SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Welt sein. Er schaltete die Scheinwerfer aus. Dann war die Straße nur noch ein schmales Band zwischen Vergangenheit und Hoffnung. Ein dunkler Weg in der fahlen grünen Landschaft. Böen krallten sich in den Wagen.
Wann in seinem Leben war dieses Ende geschmiedet worden? Wann war dieses Schicksal entstanden, das jetzt durch seine Adern rann? Er wusste es nicht und wusste es doch. Er sah seinen kleinen Bruder auf der Straße liegen. Verdreht und tot. Ein blutiges Zeichen der Zeit. So war es nun einmal in Nordirland. Man ging durch die Stadt und wollte Brötchen für die Familie holen ... und starb dabei, weil jemand anderes es so gewollt hatte.
Die Musik hämmerte laut. Tränen verwischten seinen Blick, als aus dem Nichts ein riesiger dunkler Fleck aus der Straße wuchs. Ian O´Riorden hätte wie jeder andere vernünftige Mensch auf die Bremse treten müssen. Doch er war in diesem Augenblick nicht länger zugehörig, war in eine Spalte gerutscht, stand zwischen den Kontinenten. Er griff nach der Waffe und trat aufs Gaspedal, als würde alles damit in eine neue Richtung gelenkt.
Der Ochse wartete. Starker Wind pfiff über die Klippen und schien den Atem des Meeres über das Land zu fauchen. Er sah einen hohen Fels aus der See ragen, der so dunkel in den tobenden Wellen stand, wie ein Horn des Leibhaftigen selbst. Es war an der Zeit die Wege des Bösen zu beenden, sie zu vernichten. Er gab Anweisungen. Für einen Moment glaubte er Licht gesehen zu haben, das dann überraschend erlosch, die Straße hinunter nach Norden. Er glaubte sogar ferne Musik gehört zu haben. Er drehte den Ring an seiner rechten Hand. Gott war auf seiner Seite. Unter diesem Zeichen wirst du siegen.
Der letzte Tanz konnte beginnen.
Nilah sah, wie ihr Vater im Eingang der Kammer die Arme ausbreitete, und dann fiel sie in sie hinein, wurde emporgehoben und herumgeschleudert. Das hatte sie als Kind schon so geliebt.
Sie wollte alles erzählen, berichten, die Wahrheit sagen. › Ich habe den Beginn allen Lebens gesehen, ich habe sogar mit ihr gesprochen … ich habe den Magier besiegt, ich habe, wir haben - alles verloren. ‹
Sie bekam einen dicken Schmatzer auf die Stirn. Die Welt gleichzeitig in und aus den Fugen.
Immer wieder murmelte er ihren Kosenamen in ihr Ohr. Sternchen. Für einen Moment gab es keinen glücklicheren als diesen.
»Wie müssen gehen, jetzt!« Lirans Stimme war schneidend. Langsam löste ihr Vater die Umarmung und Nilah bemerkte, warum der Krieger so entschlossen war. Als würde sich die Aura des Crannógs ausdehnen, begann auch diese Kammer zu schrumpfen. Atticus sah fasziniert und gleichzeitig verängstigt auf die großen Quader, die sich Stück für Stück ins Innere drückten. Und hier, im grellen Licht der Lampen, wirkte es wirklich, als wüchsen die Steine wie Atemzüge. Der Boden hob sich, die Decke sank, die Wände strebten einander zu.
»Was ist passiert?« Atticus musste den Kopf einziehen. Jetzt war nur noch Angst in seinem Blick.
»Später! Raus durch den Gang und die Treppe rauf, so schnell ihr alle könnt.« Liran schubste den Professor unsanft nach vorn und Atticus begann erst zaghaft zu traben, dann aber zu laufen. Morrin allerdings schien unter Schock zu stehen. Nilah sah in ihren Zügen, dass die schöne Frau mehr ahnte, als sie verkraften konnte. Als auch sie zu rennen begann, war es, als laufe sie nicht fort, sondern als laufe sie auf etwas zu. Ihre Locken hüpften auf und ab.
Die Kammer wurde zunehmend enger. Nilah wagte einen letzten Blick. Bald würde all das nicht mehr sein. Die wundervollen glitzernden Spiralen. Die stille Magie, die dieser Ort verströmte und auf einmal wurde ihr etwas bewusst. Niemals wieder würde jemand diesen Raum betreten, denn es gab keine Brücke mehr, über die er hätte gehen können.
»Du auch, Daan.« Nilahs Vater aber stand so unentschlossen da wie noch nie und schien auf etwas zu warten. In seinen Augen sah Nilah die ganze Kraft eines Vaters, der um keinen Preis der Welt seine Tochter verlassen wollte.
»Papa?«
»Sternchen!«
»Lauf Papa. Lauf!« Nilah sah Tränen schimmern. Das Licht der Taschenlampe zitterte. Er sah sie an, als hätte er sie eben zum ersten Mal erblickt und jemand Fremdes nahm sie ihm wieder weg. So viel Liebe hatte sie noch nie in ihm gesehen. Dann blickte ihr Vater Liran an.
»Du bist ihr Anam Ċ ara, vergiss das niemals.« Damit drehte er sich um und rannte in den Gang. Zurück blieb klamme Dunkelheit, das zuckende Licht,
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