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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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leise.
    Nilahs Beine kribbelten. Das war nicht möglich. Das war ... sie war doch so lang, sie. Ihr Kreislauf verabschiedete sich, Schwindel überkam sie.
     
    Er hob Nilah auf und trug sie wieder nach unten. Er war am Ende seiner Kräfte, das spürte er genau. Seine Schultern fühlten sich an, als hätte man schwere Steine auf sie gelegt und in seinen Gedanken gab es nur noch Instinkte, kaum noch Logik oder Verstand. Deshalb hatte er so reagiert, als Nilah so innig und doch so abweisend gewesen war. Aber was hatte er denn erwartet? Dass sie ihm wie ein Wasserfall alles erzählen würde?
    Sie war eine junge Frau, deren Leben von einem Extrem ins andere katapultiert wurde. Er hatte schon gestandene Männer an Krieg und Elend zugrunde gehen sehen. Wie musste sich Nilah da erst fühlen? Welten waren über ihr zusammengestürzt. Kreaturen, die sie nicht einmal aus schlimmen Träumen kannte, hatten versucht sie zu töten. Sie war um ihr Leben gelaufen und das Schicksal bürdete ihr eine Last auf, die sie gar nicht fassen konnte, so gewaltig war sie.
    Dumm kam Liran sich jetzt vor. Dumm und eitel. Was hatte sie erlebt in den zwei Tagen? Wahrscheinlich Schreckliches. Und was hatte er getan? Nichts. Jedenfalls nichts Ruhmreiches. Er hatte Dahi mit dem Amulett losgeschickt und nun war die streitbare Wölfin verschollen. Vielleicht sogar tot, wer wusste das schon. Aber darüber würde er kein einziges Wort verlieren. Er legte Nilah zurück unter Deck. Das, was sie erlebt hatte, musste viel Energie gekostet haben.
    Liran spürte, wie das Gefährt langsamer wurde. Sie verließen offenbar die Straße, vollführten eine scharfe Kurve, so dass Liran sich an der Wand abstützen musste. Nach kurzer Zeit stoppten sie ganz und dieses seltsame Gefährt schnaufte und röchelte, als wäre es völlig erschöpft.
    Zweimal war die Maschine während ihrer Reise schon stehen geblieben und hatte Rast gemacht. Diese LKW - oder wie sie auch immer hießen - mochten ja stärker sein als fünfzig Pferde, aber auch sie schienen sich dann und wann ausruhen zu müssen.
    Er schlich nach oben und sah, wie der Mann aus dem kleinen Raum am Kopf der Maschine stieg, die metallene Tür zuschlug und mit steifen Gliedern auf ein großes Gebäude zustakste. Dabei pfiff er eine Melodie, streckte und reckte sich und sang zwischen den Tönen mit rauer Stimme dazu.
    Nun, dachte er grinsend. Er war vielleicht über zweitausend Jahre lang in einem Boot aus Stein durch die Gezeiten geschippert, aber einen Gasthof für Reisende erkannte er noch immer. Er war an vielen von ihnen vorbeigekommen, als er damals nach Rom gereist war.
     Er stieg wieder nach unten und betrachtete nachdenklich das Gladius. Er gab Nilah zu trinken und wartete bis sie wieder schlief.
     
    Frische, neblig riechende Luft kroch unter Nilahs Decke und rüttelte sie mit kalten Fingern wach. Sie schlug die Augen auf und rieb den Schlaf mit den Handrücken fort, schlang sich die Decke um die Schultern und ging die Treppe hinauf aufs Deck. Dort lehnte er auf der Sitzreihe, die das Achterdeck umgab und blickte zu der aufgehenden Sonne. Als würde er etwas vermissen, als wäre er verloren in diesem Wind, dieser Zeit. Jeder Atemzug nur ein Aufschub. Ein fast letztes Mal. Woher konnte sie das wissen, fragte sie sich. Sie fühlte es.
    Der Himmel kippte mit jeder Sekunde mehr ins Pfirsichfarbene. Das war es nun einmal, was der Himmel tat, wieder und wieder, so dachte Nilah. Unbeeindruckt sandte er sein beeindruckendes Licht auf die Menschen, ohne sich zu kümmern. Ein seltsames Prickeln war in ihrem Bauch und ging nicht mehr weg.
    Sie setzte sich neben ihn und blickte ebenfalls hinaus in die Farbenpracht, die durch die Wolken platzte und eine majestätische Stille ausstrahlte, wie es nur die Natur vermochte. Sie nahm nicht einmal das Brummen und den vorbeiwehenden Dieselgeruch wahr.
    »Hast du eigentlich Angst?«, fragte sie in den Fahrtwind. Die Täler, an denen sie vorbeifuhren, waren wie mit farbiger Watte gefüllt.
    Liran antwortete nicht gleich. Seine Augen schauten zu einem fernen Punkt.
    »Nein!« Nilah drehte sich zu ihm um und sah ihn an.
    »Und warum hast du keine?« ›Ich habe nämlich Angst, sehr viel sogar, Liran‹, dachte sie, aber sie ließ diese Gedanken nicht laut werden.
    Sie konnte und durfte ihn nicht länger ausschließen, das tat sie gegenüber sich selbst schon. Bisher hatte sie das, was da an die Oberfläche gespült worden war, mit einem eher flüchtigen Blick bedacht. Ganz zu

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