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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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der schlafende Leib eines monumentalen Drachens aussah. Nilah wollte zurückblicken, sie wollte hier bleiben. Angst überschwemmte sie. Sie trat in die Höhle und sah, dass diese das auf dem Kopf stehende Ebenbild des Crannógs war. Sie drehte sich um, aber die schöne Frau war verschwunden und ihre Welt, ihre Seele verging in abertausenden von Fäden aus schimmerndem Schwarz.
    Auf dem Boden lag ein zusammengekrümmter Körper. Grausam anzusehen war der hutzelige, süße Rätselfinder, der noch vor Tagen auf einem Sessel in Hamburg genüsslich in eine Banane gebissen hatte. Jetzt flossen die schwarzen Fäden aus ihm heraus, drangen in die Schöpferdrachin. Vorsichtig drehte Nilah ihn um. Er war entstellt, seine Lippen verbrannt, der Fuß zerschmettert, eine Rippe war durch seinen schmalen Brustkorb gedrungen und ragte wie ein stumpfer, blutiger Zahn hervor.
    "Oh, armer, kleiner Tok", flüsterte sie. Ein Auge des Rätselfinders flatterte, dann hob sich das Lid einen Spalt.
    "Denff … an … ffeine Fforte", gurgelte er mit einem letzten verschlagenen Grinsen. "Unff nun ffeh …", mehr brachte er nicht mehr heraus. Ein letztes Zittern huschte durch seinen Körper, dann starrte das eine Auge in die Leere. Nilah senkte das Lid stumm und versprach ihn nicht zu vergessen. Sie durfte nicht hier bleiben.
    Sie blickte nach oben an die Decke. Dort war der Brunnenschacht, in der Mitte der Spirale. Das Wasser warf Lichtwellen auf ihr Gesicht und glitzerte in ihren Tränen. Als hebe sie plötzlich jemand hoch, stieg ihr Körper empor, verharrte kurz, damit sie Luft holen konnte, doch es war mehr ein Schluchzen. Dann verschwand ihr Kopf im Wasser.
    Als sie zu steigen begann, musste Nilah das krampfartige Zucken unterdrücken. Sie schaute nach oben, während sie durch den Tunnelschacht schwebte, zur Oberfläche stieg. Die Öffnung, erst nur münzgroß, wurde immer weiter, heller. Sie legte die Arme an den Körper und paddelte mit den Füßen, so schnell sie konnte. Ein menschlicher Torpedo.
    Nur noch ein paar Meter. Sie sah bereits die Lichtspeere über sich tanzen. Langsam ließ sie die verbliebene Luft aus den Lungen, die an ihr vorbeiblubberte, streckte die Arme nach vorn, um den Rand zu ergreifen, als sich ein dunkler Fleck davor schob. Sie erblickte einen Kranz aus blutroten Haaren und in seiner Mitte die Fratze des Magiers. Panik überkam sie. Sie stemmte die Hände gegen den Schacht. Doch ihr ganzes Sein schrie längst nach Sauerstoff. Ein Fingernagel brach ab, das Blut zog einen Schleier hinter sich her. Dann durchstieß sie die Oberfläche und hatte nicht einmal mehr Zeit Luft zu holen. Eine riesige, vielgliedrige Hand packte ihr ganzes Gesicht und riss Nilah aus dem Brunnen.
    Dann kam die Dunkelheit.
     

 
    Das Ende aller Wege
     
    Dieses Schwarz war bodenlos. Wie ein Loch im Universum. Als würde man in einem stockfinsteren Raum auch noch die Augen zukneifen. Die Zeit schien geflohen zu sein. Und noch etwas war da. Enge. Nilah konnte sie nicht nur fühlen, sie konnte sie auch schmecken. Es waren die einzigen Sinneswahrnehmungen, die noch existierten.
    War das der Tod? Lautlos eingehüllt in dicker, schwarzer zähflüssiger Watte, wo es kein Oben, Unten, Links und Rechts mehr gab? Plötzlich fuhr ein Hauch über ihre Wange und alle Härchen richteten sich zu einer Gänsehaut auf. Waren das Stimmen? Nilah fühlte nicht einmal, ob sie den Kopf drehte. Nur Schwärze. Sie klangen, als würden sie in einem Sturm umhertreiben.
    »Ich bin hier!«, rief sie. Hatte sie es gerufen? Hatte sie den Mund geöffnet? »Ich bin hiiiieeeer!«
    Sie war völlig allein. Die Augen schließen und sich endlich sicher fühlen. Einschlafen und träumen. Begehren und küssen … sie verlor den Gedanken. Auf einmal hörte sie einen Ton, so klar, dass sie den Kopf hob. Hob sie ihn? Da! Wellen aus noch dichterer Dunkelheit liefen auf sie zu. In konzentrischen Kreisen, als hätte jemand einen Stein in einen stillen See fallen lassen. Sie waren überall, überschnitten sich, neue kamen hinzu, andere liefen aus. Bald fühlte sie sich wie in einem geometrischen Muster aus Tönen gefangen, das wie ein Netz über sie fiel. Es waren keine Steine, sondern Laute. Sprache. Sie schienen die Worte immer und immer wieder zu wiederholen.
    Zerrinnen wird dein Leben ...
    Schau der Welten Klang ...
    Alles ist und niemand war...
    Gib dein Dasein meiner Hand ...
    Erlösche hohle Seele...
    Und vergehe ...
    Nilah spürte den enormen Sog, den die Worte in ihr auslösten.

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