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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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eingerieben, wie es früher meine Schwester Frieda machte, wenn sie — damals frisch verlobt — von ihrem Hermann zum Tanzen abgeholt wurde.
    »Du trinkst doch ein Schlückchen Malaga?« fragte Frau Spanner und holte aus dem Schrank eine Flasche und zwei Spitzgläser. Und während sie einschenkte, sagte sie, im dunklen Hausflur hätte sie gar nicht gesehen, daß ich ein solch großer und hübscher junger Mann sei, und die Mädchen würden sich nach mir gewiß schon umdrehen. Was sollte ich zu diesem Blödsinn sagen? Aber sie erwartete wohl auch gar keine Antwort, sondern wollte mir nur Honig ums Maul schmieren. Sie hielt sich auch nicht lange bei der Vorrede auf, sondern fragte mich nach meinem Namen. Und weil ich gerade das Glas Malaga in der Hand hielt, antwortete ich ihr wie aus der Pistole geschlossen: »Karl Glaser.«
    »So, so, Karl Glaser«, sagte sie, »und nun wohnt er also bei euch, der Ingenieur Rainer, und deine Mutter möchte wissen, was für eine Sorte von Mieter er war.« Sie verdrehte die Augen nach oben, faltete dabei die Hände und sagte mit einer Stimme, als ob sie gleich das Halleluja anstimmen wolle: »Sag ihr nur, der beste, den man sich wünschen kann. Sauber, anspruchslos und mit der Miete pünktlich wie die Uhr auf der Jakobikirche.«
    »Aber ein bißchen komisch ist er doch, nicht wahr? Ich meine, mit Reinemachen und so...«
    »Ja, damit durfte man ihm nicht kommen«, sagte sie. »Aber wenn du vielleicht denkst, daß auch nur ein Stäubchen in seinem Zimmer war, als er auszog — nein, nichts davon! Dabei habe ich es ein volles halbes Jahr nicht zu sehen bekommen, aber es war wie geleckt, als er auszog!« Und als sie das sagte, verdrehte sie wieder die Augen. »So ein guter Mieter! So einen findet man nicht alle Tage! Davon weiß ich ein Lied zu singen. Ich muß ihn direkt einmal besuchen aus alter Anhänglichkeit. Ja, aber wo wohnt ihr denn überhaupt?«
    Das war die Frage, auf die ich die ganze Zeit über gewartet hatte, und so antwortete ich, ohne mit der Wimper zu zucken: »Mühlgraben Nummer sieben.«
    »Du bist wirklich ein netter Junge«, heuchelte sie, und die Falschheit glitzerte richtig aus ihren Augen. »Es ist goldrichtig, daß ihr euch erkundigt, denn die Zeiten sind schlecht und die Leute so gemein, daß man schon auf passen muß wie ein Schießhund, wen man sich ins Haus nimmt.« Dabei zog sie ein kleines schwarzes Portemonnaie aus der Schürzentasche und kramte darin herum.
    »Hier«, sagte sie und drückte mir ein Fünfzigpfennigstück in die Hand, »da hast du was für unterwegs und weil du mir gefällst.«
    Ich dachte mir, Geld stinkt nicht, und wer weiß schon, ob ich wegen unseres C. B. nicht noch Auslagen haben würde, und so nahm ich es doch. Als ich auf den Flur trat, sagte ich noch: »Merken Sie sich die Adresse, Frau Spanner: Mühlgraben sieben. Meine Mutter wird sich sehr freuen, wenn Sie mal auf Besuch kommen.« Und damit rannte ich die Treppen hinunter.

5

    Als ich nach Hause ging, war ich so in Gedanken, daß mich beinahe ein Auto überfahren hätte. Es war ein Taxi, und der Chauffeur beschimpfte mich unflätig und hätte mir wohl ein paar hinter die Löffel gehauen, wenn ich mich nicht schleunigst verzogen hätte. Aber einiges hatte ich nun doch herausbekommen. Erstens, daß der C. B. bei uns unter falscher Flagge aufgekreuzt war und daß es auch sehr zu bezweifeln stand, ob F. G. Rainer sein richtiger Name war, den mir die Witwe Spanner genannt hatte. Zweitens stand fest, daß der C. B. verfolgt wurde. Nur von wem? Und weshalb?
    Eine Dame hatte nach ihm gefragt. Eine Dame! Nun ja, man hörte ja mehr als einmal davon, daß Männer unschuldige Mädchen ins Unglück stürzen und dann, wenn es soweit war, schnell das Weite suchten. Das konnte sein, aber nach so einem sah mir unser C. B. eigentlich nicht aus, und nach einem, der seiner Frau ausgerückt war, überhaupt nicht. Es war sehr schlimm, daß ich keinen Menschen hatte, mit dem ich diese Geschichte durchsprechen konnte.
    Einmal dachte ich schon daran, alles meinem Freund Fredi Differt zu erzählen, aber mit dem war ich in letzter Zeit auseinandergekommen, weil er bei Bittrich & Söhne das Heringsimportgeschäft lernte und schon ganz wie ein junger Mann tat. Jedesmal, wenn wir uns trafen, fragte er immer ganz großspurig, ob wir nicht einen verlöten gehen sollten. Wenn man selber aber keinen Pfennig verdient und sich andauernd freihalten lassen muß, dann kommt man sich mit der Zeit ganz schoflig vor.

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