Seelensunde
besagte, dass sie ihm gehörte. Ihm allein.
Pyotr folgte Djeserit in ihr Büro. In seines mochte er mit ihr nicht gehen. Ihre Anwesenheit dort wäre ihm unerträglich gewesen. Allein der Gedanke an ihren Geruch in seinen geheiligten Räumen verursachte ihm Übelkeit.
„Die Polizei ist da? Na großartig!“ Sie wirbelte zu ihm herum. Ihre Stimme überschlug sich beinahe. „Draußen ist die Polizei, nimmt die Namen unserer Anhänger auf und fragt Löcher in den Bauch. Das hast du ja fein hinbekommen!“
„Ich habe schon dafür gesorgt, dass nichts nach draußen dringt.“
„Und darf man fragen, wie du das verhindern willst?“ Ihr verächtlicher Ton verriet, dass sie ihm kein Wort glaubte.
Hasserfüllt sah er sie an. Nichts hätte er sich mehr gewünscht, als sie ins Jenseits zu befördern. Aber das war gerade die Krux. Er durfte es nicht tun. Sie waren wie an der Hüfte zusammengewachsen. Ein dunkles Geheimnis verband sie, sodass sie tunlichst darauf achten mussten, sich gegenseitig am Leben zu erhalten. Ein Geheimnis, das ihnen selbst verborgen und in ihren Seelen verschlossen blieb, bis der Tod den Bann lösen und die Identität des Drahtziehers bei der Ermordung des Sutekh-Sohns preisgeben würde.
„Die Polizei geht nur routinemäßig vor. Sie schreiben einpaar Namen auf, das ist auch schon alles.“ Es hatte dreier Anrufe bei einigen hochgestellten Persönlichkeiten bedurft, um der Angelegenheit die Wichtigkeit zu nehmen. Niemand würde weiter danach fragen, warum eine Limousine in Flammen aufgegangen und warum geschossen worden war.
Djeserit atmete tief durch. Ihre Nasenflügel bebten. Allem Anschein nach fiel es ihr genauso schwer, ihm nicht an die Gurgel zu gehen. „Und Xaphans Gespielinnen? Welche Rolle spielen sie bei dem Ganzen?“
Pyotr hob die Schultern und antwortete wahrheitsgemäß: „Ich habe nicht die geringste Ahnung. Plötzlich waren sie da und haben ihr Feuerwerk veranstaltet, sodass von dem Wagen nur noch ein verkohlter Haufen Schrott übrig geblieben ist. Ob sie uns unterstützen oder uns angreifen wollten – woher soll ich das wissen?“ Tatsächlich war in dem wüsten Tumult nicht zu erkennen gewesen, auf welcher Seite die Xaphanbräute standen. Er wusste nicht, ob ihre Geschosse dem Reaper oder den Setnakhts gegolten hatten. Getroffen waren beide Parteien, und vielleicht war gerade das ihre Absicht gewesen.
Wütend ballte Djeserit die Fäuste. Mordlust funkelte in ihren Augen.
„Nur zu“, flüsterte Pyotr, der ihren Blick richtig deutete. „Versuch’s doch.“ Mit Vergnügen hätte er ihren Angriff pariert und die Gelegenheit genutzt, seiner aufgestauten Aggression freien Lauf zu lassen. Natürlich hätte er nicht bis zum Äußersten gehen dürfen, ohne sich selbst zu gefährden. Aber bis kurz davor. Das würde ihm schon eine gehörige Befriedigung verschaffen. So wie neulich, als er ihr die Kehle zugedrückt hatte, bis ihr die Zunge wie eine purpurne Schnecke aus dem Mund gequollen war. Es war ihm schwergefallen, wieder loszulassen. Die Kratzer auf seinem Arm und die Beule an seinem Kopf, als sie ihm eine Kristallvase über den Schädel gezogen hatte, waren nicht der Grund gewesen, warum er es schließlich getan hatte.
Nur sein Selbsterhaltungstrieb hatte ihn dazu bewogen, von ihr abzulassen. Hätte er sie in die Unterwelt geschickt, hätte sieihrem Dämon oder Totengott offenbart, was sie über die Ermordung Lokan Krayls wusste. Und das hätte ihm alle möglichen Höllengeister auf den Hals hetzen können, die darauf aus waren, diesen Tod zu rächen.
So war Pyotr nur geblieben, sich an den Würgemalen an ihrem Hals zu ergötzen – ein Vergnügen, das sie ihm bald darauf nicht mehr gegönnt hatte, da sie seitdem nur noch in Rollkragenpullovern zu sehen war.
„Du bist ein ausgemachter Esel“, zischte sie. Unter ihrem olivfarbenen Teint konnte er erkennen, dass sie vor Wut blass geworden war. Auch ihre Lippen waren blutleer. Nur auf ihren Wangen glühten zwei feurig rote Flecken. „Jetzt haben wir sie beide verloren, zwei Isistöchter auf einmal – durch deine Schuld.“
„Durch meine Schuld? Habe ich vielleicht Naphré Kuratas Lehrmeister damit beauftragt, sie zu töten? Bin ich auf dem Friedhof aufgekreuzt und habe mich wie ein Anfänger von ihr entdecken lassen, sodass sie den wertvollen Hinweis bekam, wem sie den Anschlag auf ihr Leben verdankte und plötzlich hier auftauchen konnte? Diese ganzen Schwierigkeiten haben wir allein dir und deinem Dilettantismus
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