SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Taten der Ahnen
Nilah fühlte, wie sich der Kreis mehr und mehr schloss. Sie war in etwas geraten, das seinen Anfang weit vor Lirans Zeit genommen hatte, und je mehr sie hörte, je mehr Atticus ausführte, wie magisch dieses Land war, desto mehr Angst bekam sie. Wie sollte ein siebzehnjähriges Mädchen aus Hamburg in dieses Puzzle passen?
Wem werde ich gegenübertreten?
Dem Anfang des Lebens selbst!
Nilahs Gedanken zischten wie Feuerwerksraketen umher. Die Kelten hielten das Wasser für einen Lebensträger. Viele Wissenschaftler gingen davon aus, dass alles Leben auf dem Planeten Erde seinen Ursprung im Wasser genommen hatte. Wem also würde sie begegnen? Einem Wassergott? Poseidon?
Ein Heiligtum unter der Erde. Eine Quelle. Was hatte Edda damit nun wirklich zu tun?
»Was hatte Edda mit all dem zu tun, Atticus?«, fragte sie in die seit Augenblicken herrschende Stille. Alle hingen ihren eigenen Gedanken nach und sahen nun wie aus dem Schlaf geschreckt zu ihr.
»Wie ich schon anführte, glaube ich, dass es einst einen Stab gab, der einen Ort anzeigte, den man um jeden Preis schützen wollte, der Bestand haben sollte, selbst wenn die Zeiten unruhig waren, und davon gab es in Irland mehr als genug.« Nilah spürte wie Liran hinter ihr näher trat. Er würde jetzt etwas über die Zeit nach ihm erfahren und sie konnte ihm die Neugier nicht verübeln. Sie blickte über die Schulter und fühlte, dass er bereit war, die Geschichte seiner Insel in sich aufzunehmen. Doch Nilah hatte auch Angst, dass er es nicht verstehen würde. Er war viel zu sehr mit dieser Insel verwurzelt, für ihn war die über zweitausend Jahre währende Vergangenheit erst Tage her und er würde nichts Gutes hören.
Liran spürte, wie der Gelehrte ihn ansah. Es sollte ein Geschenk sein, das wusste er. Atticus wollte ihm den Weg seines Landes erzä-
hlen, damit er verstand, warum das Heute so war, wie es war.
Er war sich nicht sicher, ob er sich das antun wollte. Wie tausende Jahre Geschichte über ihn geworfen wurden, die für ihn nie existiert hatten. Weder in Liedern, noch Legenden oder Mythen. Atticus ließ ihn damit einen Spagat über die Zeit machen, einen Spagat zwischen den Welten. Liran ahnte, dass dies sehr schmerzvoll sein konnte.
Der Gelehrte blickte ihn fragend aus den Augenwinkeln an. Er wartete nur darauf, dass Liran seine Zustimmung gab. Er war zumindest dankbar für die Wahl. Er nickte Atticus kaum wahrnehmbar zu und der nickte ernst zurück.
Liran holte tief Luft.
»Wir wissen wie gesagt wenig über die Dinge, die hier auf dieser Insel geschehen sind, denn sie wurden nie schriftlich festgehalten. Das geschah erst viele Jahrhunderte später. Alles was blieb, sind Geschichten. Aber ich nehme an, dass dieser Stab eine Art Staffelstab war. Von Generation zu Generation weitergegeben von einem Auserwählten zum nächsten.«
Liran erinnerte sich an den Stab mehr als deutlich. Enya hatte ihn gehabt. Er erinnerte sich auch, wie er sich eines Tages nicht mehr hatte beherrschen können. Die eingeritzten Zeichen hatten ihn angezogen wie eine Blüte, die aus einem einsamen Felsen wuchs. Doch je näher er dem Stab gekommen war, desto mehr verschwammen die Zeichen darauf. Als verschiebe sich die Sehschärfe seiner Augen auf unnatürliche Weise. Von weiter weg konnte man die Kerben sehen, aber nicht deutlich genug unterscheiden. Ging man näher heran, wurden sie zwar größer, verschwammen aber so sehr, dass man sie ebenfalls nicht mehr richtig auseinanderhalten konnte. Magie, die hatte er damals schon gefürchtet.
»Ich denke, zuerst hatte man Angst, dass, nachdem Cäsar die Gallier besiegt hatte, nun Irland an der Reihe sei. Aber die Römer hatten ihren Blick längst auf Britannien gerichtet und dort marschierten sie auch ein. Irland blieb unbehelligt. Ganz Europa war ständig enormen Umwälzungen ausgesetzt und ich denke, eine lange Zeit war jeder froh, hier am Rand einfach übersehen worden zu sein. Irland war eine der letzten keltischen Bastionen, als das Festland längst in dem Strudel der neuen Zeit untergegangen war. Aber dann kamen die Christen und mit ihnen nicht Verständnis, Aufgeschlossenheit und Respekt, sondern Angst und Intoleranz gegenüber dem hier herrschenden Glauben.«
»Sie wollen doch wohl nicht den heiligen Patrick als einen ängstlichen Hasenfuß und intoleranten Tyrannen bezeichnen? Das ist Blasphemie!«, schrie der Mann in Schwarz hinter dem Gelehrten auf.
»Auf oder neben wievielen alten
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