Es war nur ein Anhang mit einem Link dabei. Nach kurzem Zögern klickte Naphré ihn an und fand sich auf der Homepage eines medizinischen Informationsdienstes wieder. Stichwort: Lungenkrebs. Erschüttert sah sie auf den Monitor. Metastasen, Symptome, Behandlung – die Buchstaben tanzten vor ihren Augen, und sie musste es zweimal lesen, bevor sie es begreifen konnte. Dann kam sie zum entscheidendenPunkt. Prognose: nur in seltenen Fällen heilbar.
    Ich hätte die Sache zu Ende geführt, Naph . Sie hatte seine Stimme noch im Ohr. Ja, das hätte er sicher getan. Daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel. Sie würde aber auch jede Wette eingehen, dass er darauf gesetzt hatte, dass sie sich seiner Pistole bemächtigte und ihm zuvorkam – schnell, sauber, schmerzlos. Ein besseres Ende als das lange, qualvolle Leiden in einem Krankenhausbett begleitet vom Verlust aller Menschenwürde. Jetzt endlich begriff sie, was ihr vorher so unerklärlich geblieben

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