Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
Medizinischer Offizier alle Besatzungsmitglieder behandeln. Im Notfall und wenn das Schiff zu weit vom nächsten Hafen entfernt ist, muss er sogar operieren. Während seines Studiums hat er auch medizinische Vorlesungen besucht. Und er musste ein Praktikum im Operationssaal und eines auf der Rettungsstation eines Krankenhauses machen. Abgesehen von ein paar kleineren Wehwehchen ist auf dieser Reise aber zum Glück noch nichts passiert.
21.00 Uhr
Heribert wurde gerade angerufen. Er soll auf seine Manöverstation zum Anlegen. Ich werde heute mal mit nach vorn gehen und mir das Ganze ansehen. Dazu trage ich meinen orangenfarbenen Overall. Ach endlich, wir fahren wieder.
22.30 Uhr
Von einem sicheren Platz aus konnte ich das Manöver beobachten. Ich habe gesehen, wie das Lotsenboot angefahren kam, wie der Lotse über die Lotsenleiter an Bord gelangte und von einem Matrosen auf die Brücke begleitet wurde. Auch zwei Schlepper kamen angefahren. Heribert kommunizierte über das Funkgerät mit dem Kapitän und dem Dritten Offizier, der das Manöver achtern leitete. Vier Matrosen und der Bootsmann waren mit vorn und kümmerten sich um die Leinen. Als wir an unserem Liegeplatz waren, warfen sie diese hinüber zu den Festmachern. Als diese die Leinen dann an den Pollern befestigt hatten, wurden mit Hilfe von Seilwinden die Taue festgezurrt. Schade, dass es schon dunkel war. Ich hätte zu gerne ein paar Fotos gemacht.
Als Nächstes wurde die Gangway heruntergelassen, der Lotse ging von Bord, und das Schiff wurde einklariert. Dazu kamen ein paar Leute vom Zoll an Bord.
Tag 6 – Puerto Cabello (Venezuela)
7.30 Uhr
Heribert hat seit 6 Uhr Feierabend, eine Stunde hat er geschlafen, und nun muss er mit seiner unternehmungslustigen Freundin einen Landgang machen. Ich glaube, im Moment bereut er es ein bisschen, dass ich hier bin. Das würde er natürlich nicht zugeben, aber er ist gerade ziemlich unleidlich. Ich musste sogar meinen Gürtel ablegen, weil dieser angeblich zu teuer aussieht und Heribert Angst hat, dass wir überfallen werden. Nicht einmal einen Rucksack darf ich mitnehmen.
11.15 Uhr
Der Landgang war super. Ich glaube, wir waren die einzigen Nicht-Einheimischen in ganz Puerto Cabello. Es war ein tolles Gefühl, mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Wir sind viel gelaufen, was richtig gutgetan hat. In den vergangenen Tagen hatte ich schließlich kaum Bewegung. Mal abgesehen vom Treppensteigen.
Wir waren sogar an einem einsamen Strand, und ich konnte etwas schwimmen. Trocken werden musste ich ohne Handtuch. Ich durfte ja schließlich nichts mitnehmen. Aber das war kein Problem. Die Sonne schien, und es war unglaublich heiß. Wir waren auch noch in einem Supermarkt, der aber eher an einen kleinen Tante-Emma-Laden erinnerte. Wir kauften Obst, Joghurt und ein paar Kartoffelchips. Schokolade gab es nicht. Dazu sei es zu heiß, erklärte uns der venezolanische Verkäufer. Heribert sprach Spanisch mit ihm. Englisch kann hier kaum jemand.
Heribert ist gerade noch unter der Dusche, gleich gehen wir etwas essen, und dann muss Heribert auch schon wieder zu seiner Ladungswache.
18.30 Uhr
Ich war tatsächlich im Internet. Und zwar richtig lange. Gemeinsam mit dem Azubi Herrn Zink saß ich auf dem D-Deck auf einer Bank. Als die Akkus unserer Rechner schwächer wurden, holte Herr Zink eine Kabeltrommel, und weiter ging es. Als Dankeschön brachte ich ihm ein paar Erdbeeren und Trauben, die wir in Venezuela gekauft hatten. Damit ist unser Obst auch schon wieder fast aufgebraucht. Nur eine Kokosnuss haben wir noch.
Herr Zink chattete mit seiner Freundin. Die beiden sind erst vier Wochen vor seiner Abreise zusammengekommen. Seit fünf Monaten ist er nun schon an Bord. Die arme Freundin.
Zum Abendessen stand auf jedem Platz eine Dose Fanta und eine Dose Bier. Ich wunderte mich, und Heribert erläuterte mir, dass einer der Kiribatis Geburtstag habe und deshalb eine Runde Getränke ausgebe. Das sei so Tradition. Da Heribert an Bord keinen Alkohol trinkt, tauschte er seine Bierdose mit dem russischen Elektriker gegen eine Dose Fanta. Der Elektriker freute sich sehr über dieses Tauschgeschäft.
22.00 Uhr
265 Container haben wir in Puerto Cabello neu aufgenommen, 82 wurden gelöscht. Nach 21 Stunden sind wir wieder losgefahren. Heribert sagte, dass wir in nur vier Stunden schon im nächsten Hafen wären. Vorausgesetzt, wir bekommen direkt einen Liegeplatz.
Tag 7 – Kurz vor La Guaira
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