SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
wieder dorthin zurück und ich war so klug sie nicht zu fragen, warum. Damals war ich ein Vagabund. Frisch von der Filmhochschule und voller Tatendrang, die Welt mit meinen zukünftigen Bildern in den Bann zu ziehen. Ich wollte damals schon Dokumentationen machen. Am Film als solchem hatte ich nicht das geringste Interesse. Wir zogen umher, wohnten in den billigsten Absteigen, tranken viel und freuten uns des Lebens. Ich glaube meine Ziellosigkeit war es, die sie fasziniert hat. Fast drei Jahre ging das gut. Wir lebten mal hier, mal dort, wenn das Geld zu knapp wurde, gingen wir nach Hamburg und fanden bei Peter Unterschlupf. Aber wirklich lang waren wir nie an einem Ort.« Er schwieg und Morrin konnte wohl schon an seinen Zügen sehen, dass dunkle Wolken in seinen Gedanken aufzogen.»Und dann wurde sie schwanger. Nach dem Tag, als Peter uns es bestätigte, war sie nicht mehr dieselbe. Ich dachte, es läge an den Hormonen, aber später sagte sie mir, es hätte sie angekotzt, dass es für eine Abtreibung bereits zu spät gewesen sei. Ich hätte zu diesem Zeitpunkt schon merken müssen, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Aber ich habe mich blind und taub gestellt. Ich gründete meine eigene kleine Produktionsfirma. Wir mieteten eine kleine Wohnung, ich erhielt Jobs fürs Werbefernsehen und erste kleine Dokus. Alles war für mich in bester Butter.« Sein Gesicht hellte sich wieder etwas auf.
»Wir waren gerade in Barcelona, als ich überraschend zu einem Meeting nach Paris eingeladen wurde. Es ging um die Erforschung von Höhlen. Ich war ausgebildeter Taucher und mit Unterwasseraufnahmen bestens vertraut. Es lockte eine Menge Geld und so flog ich hin, in dem Wissen, dass es für unsere Familie ein guter Start sein würde. Mitten am Abend bekam ich einen Anruf, die Wehen hätten plötzlich eingesetzt. Viel zu früh, aber noch in dem Bereich, der kaum Komplikationen machen würde. Meine Auftraggeber fuhren mich persönlich zum Flughafen, aber als ich in Barcelona ankam, war meine Tochter schon auf die Welt gekommen.« Daan bemerkte, dass er meine Tochter gesagt hatte.
»Die Hebamme war ein Wonneproppen und bat mich einen Namen auszuwählen, da meine Frau nicht ansprechbar sei. Ich nahm den Namen, den ich schon die ganze Zeit über hatte nehmen wollen, obwohl ich nicht wusste, dass es ein Mädchen werden würde. Nilah.« Der Stolz, der in seiner Stimme wummerte, war unverkennbar.
»Ein Name aus den alten Schriften Indiens. Er bedeutet zwei Dinge: Mond und die Farbe Blau .« Er schluckte. »Danach wurde alles immer schlimmer. Peter sagte, sie habe postnatale Depressionen und ich nahm das hin. Sie wollte Nilah nicht stillen, sie wollte sie nicht einmal sehen. Ich suchte eine Hebamme, die mich unterstützte, denn ich musste nebenbei auch noch arbeiten. Als Nili drei Jahre alt war, nahm ich sie überall mit hin, egal wo und welchen Auftrag ich bekam. Die Crew war ihre Familie und Nili schien sich pudelwohl dabei zu fühlen. Jedenfalls glaubte ich das. Ihre Mutter und ich blieben zusammen, trotz allem. Mal ging es bergauf, dann wieder nicht. Irgendwann musste Peter mich dazu zwingen mir einzugestehen, dass sie unter manischen Depressionen leide und dass ich dies nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Ich entschied mich dafür vorerst nur in Deutschland zu arbeiten. Meine Firma hatte mittlerweile drei feste Mitarbeiter und wenn ich nicht zu Hause war, kümmerte sich immer jemand um Nili und passte auf. Nili liebte Geschichten und jeden Abend, wenn es ging, las ich ihr vor. Sie war eine unerschrockene kleine Kämpferin, das hatte schon ihre Geburt bewiesen. Die Nabelschnur hatte sich um ihren Hals gewickelt. Ich merkte schnell, dass sie die einschlägigen Kinderbücher zum Gähnen langweilig fand und begann mit ersten Klassikern: Sinuhe, der Ägypter, Moby Dick, alles von Jules Verne.« Daan lächelte versonnen.»Sie konnte eher schwimmen, als alle Kinder, die ich kenne und sie nimmt es mir noch heute übel, dass ich sie beim Absolvieren des Freischwimmerabzeichens angeschwindelt habe. Ich habe sie so lange schwimmen lassen, bis sie auch gleich das nächste Abzeichen auf der Badehose hatte.« Er kicherte, als wäre das für ihn noch heute ein kompliziert durchdachter Coup.
»All die Jahre hindurch war ihre Mutter immer wieder in Kliniken. Sie ging sogar einmal für ein halbes Jahr in ein Kloster, nur um dort den ganzen Tag zu schweigen und zu beten. Diese Zeiten waren für mich und Nili die schönsten, jedenfalls
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