Seelensunde
„Roxy also sagt, dass es die Isisgarde nicht gewesen ist. Sie tippt darauf, dass Xaphans Bräute Frank Marin das Licht ausgeblasen haben.“
„Wer auch immer.“ Sutekh winkte müde ab. „Frank Marin ist tot, seine Schwarze Seele irgendwo, wo ich nicht mehr herankomme, und wir werden nichts mehr von ihm erfahren. Die Schwarze Seele seines Bruders war von überhaupt keinem Nutzen. Als du sie mir endlich gebracht hast, war sie schon längst so überfällig, dass auch ich nichts mehr damit anfangen konnte.“ Er warf einen kurzen Blick auf die grau schillernde Blase, die über Alastors Schulter schwebte. „So ähnlich wie die da vermutlich.“
„Es wäre wohl das Beste, wenn du es einfach ausprobierst.“
Sutekh schoss die Augen und atmete tief durch. Dann sagte er mit einem falschen Lächeln: „Vielleicht erzählst du mir erst, wie du auf diesen Crandall Butcher gestoßen bist?“
Da Alastor wusste, dass es vergebliche Liebesmüh war, mit Sutekh zu streiten, schickte er sich drein und gab einen kurzenAbriss der Ereignisse. „Malthus hat einen Tipp von einem dieser Xaphanweiber bekommen. Die Spur führte uns in ein obskures Hinterzimmer eines noch obskureren Nachtklubs, in dem mir zufällig die Tätowierung eines Typen aufgefallen ist, die darauf schließen ließ, dass er zu den Setnakhts gehörte.“
Sutekh hob den Zeigefinger. „Was für eine Tätowierung? Die Setnakhts tragen normalerweise keine Erkennungszeichen.“
„Ein Skarabäus mit deinem Namen darunter.“
Sutekh nickte und ließ Alastor fortfahren.
„Wir hatten dann eine kurze Unterredung vor der Hintertür, und dieser Knabe namens Mick nannte einen Namen: Butcher. Nachdem ich ein wenig nachgeholfen hatte, rückte er auch damit heraus, dass dieser Butcher gerade dabei war, einen Auftrag zu erledigen, und er verriet mir auch, wo das stattfinden sollte.“
„Ahnte dieser Mick etwas davon, warum Butcher eventuell wichtig für uns ist?“
„Der ahnte überhaupt nichts. Es sprudelte nur so aus ihm heraus, da ihm verständlicherweise viel daran lag, mir etwas zu erzählen, was ich hören wollte. Und es war tatsächlich etwas Brauchbares dabei. Etwas, das mich auf die Idee brachte, dass Butcher etwas über den Mord an Lokan wusste. Entweder ist er selbst dabei gewesen, oder er hat mit jemandem gesprochen, der unmittelbar Zeuge geworden ist.“
„Und woraus hast du das geschlossen?“
„Dieser Mick hat von einer Nacht erzählt, in der er mit Butcher durchgesoffen hat. Das muss zwei Nächte nach der Ermordung von Lokan gewesen sein. Er sagte, Butcher sei unheimlich nervös gewesen und habe sich ständig umgesehen und behauptet, die halbe Unterwelt wäre hinter ihm her, wenn sie wüssten, was er wüsste.“
„Was wüssten?“
„Das ist die Preisfrage. Mick hat ihn zwar abgefüllt, aber Butcher hat immer nur gejammert: ‚Wenn sie wüssten, was ich weiß, bin ich ein toter Mann.‘„
„Und natürlich keine Details?“
Alastor versuchte auszuloten, was genau sein Vater mit diesen Fragen bezweckte. Waren sie ernst gemeint oder purer Sarkasmus? Oder wollte Sutekh ihn nur weiter provozieren? Schwer zu sagen. Auf keinen Fall wollte Alastor ihm den Gefallen tun, die Fassung zu verlieren, weil er wusste, dass Sutekh sich daran weidete, sein Gegenüber zur Weißglut zu bringen.
„Nein, keine Details“, antwortete Alastor gelassen. „Wie ich schon sagte: Frag ihn doch selbst.“ Er schob die Schwarze Seele ein Stück in Sutekhs Richtung.
Der streifte die schmutzig graue Masse nur mit einem Blick. „Unappetitlich“, meinte er. Stattdessen trat er ein Stück näher an Alastor heran und blähte die Nüstern. Sutekh bedurfte keines Atems. Dass er die Luft in Alastor Nähe einsog, hatte einen anderen Grund. „Du riechst nach Frau“, stellte er fest.
Am liebsten hätte Alastor die Bemerkung überhört. Was mit Naphré Kurata war, ging nur ihn etwas an, seinen Vater schon gar nicht. Naphré gehörte ihm allein. Trotzdem – irgendetwas musste er dazu sagen. „Butcher hatte eine Assistentin bei sich. Und sie ist dabei gewesen, als ich mir seine Seele geholt habe.“
„Ist sie bei Lokans Ermordung auch dabei gewesen?“
„Nein.“
„Die Antwort kam etwas schnell.“ Sutekh machte eine bedeutungsvolle Pause. „Woher weißt du das so genau?“
Konnte er sich dessen wirklich so sicher sein? Jedenfalls würde Alastor höchstpersönlich dafür sorgen, dass man ihre Seele nicht danach befragte. Niemand durfte ihr auch nur ein Haar krümmen.
Weitere Kostenlose Bücher