SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
nicht vorbei war. Alle Hitze war vergangen, das Gefühl des Vertrauens bröckelte. Sie war wieder allein mit diesem grauenhaften Wesen. Der Magier breitete die Arme aus und seine Arme malten Bilder, die wie tausende Splitter eines Mosaiks aussahen. Nilah klammerte sich wieder fest an die Säule. Unter ihr kochte das Meer immer wilder. Dann, mit einer einzigen Bewegung, schleuderte Sunabru ihr die zusammengefügten Bruchstücke entgegen.
Schau der Welten Klang ...
Nilahs Geist versank in fernem Donnern, Menschen schrien, ihre Rufe voller Angst. Sie spürte, wie wilder Zorn in ihren Körper strömte, als verteilte sich das Gift eines Bisses in ihr. Sie sah, wie Menschen die Arme emporrissen. Wie von Sinnen gellte ihr Chor. " Führer, Führer … " Sie sah Erde, die dunkle Stiefel hochschleuderten, ihre Augen blinzelten erschrocken, als ein Knattern in ihren Ohren bellte und sie verstört das Gesicht verzog. Wehende Banner stürmten aufeinander zu, sie hörte das Bersten von Knochen, das erlahmende Pochen von Herzen, das Kreischen und Stöhnen von Sterbenden.
Sie wollte sich die Ohren zuhalten, aber ihre Arme bewegten sich nicht. Sie schloss die Augen.
Köpfe hingen an Mauern, Pistolenläufe an Schläfen. Äxte an Bäumen, leblose Schatten sackten in Gräber oder brannten lichterloh in den Himmel. Schiffe versanken, Trommeln dröhnten, Hörner ertönten, Gas strömte, Kugeln flogen, Pfeile surrten.
Nilah zitterte nur noch, ließ die Schultern hängen und weinte.
»Aufhören«, flüsterte sie. »Bitte aufhören!«
Doch die Stimme kannte kein Erbarmen.
Alles ist und niemand war.
Staub blies ihr in die Augen. Stach ihre Lider. Nilah drehte den Kopf hin und her, um ihm zu entgehen, aber es gelang nicht.
Dann sah sie eine Keule, die niederkrachte. Jemand fiel und blieb liegen. Sie sah Muscheln, die in eine Grube gestreut wurden. Sie sah Felle und Farben, die Gesichter verhüllten, mächtige Steine wurden gezogen, die Sterne beäugt.
Zeichen wurden weitergegeben, krumme Äste verehrt, Metall bestaunt, Reichtum geschaffen. Wellen bezwungen, Tiere getötet.
Tempel errichtet, Tempel vernichtet, Geschichten erzählt, verbogen, begradigt – gelöscht.
Die Farbe wurde von den Gesichtern gewaschen und in Stoffe gebannt. Grenzen gezogen. Brennende Kreuze, Hakenkreuze, dunkle Kapuzen. Wälle wurden verteidigt, Schluchten versperrt, Leben tausendfach vergast, verstrahlt, verbrannt - während die Götter schwiegen.
Hell wurde in Dunkel verwandelt, Uniformen geschaffen, Parolen verinnerlicht, Herzen gewonnen und wieder sackten Schatten in Gruben, dröhnten Trommeln, tönten Trompeten.
Nilah konnte keine Sekunde länger diese Bilderflut ertragen. Sie hoffte, dass es vorbei war, bevor sie daran erstickte. Sie sackte zusammen und ihr Kopf knallte auf den Stein, der unter ihr aus den Wellen herausragte.
Sie weinte. Sie fühlte sich schwach und elend und jeder Gedanke in ihrem Kopf befasste sich nur noch damit, bloß nicht von dieser Säule herunterzurutschen, zu bleiben, wo sie war. Sie wimmerte, so sehr dröhnten die Bilder in ihrem Kopf, mergelten ihn aus. Zitternd erhob sich Nilah.
Des Drachen Tod ist eine Kunst. Huslak ließ aus seiner Stirndrüse etwas Flüssigkeit in seine V-förmig gefalteten Handflächen tropfen und verrieb sie gewissenhaft. Sie würden gleich die Worte verstärken, wenn er sie als Trichter vor den Mund setzte, dass es in den Schuppen des Drachens richtig rappeln würde. Er drückte noch ein wenig mehr Flüssigkeit heraus, denn Fehler oder Zerrgeräusche konnte er jetzt nicht gebrauchen. Die Ohren des Drachens sollten die volle Ladung abbekommen, denn Huslak, Seelentöter in der vierundzwanzigsten Generation, wusste um seine kleinen Spezialeffekte.
Er horchte gespannt zwischen die Bäume. Dass dieser Drache anders war, das hatte er schon begriffen. Aber er hatte sie noch alle bei den Kehlen gepackt, wenn es um ihre verdammten Menschen ging. Jeder, der irgendwie eine besondere Macht in sich hatte, besaß ein Krafttier. Die Zauberer und Druiden hatte er alle für A´kir Sunabru bezwungen. Einhörner, Adler, zu große Eichhörnchen … der ganze Mist eben. Sie alle waren letztendlich Schwächlinge. Niemand widerstand seinem Meister, dem Einzigen .
Er wusste, dass danach eine gnadenlose Hatz einsetzen würde, bei der der Drache alles daran setzen würde, ihn zwischen seine gewaltigen Kiefer zu bekommen.
Huslak tänzelte hin und her, hielt die Muskeln locker und wartete einen Augenblick. Dann
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