SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Hemden einfach in den Seesack. Zum Zusammenlegen hatte er nun wirklich keine Zeit.
»In drei, vier Stunden sind wir da. Beruhige dich etwas. Wir sind keine Hilfe, wenn wir wie ein Hühnerhaufen herumrennen und mit den Armen rudern. Nilah braucht jetzt Halt.« Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und Daan legte seine darauf.
»Du hast recht«, erwiderte er und schnaufte ein paar Mal tief durch, als würde er gleich in einen See tauchen.
Es war gut, dass Morrin bei ihm war. Bei ihr fühlte sich alles so gut, so richtig an.
Als Ian O´Riorden zu dem Bauernhaus gekommen war, ohne Nilah und ohne Liran, war er fast wahnsinnig vor Sorge gewesen. Und als Ian erzählt hatte, was auf der Landstraße passiert war, war er regelrecht ausgeflippt. Nicht nur, dass sie gegen unheimliche Wesen gekämpft hatten, nein, nun waren auch noch Menschen hinter seiner Tochter her, die eindeutig aus dieser Welt waren. Nur ihre Absichten waren wohl die gleichen.
Ian hatte versucht ihn zu beruhigen. »Wenn sie jemand beschützen kann, dann dieser Liran. Er ist mir zwar unheimlich, aber ich habe das Gefühl, mit dem können Sie durch die Hölle marschieren und auch wieder herauskommen, glauben Sie mir. Ich denke, er hat seinen Plan, anderen zu vertrauen, geändert und ist auf eigene Faust los.« Daan hatte versucht dieser Logik zu folgen, aber die Hilflosigkeit drückte ihn bis auf den Boden. In seiner Verzweiflung hatte er Morrin angerufen. Sie hatte nur gesagt, er solle nach Irland kommen. Nilah würde das auch tun, da sei sie sich sicher. Daan hatte nicht weiter nachgefragt, was diese kryptische Andeutung bedeuten sollte, er war einfach nur froh gewesen etwas unternehmen zu können.
Sie hatten den völlig verstörten Mohamed zu Hause abgesetzt, ein paar Sachen gepackt und dann hatte sich Ian nicht abwimmeln lassen und war mit geflogen. Daan war froh gewesen jemanden zum Reden zu haben und außerdem teilten die beiden eine gemeinsame Leidenschaft – das Tauchen. In Shannon hatte Morrin sie abgeholt. Doch Ian nahm sich einen Leihwagen. Er wollte unbedingt in Belfast etwas erledigen und hatte sich mit einem sehr ernsten Gesicht verabschiedet.
Die Tage, die er dann bei Morrin verbracht hatte, waren die seltsamsten seines Lebens gewesen. Ihr Cottage, das umrahmt von Bäumen und Büschen gleich neben einem kleinen Teich lag, hatte etwas Verwunschenes an sich. Als wäre es aus einer anderen Zeit oder Geschichte hierher transportiert worden. Wieder einmal hatte Daan festgestellt, welch verwirrende Atmosphäre in diesem Land herrschen konnte. Sie waren viel spazieren gegangen und Daan hatte festgestellt, wie schön es war, miteinander schweigen zu können. Als er sie nach ihrer Familie fragte, hatte Morrin energisch mit Ablehnung reagiert. Sie plauderte stattdessen von Wassergeistern und Feen, Trollen und natürlich Elfen. Sie sagte, dass Irland vielleicht als eines der katholischsten Länder überhaupt galt, aber dass in den Herzen der Menschen, gerade derer, die nicht in den großen Städten wohnten, noch ein anderes Herz schlug. Eines, das sehr viel älter als die Geschichten um den einen Gott und seinen Sohn sei, und dass sie hoffte, dass dieses niemals aufhören möge zu schlagen. Denn es sei das Herz dieser Insel und sollte es eines Tages verstummen, würde die Welt darüber es ebenfalls tun. Daan erkannte, wie tief Morrin in ihrer Heimat verwurzelt war und fühlte einen nie gekannten Neid.
Die Nächte hatten sie vor dem Torffeuer verbracht und Daan hatte von seinen vielen Reisen erzählt, von denen er jetzt glaubte, dass er sie gemacht hatte, weil sein Inneres nach einem Sinn gesucht habe. Morrin glaubte, dass er auf seinen Reisen nur einen Ort gesucht habe, der mit seiner Seele im Gleichklang schlagen konnte. Alle, die über die neunte Welle gegangen seien, würden davon berichten können. Daan hatte gefragt, was die neunte Welle sei. Sie hatte nur stumm in ihr Weingals geblickt und geflüstert, dass dies jene Welle sei, mit der man Irland verließ, für immer. Früher seien Verräter und Verbrecher hinter die neunte Welle in ein Boot gesetzt worden und von der Strömung aufs Meer gezogen worden. Sie durften ihre Heimat nie wieder betreten, eine Strafe, die schlimmer als der Tod gewesen sei.
Daan hatte sich gefragt, ob seine Seele auch einmal über eine neunte Welle gegangen war und er es nur vergessen hatte.
Die Nächte waren voller Zärtlichkeit und Geborgenheit, doch sie schliefen nicht miteinander. Das war nicht nötig.
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