Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
sondern eher drohend. Tok drehte den schmerzenden Kopf herum, als eines dieser vielen Lichter, die die Kammer durchstachen, sein Auge traf und er geblendet wieder auf den Boden blicken musste. Dann sah er den Brunnen und bekam ein ganz und gar ungutes Gefühl. Ein ziemlich beschissenes Gefühl, korrigierte er sich.
    Der Blutbaum ließ ihn fallen und die Rippe bohrte sich noch tiefer in seine Lunge. Er bekam kaum noch Luft. ›Jetzt hab ich aber langsam die Faxen dicke‹, schimpfte er stumm.
    »Du, kleiner Rätselfinder, wirst mein Kelch sein und das dunkle Blut der Menschen der giftige Wein.«
    Auweia. Nicht die Stimme ängstigte Tok, sondern die Worte, die Sunabru direkt an ihn richtete … und weil dieser dabei seine ekelhafte Fratze so genüsslich verzog, aus der nur noch der tödliche, pure Wahnsinn hervorquoll.
    So sollte ein ruhmreicher Rätselfinder aber nicht abtreten, fand er. Ausgerechnet er, der die Welt hatte retten wollen, würde ihr jetzt den Dolch ins Herz rammen. ›Na, das nenne ich mal eine überraschende und reichlich blöde Wendung.‹
    Etwas brach in Tok und es brach zum letzten Mal.
     
    Eine Gestalt trat aus dem Schatten oder war es ein Schatten, der aus dem Berg trat? Nilah machte wie selbstverständlich einen Schritt zurück, als würde das, was auf sie zukam, mehr Raum brauchen.
     Groß war sie, größer noch als Liran, die Augen geschlossen, als benötige sie weder Helligkeit, noch Weg. Die Anziehungskraft, die von ihr ausging, war wie ein Sog. Jedes lebendige Wesen, so glaubte Nilah, würde sich von dieser Frau angezogen fühlen. Es lag an der Erscheinung selbst. Kein Da Vinci, kein Michelangelo, kein Dali hätte jemals solche Ebenmäßigkeit auf eine Leinwand oder in eine Statue bannen können. Es lag an der universellen Vollkommenheit, einer allumfassenden Symmetrie. Diese Frau war ihre eigene Schöpfung.
    Die Gestalt trug ein atemberaubendes Gewand, ein dunkler Fluss, der lebendig schien. Ein sehr breiter Gürtel hielt den fließenden Stoff zusammen, der vom Kinn bis zu den Füßen geschlitzt war. Er bestand aus den gleichen gewellten Platten, über die Nilah hierher gewandert war. Wo begann der Stoff, wo die Haut? Nilah konnte es nicht sagen. Die Schenkel schoben das Kleid bei jeder Bewegung wie einen Vorhang beiseite und doch verhüllte er alles. Wolkengleich. Dahin gehauchte Anmut war alles, was Nilah dazu einfiel und sie fühlte sich plötzlich dermaßen unbedeutend, dass sie einfach niederkniete, ohne jeden Gedanken dabei. Das lange schwarze Haar schien aus tausenden von Muscheln zu bestehen, die sich ständig über- und untereinander schoben. Wie eine Meeresdünung.
    Dann blieb die Gestalt vor ihr stehen. Nilah senkte den Blick, sie konnte nicht anders.
    »Bist du ... Gott?« Hunderte Herzschläge glaubte sie eine unglaub-
liche Stille wahrzunehmen.
    »Was ist ... Gott?« Die Stimme war – leise.
    Nilah blickte auf. Die Augen der Frau waren noch immer geschlossen, als würde die Gestalt nach etwas suchen, das in ihr selbst verborgen war.
    »Man sagt, er habe die Welt in sechs Tagen erschaffen. Er hat die Menschheit mit Adam und Eva begonnen und die Erde ihnen Untertan gemacht.« Nilah schluckte. Sie war sich nicht sicher, ob sie eine Antwort darauf hören wollte. Sie war sich über überhaupt nichts mehr sicher.
    »Dann bin ich kein Gott!« Nilah atmete aus.
    Schweigen.
    »Was bist du dann?«
    »Ich bin der Anfang und in ihm verborgen ist bereits das Ende. Ich bin eine Schöpferdrachin.«
    Nilah fühlte sich wie gelähmt. Kein einziger Gedanke passte mehr in ihren Schädel, zu gewaltig waren sie, zu verdreht, alles wirbelte umher. Schöpferdrachin. Die Kelten. Steinzeitmenschen. Heiliges Wasser. Ein Lebenswurm. Atticus´ Worte spukten in ihrem Kopf herum. Das Primum Movens . Er hatte es ihr bei ihrer ersten Begegnung versucht zu erklären.
    »Was ist dann der Anfang? Wo kommst du her? Und was mache ich eigentlich hier?« Nilah war erstaunt über ihre eigene Barschheit. Aber es musste heraus.
    Die Lider der wunderschönen Frau hoben sich. Als wären sie ein Lieblingsversteck gewesen. Ein Ort, an dem man sich verbarg, bis sie jenen Augen gegenüberstanden, die bereit waren, diese auch zu verstehen. Sie pulsierten. Etwas darin drehte sich ganz langsam um sich selbst. Eine Spirale, eine hell glühende Spirale aus Sternen.
    »Dieses Mal, Nilah, bist du in meiner Seele.« Die Frau ließ ihren Blick schweifen, als betrachtete sie ein unvollendetes Werk. Nilah erhob sich. Sie wollte

Weitere Kostenlose Bücher