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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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müsse er sie sich an diesem schönen Septembertag wärmen. »Das Unangenehme bei der Geschichte ist nur, daß diese erfolglose Reise meine letzten Geldreserven verschlungen hat.«
    »Ach du lieber Gott«, brachte ich ganz betäubt heraus.
    »Bei einiger Überlegung hätte ich meinen Mißerfolg vorausahnen müssen«, sagte Hogendahl mit einer Stimme, die stumpf geworden war wie eine rostige Klinge. »Ich konnte mein Projekt vor den Leuten doch nicht bis ins letzte Detail ausbreiten! Damit hätte ich jahrelange Mühen preisgegeben. Wer garantierte mir denn, daß es unter den vielen Ingenieuren, die prüfen, nicht irgendeinen Kerl gab, der bereits mit Don Saraiva in Verbindung stand und meine Idee klauen wollte? Aber auch dort, wo diese Gefahr nicht bestand, konnte ich meine Karten nicht offen auf den Tisch legen.«
    Hogendahl setzte die halbleere Kaffeetasse ab. »Was habe ich schon verlangt?« sagte er müde. »Nichts als ein wenig Vertrauen zu mir. Nur einen Arbeitsraum und die Mittel, um meine Pläne zu verwirklichen. Nicht einmal allzu viel im Verhältnis zu dem, was die großen Unternehmen alljährlich für Versuchszwecke bereitstellen, die niemals ein Resultat bringen. Aber weiß der Teufel: Wer Geld besitzt, hat keinen Mut, und wer den Mut aufbrächte, dem fehlen die verdammten Kröten.«
    Da war sein ehemaliger Chef in Kiel. Ein vernünftiger und ehrenwerter alter Herr, der einzige, zu dem Hogendahl genug Vertrauen hatte, um ihm seine Zeichnungen und Zahlen vorzulegen. Mit dem Erfolg, daß der alte Herr ihm zwar nicht jenes Mißtrauen entgegenbrachte, mit dem man sich gegen einen Betrüger schützt, wohl aber ein Mitleid, das man für Leute empfindet, die man für nicht ganz richtig im Kopf hält.
    Und so war es eben für Hogendahl doch nur ein recht schwacher Trost, als ich ihm verständlich zu machen versuchte, er sei schließlich nicht der erste Erfinder, mit dem das Schicksal so niederträchtig umspringe.

12

    Als ich ziemlich spät schlafen ging, war ich so traurig und niedergeschlagen, als wäre Hogendahls Fehlschlag mein eigener gewesen. Und zugleich zitterte ich vor Wut über die Dummheit, Gleichgültigkeit und über das Mißtrauen jener Menschen, die Hogendahl wie einen Scharlatan und Betrüger behandelt hatten. Drüben in seinem Zimmer, das Mutter so gründlich gesäubert hatte, als hätte darin einer mit Gelbfieber oder Pocken gelegen, ging er wie eine verlorene Seele rastlos auf und ab, quer durch den Raum von einer Ecke zur anderen, aber ohne die Flüche, mit denen er sich früher gescholten oder angefeuert hatte. In diesem ruhelosen Hin und Her steckte auch nicht mehr ein Funken von Mut und Selbstvertrauen. Hogendahl hatte die weiße Fahne aufgezogen und endgültig kapituliert.
    Trotz meiner Müdigkeit hielt es mich nicht länger im Bett. Ich zog nur die Hose übers Nachthemd, schlich über den Flur zu seinem Zimmer, klopfte leise an und fragte, ob ich noch für einen Augenblick zu ihm hineinkommen dürfe. Er öffnete mir sofort und schob mir, ohne mich nach dem Grund für meinen späten Besuch zu fragen, einen Stuhl hin. Es war gerade so, als ob er mich erwartet hätte, aber er sagte nichts, sondern nahm seinen Käfiglauf erneut auf. Manchmal blieb er vor mir stehen, sah mich aus leeren Augen an, nickte mir zu und marschierte wieder davon, die Hände auf dem Rücken verschränkt und den Kopf tief gesenkt. Wie ein gefangenes Tier kam er mir vor.
    »Ach, Pitt«, murmelte er schließlich, als er wieder einmal vor mir haltmachte, »da steh ich nun in meiner ganzen Größe da wie bestellt und nicht abgeholt. Das ist schon ein beschissenes Gefühl.«
    »Wie wäre es denn einmal mit einer Zeitungsannonce, Herr Hogendahl?« fragte ich und blies mir die Hände, weil es in seinem Zimmer, das auf den Hof hinausging, ungemütlich kalt war.
    »Ach du lieber Gott«, antwortete er mit schmalen Lippen, »du hast wohl mal in den kleinen Anzeigen gelesen, daß da Leute Geld für wenig Zinsen anbieten, wie? Nein, Jungchen, das sind lauter Pfennigkapitalisten, die für zehntausend Mark Sicherheiten haben wollen, ehe sie dir hundert pumpen. Außerdem habe ich leider keine Sicherheiten von der Art, wie diese Leute sie fordern. Vergiß nicht, ich brauche keine Kleckersümmchen, sondern einen dicken Batzen Geld.« Und dabei fuhr er mir mit der Hand durch meine verwuschelten Haare, als ob er mich trösten wollte, und schickte mich ins Bett zurück.
    Ich hörte ihn noch lange herumwandern und glaube, daß er in dieser

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