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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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ihr von Bord. Sie wankte leicht, wie es alle taten, die von einem Segelschiff stiegen. Man musste sich erst wieder an festen Boden gewöhnen, wenn man eine Zeit lang auf den wogenden Armen des Meeres gewesen war.
    Der Mann war jetzt am Fuß der Treppe angelangt und kam schnaufend auf sie zu, wobei Jean Luc schon den Schock in dessen Augen sah. Er setzte eine unverbindliche Miene auf und kratze sich am Bart und an der Augenbraue. Der Steg erzitterte unter den stampfenden Schritten, dann blieb der Mann unvermittelt stehen und starrte das Segelboot an. Jean Luc wappnete sich gegen eine wüste Schimpftirade.
    Doch es kam nichts.
    »Seniór De La Rosa«, sagte er deshalb knapp aber würdevoll und in seinem besten Spanisch, um dann ins Englische zu wechseln.»Es tut mir sehr leid, das mit ...« Und da waren seine Sprachkenntnisse auch schon aufgebraucht.
    Der Spanier hob die Hand und ließ ihn innehalten. Jean Luc spitzte die Lippen. Manchmal war es besser die Klappe zu halten.
    Ein Schwall wütender, entsetzter Worte brach aus dem Spanier heraus. Man konnte die pure Fassungslosigkeit förmlich mit den Händen greifen. Der Mann war groß, schlank und hatte ein braun gebranntes breites Gesicht, das er immer wieder zwischen dem Schiff und Jean Luc hin und her wandern ließ. Offenbar fragte er gerade die heilige Jungfrau Maria, warum sie ihm das antat. Ein wie mit dem Lineal gezogener Seitenscheitel thronte über zwei buschigen Brauen, die sich wütend in der Mitte trafen. Die braunen dunklen Augen huschten nach Contenance suchend umher, schafften es aber nicht. Der Spanier steckte in abgewetzten Gummistiefeln und blauen Gartenhandschuhen, die an der Innenfläche weißliche Noppen hatten. Eine Rosenschere hing wie vergessen in seiner Linken. Man sah den verschmutzten Scherenblättern an, dass sie erst kürzlich benutzt worden waren. Vermutlich hatte der gute Mann eben noch an einer Rosenhecke hantiert, sich des Lebens und den Hintern abgefreut, dass sein geliebtes Segelschiff endlich da war und nun das. In gewisser Weise konnte Jean Luc den Mann gut verstehen. So was konnte einem gründlich den Tag versauen.
    »Was, bei der heiligen Maria, ist denn nur geschehen?« De La Rosas Stimme betete beinahe.
    »Piraten!«
    »Piraten?"
    »Si, Señor!«
     
    Nilah erkannte den Spanier sofort. Er hatte zusammen mit seiner Frau in der kleinen Maschine gesessen, die sie und ihren Vater nach Shannon gebracht hatte. Es war fast schon lachhaft, wie sehr die Räder des Schicksals ihre Wege ineinandergreifen ließen. Als müsse eben alles dort ankommen, wo es ankommen sollte. Egal wie oft man von diesem Weg gestoßen wurde.
    Sie musterte den Mann, der jetzt, da er zu begreifen schien, dass alles Zetern nicht mehr weiterhalf, plötzlich sehr zerbrechlich wirkte. Wie gelähmt trat er näher an das Segelboot und ließ den Blick darüber schweifen, als betrachtete er ein geliebtes und schwer verwundetes Tier. Er seufzte tief und zittrig. Der schicke Morgenmantel, den er trug, wirkte plötzlich viel zu groß für ihn. Nilah glaubte schon, er würde gleich weinen.
    Der Spanier drehte sich zu ihnen um und schien zum ersten Mal nun auch sie zu registrieren. Seine Stirn legte sich in Falten.
    »Señor Dardon, haben sie etwa eine ihrer Töchter auf diese un-
glückselige Reise mitgenommen?« Ein starker Akzent färbte seine Worte, die erstaunlich tief klangen für so einen schmächtigen Brust-
korb.
    Jean Luc räusperte sich verlegen und kratze sich am Bart. Auch unter der Mütze schien es zu jucken.
    »Das ist eine lange und ziemlich komplizierte Geschichte, Señor De La Rosa. Ich würde sie Ihnen gern erzählen bei einem guten kräftigen Schluck Weinbrand, den ich jetzt gut vertragen könnte. Sie werden alles erfahren und Sie werden staunen.« Und als hätte Jean Luc erst jetzt die eigentliche Frage in sich aufgenommen, deutete er auf Nilah.»Ähm, nein, Señor, das ist nicht eine meiner Töchter. Aber diese junge Dame hier hat viel durchgemacht und ich glaube, sie würde gerne zu Hause anrufen, um ihre Eltern zu benachrichtigen, wo sie ist und dass es ihr gut geht.«
    Der Mann glotzte Nilah an, als wäre sie ein ausgesetztes Kätzchen, das er flugs in eine dicke Decke wickeln wollte, und sie wusste, dass er kein Vater war, aber gern einer gewesen wäre. Sie kannte diesen sehnsüchtigen und unerfüllten Blick, wenn sich Erwachsene aufrichtig wünschten, helfen zu können. Mohamed sah sie auch oft so an, wenn er Kekse seiner Frau rüberbrachte oder

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