SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
wert, Magier?« flüsterte er. »War es all das wirklich wert?« Nilah trat neben ihn. Sie wollte seine Hand umfassen. Nicht mehr loslassen. Es war ein starker Impuls, doch tat sie es nicht.
»Was ist das?« Nilah bückte sich und nahm etwas vom Boden auf. Sie kam wieder hoch und ihr Anhänger baumelte im unsteten Licht der Kammer. Der blaue, wie eine Muschel geformte Anhänger aus Glas, mit drei Krallenfurchen darin. Nilah hielt den Atem an.
»Oh, verdammt«, raunte sie. Wer immer es erkennt, trägt die Dunkelheit in sich. Der Magier musste es ihr abgerissen haben. Er hatte es erkannt. Aber noch jemand hatte dies ebenfalls. Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie die Erinnerung daran wie einen Schlafenden aufwecken. Und dann fiel es ihr ein. Sie hatte kaum hingehört, es nicht für wichtig erachtet, so wie sie den ganzen Mann nicht gemocht hatte. Pater Skelling. Ich hoffe, ihr Talisman bringt Ihnen Glück. So, oder so ähnlich hallte es jetzt in ihrem Kopf wieder. Er hatte es bei ihrem Abschied aus dem Haus der De La Rosas gesagt.
»Der Pater! Er hat es erkannt, er hat es gesehen, Liran.« Der Krieger sah sie ruhig, aber angespannt an.
»Was hat er gesehen?«
»Meinen Anhänger!« Sie deutete auf seine Hand, an der noch immer das Medallion hing, das ihr der Drache, der Mond, als Geschenk und als Warnung gegeben hatte. Nilah wurde übel. Papa?
»War das der Mann, der diesem Gott dient?« Nilah konnte nur benommen nicken. Etwas lähmte sie. Eine ungeheure Vorstellung. Ein Verrat, der mehr als zweitausend Jahre lang überlebt hatte. Wie viel Angst brauchte es, um all diese Zeit zu überbrücken? Wie viel tollkühner Hass war notwendig gewesen, um ihn so lange am Leben zu halten?
»Nilah, die Wände werden enger.« Die Stimme war weit fort. ›Wie konnte man so sein? Was trieb einen Menschen zu so etwas an?‹ »Nilah, der Crannóg schließt sich!« Ihre eigenen Überlegungen kamen ihr in den Sinn. ›Sie würden diesen Frevel bis aufs Blut bekämpfen. Mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.‹
Jemand packte sie am Arm, zog sie. Sie stolperte, ihr Blick klärte sich und was sie sah, erschütterte sie. Die Kammer wanderte nach innen. Es war, als wachse der Fels in sein eigenes Herz hinein, um es für immer zu tilgen. Das pulsierende Licht wurde immer schwächer und Nilah konnte nicht einmal mehr zurück blicken, um ein letztes Bild in ihre Augen zu saugen, damit sie es niemals vergaß.
Liran zog sie durch den Spalt. Sie hörte ihn schnaufen. Der raue Fels drückte gegen ihre Brust. Er nahm ihr die Luft. Die Welt ist verloren. Mehr konnte sie nicht denken, als ihr plötzlich eiskalter Wind ins Gesicht hieb. Nilah sah in eine vollkommen dunkle Nacht. Der Mond war verschwunden. Unter ihm trieben nun dicht geballte Wolken. Der schmale felsige Absatz, auf dem sie standen, war kaum von der schwarzen Tiefe zu unterscheiden, die unter ihnen gähnte. Die Brücke war nicht mehr da.
Und auch die kreisförmige Öffnung, die eigentlich auf der gegenüber liegenden Seite zu sehen sein sollte, in der Mitte der Klippen von Moher, war nicht mehr zu erkennen. Der Pfad war zu Finsternis geworden. Das Meer toste wütend unter ihnen. Liran brüllte etwas in den Wind. Er hielt noch immer ihr Handgelenk umklammert. Dann brüllte er wieder, aber nicht einmal Nilah konnte verstehen, was er da schrie. ›Was hatte er zu ihr gesagt?‹ Es ist ein Sprung in den Glauben. Hier gab es keine Maßstäbe mehr, hier gab es nur den Willen. ›Willst du die Höhe überwinden? Willst du dort hinüber zu deinem Vater? Zu Morrin und Atticus? Nach Hause? Wenn du es wirklich willst, dann geh.‹ Nilah löste sich aus dem Griff. Haarsträhnen wehten ihr ins Gesicht. Liran drehte den Kopf zu ihr. Selbst hier konnte sie das Blau erahnen, das seine Augen versprühten. Vertrau mir! Sie lächelte den Schatten an, der vor ihr stand, blickte in die Tiefe und machte einen Schritt mitten in die Nacht hinein.
Allein ihr Glaube war die Brücke.
Unter ihr der nächtliche Atlantik, schäumend und brodelnd. Vor ihr nur blindes Vertrauen. Hinter ihr der Krieger. Immer weiter, bis sie zu laufen begann. Jeder Moment hätte den Tod bringen müssen, doch kaum senkte der Fuß sich, war die Brücke schon einen Schritt weiter. Nilah rannte immer schneller.
Ian O´Riorden fuhr immer schneller. Sein Herz raste. Rechts von ihm begann das Land ins Meer zu fallen. Die Klippen von Moher. Eine dunkle Kante riss die Nacht entzwei, als würde hier das Ende der
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