Seelentraeume
jetzt an wird es leichter, versprochen.«
»Es war … aufregend.«
»Ich bin so froh.« Charlotte grinste. »Hast du George gesehen?«
Sophie lehnte sich ins Polster. »Ich weiß! Er ist so perfekt, das macht einen ganz krank.« Ihre Augen weiteten sich. »Die Frau neben mir, die mit der grünen Rose in den Haaren, die beugte sich zu der anderen Dame und sagte: Ich wette, ich könnte ihm das eine oder andere beibringen. Und die andere Frau meinte: Er ist noch ein Junge. Da sagte die mit der grünen Rose: Das ist doch die beste Zeit im Leben eines Mannes, man kann sie leicht lenken, und sie können und können und können. Ist das zu glauben? Sie war bestimmt schon dreißig. Ekelhaft.«
Sophie streckte ihre Zunge heraus und gab Würgelaute von sich.
Charlotte lächelte. »Ich glaube nicht, dass George in Gefahr ist. Er kriegt es ganz gut hin, sich distanziert zu geben und so zu tun, als stünde er über den Dingen. Außerdem würde die Herzogin jeden grillen, der ihn auch nur schief ansieht.«
Sophies dunkle Augen blickten plötzlich ernst. »Ist das denn richtig?«
»Was denn?«
»Dass alle so auf Sex versessen sind?«
Sie stellte die Frage leise, und Charlotte spürte, dass ihr die Antwort darauf wichtig war. »Das kommt drauf an. Nicht alle Frauen sind gleich gestrickt, manche werden schneller erwachsen, andere langsamer, manche suchen aktiv nach sexuellen Freuden, anderen bedeuten sie nicht so viel. Warum fragst du?«
»Weil ich es nicht tun will.«
Charlotte legte den Kopf schief, um Sophies Gesicht besser erkennen zu können. »Was genau?«
»Ich will überhaupt keinen Sex«, antwortete Sophie. »Vielleicht später. Aber jetzt noch nicht. Ich habe Freunde und Freundinnen. Sie küssen sich. Die Jungen sind … Sie wissen schon … sie wollen einen immer anfassen.«
»Mhm.« Charlotte nickte.
»Ich will aber nicht angefasst werden. Einer hat es bei mir versucht, und ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht mag. Da hat er so getan, als würde mit mir etwas nicht stimmen.«
Charlotte überlegte. Sie hätte Sophie liebend gerne so viel erklärt, aber das Band des gegenseitigen Vertrauens zwischen ihnen war noch sehr dünn. Sie musste erst mal die richtigen Worte finden.
»Mit dir ist alles in Ordnung. Dein Körper gehört dir allein. Ihn berühren zu dürfen ist ein Geschenk, es liegt an dir, zu entscheiden, wem du dieses Geschenk machst. Manche Jungs – und Männer – können mit Zurückweisungen nicht gut umgehen. Sie versuchen dann, einen zu blamieren, oder dich zu dem, was sie wollen, zu zwingen, weil sie meinen, sie hätten das Recht dazu. Aber sie sind deine Zeit nicht wert. Es ist auch nichts falsch daran, keine Lust auf sexuelle Berührungen oder Küsse zu haben. Manche Mädchen werden früher geschlechtsreif, andere später, ich war siebzehn, als mir das Begehren der Männer zu Bewusstsein kam, und das lag auch nur an einem ganz bestimmten Jungen, den ich lieber mochte als Männer im Allgemeinen.«
Sophie schaute aus dem Fenster.
Charlotte war sich nicht sicher, ob sie das Richtige oder das Falsche gesagt hatte. So mussten sich Eltern fühlen. Die Herzogin hatte recht. Niemals zu wissen, ob man etwas Gutes oder Schlechtes getan hatte, was furchtbar.
»Es tut mir leid«, sagte Sophie. »Es ist nur so, dass ich niemanden sonst habe, den ich fragen könnte. Meine Schwester ist viel mit William unterwegs. Meine Tanten wollen immer nur wissen, um wen es geht und wie er heißt. Und Richard kann ich ja schlecht fragen.«
»Oh, bei allen Göttern, frag bloß nicht Richard.«
»Er wäre entrüstet.« Sophie presste die Lippen aufeinander, als wollte sie etwas dahinter verschließen.
»Wenn er auf die Idee käme, dass dich irgendjemand gegen deinen Willen anzufassen versucht hat, würde er denjenigen garantiert umbringen.« Charlotte räusperte sich und versuchte sich an einer Imitation von Richards rauer Stimme: »Ich werde diesen Rohling enthaupten. Bitte kein Essen, es ist nicht nötig, sich wegen mir Umstände zu machen.«
Sophie presste ihre Lippen noch fester zusammen, brach aber im nächsten Moment trotzdem in lautes Gelächter aus. »Genau das würde er sagen! Und: Ich bringe dir seinen Kopf, dann kannst du seinen Schädel als Blumenvase verwenden. Bringt ja nichts, einen perfekten Schädel zu vergeuden.«
Charlotte kicherte. »Wir sind so was von morbide.«
Wieder kicherten sie. Sophie versuchte schnaubend, sich das Lachen zu verkneifen. »Oh nein, aus mir wird nie eine
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