Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
Vom Netzwerk:
ihrer Handtasche stellt ’ne Hure sich echt an. Lässt sie keinen anfassen, keinen reingucken. Ist auch ihre Magie drin, wenn sie welche benutzt. Ist ’n Aberglaube, verstehste? Bringt Unglück, wenn du die Handtasche von ’ner anderen Hure anfasst oder ’ne andere deine anfassen lässt.« Wieder zuckte er mit den Schultern. »Ihr Körper gehört nicht ihnen allein. Da wollen sie wenigstens ihre Handtasche ganz für sich.«
    Sie räusperte sich. »Versteh ich gut. Los, sehen wir uns mal weiter um.«
    Die Sonne war jetzt fast hinter dem Horizont verschwunden und warf keine Schatten mehr; die leer stehenden Gebäude auf der anderen Straßenseite waren nur noch schwarze Flächen vor einem flammenden roten Himmel. Chess steckte kurz die Hände in die Hosentaschen, um sie zu wärmen, und ging dann ein Stück weiter in die Gasse.
    Terribles Handy klingelte und ließ sie zusammenzucken. Sie wartete nicht ab, um sich seinen Teil des Gesprächs anzuhören. Irgendwo weiter hinten in der Gasse stand ein Metallkasten, auf dem sie in der letzten Nacht gesessen hatte, und den wollte sie finden.
    Sie trat mit den Füßen alte Zeitungen beiseite, die schon halb zerfielen, und watete durch anderen Unrat. Der Strahl der Taschenlampe tanzte über die Mauer, die Müllhaufen und ausrangierten Möbel, die so schrottig und dreckig waren, dass selbst die Bewohner von Downside keine Verwendung mehr dafür hatten. Zwei rote Punkte leuchteten vor ihr auf. Eine Ratte, die sie beobachtete, wie sie in ihr Territorium eindrang.
    Der Kasten war noch da. Schon das ließ sie vermuten, dass er wahrscheinlich nichts mit dem Fall zu tun hatte. Der Mörder mochte die Eulenfeder und Daisys Messer unter dem Müll übersehen haben, aber den Kasten hätte er sicher nicht vergessen oder wäre inzwischen noch mal zurückgekommen, um ihn zu holen. Trotzdem, sie musste alles untersuchen, wenn sie schon mal da war.
    »Okay. Ja, sobald ich kann.« Hinter ihr klappte Terrible das Handy zusammen. Sie warf einen Blick über die Schulter.
    »Alles in Ordnung.«
    »War ’ne Frau, die ich kenne. Hab vergessen, sie anzurufen.«
    »Amy?«
    »Amy hab ich seit Wochen nich mehr gesehen.«
    Sie kniete sich vor den Kasten und tastete mit der behandschuhten Hand den Rand nach dem Verschluss ab. »Ach? Warum, was ist denn passiert?«
    »Gar nichts ist passiert. Haben uns einfach nich mehr getroffen.«
    »Und jetzt triffst du dich mit einer anderen und rufst sie nicht mal an, wenn du es ihr versprochen hast. Schäm dich.«
    Sie schob die Lasche hoch und öffnete den Deckel schneller, als eigentlich klug war. Irgendwie hatte sie ihre Hände nicht mehr ganz unter Kontrolle. Kein Wunder, bei der ganzen verdammten Magie, die immer noch um sie rumwaberte wie aufdringliches Parfüm. Und ausgerechnet jetzt bekam sie davon Kopfschmerzen, die sie gerade gar nicht gebrauchen konnte.
    Der Kasten war leer. Zu leer. Das blank geputzte Innere stand im krassen Gegensatz zu der dicken Schmutzschicht an der Außenseite.
    »Sie kommt schon drüber weg«, sagte er und bückte sich, um das Innere des Kastens in Augenschein zu nehmen. »Sieht ganz schön sauber aus da drin für ’n Kasten, der hier in der Gosse rumsteht, hm?«
    »Find ich auch.« Sie zog den Kasten zu sich heran und leuchtete in die Winkel. Ein schwacher Geruch stieg ihr in die Nase. Vertraut. Modrig. Etwas ganz anderes als der Gestank im Haus der Pyles vorhin. Dieser Geruch erinnerte sie an die Kirche, an bläuliches Licht und warme Nachmittage im Kräuterkunde-Unterricht. Das roch nach Ritual.
    Sie konnte nicht mehr tun, als tief einzuatmen und sich den Geruch einzuprägen. Was immer es war, sie hatte nicht oft damit gearbeitet, sonst hätte sie sich gleich daran erinnert. Die wichtigsten Bannkräuter fielen also schon mal weg. Sie hatte es auch schon eine ganze Weile nicht mehr gerochen, also war es auch keine von den Beschwörungszutaten, die Madame Lupita letzte Nacht verwendet hatte.
    Terrible schnupperte. »Riecht wie dieser Tyson«, sagte er. »Seine Haut roch ’n bisschen so.«
    »Wirklich? Das weiß ich gar nicht mehr.«
    »Bist ihm ja auch nich so nahe gekommen wie ich.«
    Das war auf jeden Fall richtig, und dafür war sie auch verdammt dankbar. Tyson war ein Wirt, jemand, der im Tausch für Macht einen Pakt mit einem Geist schloss und ihm erlaubte, seinen Körper in Besitz zu nehmen — im Unterschied zu einem Verbündeten, der mit dem Geist lediglich die Energie teilte. In Tysons Fall war es kein gewöhnlicher

Weitere Kostenlose Bücher