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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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der gesamten Reise. Vielleicht sollte es so sein, für dieses phänomenale Erlebnis.
    Nachdem wir drei uns wieder beruhigt hatten, gingen wir zurück zur Straße. Die anderen Hochzeitsgäste hatten in einem langen Autokorso hinter dem Hochzeitsauto gehalten. Verwundert sahen sie uns an, dann fuhren wir weiter zum Restaurant.
    Wir feierten an diesem Abend ein wunderschönes Hochzeitsfest. Und obwohl Heribert bei dieser Feier nicht dabei war, spielte er doch eine große Rolle. Alle redeten von ihm.
    »Das vorhin war tatsächlich dein Freund?«, fragten mich viele der Gäste.
    »Ja«, antwortete ich strahlend und war unendlich stolz auf meinen Seemann.

    Die Stewardess steht im Gang und bittet die junge Mutter neben mir, ihr Kind jetzt auf den Schoß zu nehmen und es ebenfalls anzuschnallen. Zur Sicherheit, denn gleich würden wir starten. Das Baby, das sich gerade erst beruhigt hatte, scheint die Worte der Stewardess zu verstehen und fängt jetzt wieder an zu schreien. Wie in einem Chor setzt nun auch das Weinen der anderen Kinder ein. Ich versuche, mich auf mein Buch zu konzentrieren. Über meine Kopfhörer läuft der Klassikkanal. Ich habe ihn eingestellt, weil ich dachte, klassische Musik wäre das Beste zur Beruhigung. Doch jetzt macht mich diese Musik aggressiv. Ich reguliere die Lautstärke ganz nach unten, atme tief ein und schwöre mir, dass ich, falls ich irgendwann kleine Kinder haben sollte, unter keinen Umständen mit ihnen in den Urlaub fliegen werde. Niemals. Oder ich tue es doch, denke ich ein paar Sekunden später. Aus Rache.
    Große Australische Bucht, 04. 03. 2006
     
    Liebe Nancy,
    erst einmal möchte ich dir sagen, dass du natürlich recht hast. Ich schreibe dir zu selten. Ich finde es selbst immer wunderschön, wenn ich einen Brief von dir in den Händen halte und lesen darf, wie es dir geht, was du machst und was zu Hause los ist. Es gibt mir das Gefühl, ein richtiges Zuhause zu haben, in das ich so schnell wie möglich zurückkommen möchte. Und deshalb schreibe ich dir heute auch endlich mal wieder. Ich habe zwar immer das Gefühl, dass hier alles so langweilig ist und ich gar nichts zu erzählen habe. Hier ist schließlich jeder Tag gleich, und somit verliere ich schnell die Motivation, etwas anderes zu tun, als zu arbeiten, zu essen und zu schlafen.
     
    Seit eineinhalb Monaten bin ich nun schon an Bord. Am Anfang der Reise war ich nicht gerade begeistert von meinem Kapitän. Er kam mir ziemlich alt, mürrisch und manchmal auch extrem pedantisch vor. Er hatte auf der Brücke für alles einen festen Platz. Auf dem ersten Navigationstisch mussten immer genau ein roter Kugelschreiber, ein schwarzer Kugelschreiber und sein Lieblingsbleistift liegen. Du weißt ja, wie sehr ich eine solche Art Ordnung liebe. Immer wieder kam es vor, dass ich im Laufe einer Wache das eine oder andere Utensil versehentlich woanders plaziert hatte. Auf dem zweiten Navigationstisch war es ähnlich. Es passierte also, dass ich stundenlang irgendwelche blöden Stifte suchte, die ich in der Eile irgendwo anders hingelegt hatte. Und ich wusste, wenn am Ende der Wache nicht wieder alles an seinem Platz liegen würde, gäbe es Ärger mit dem Kapitän. Nach einer Weile hatte ich mich aber an dieses Ordnungssystem gewöhnt. Du wirst es nicht glauben, aber auch ich entwickelte eine gewisse Routine, wie, wann und wo ich jeden einzelnen Stift hinlegte. Ich erschrak vor mir selbst, als ich merkte, wie pedantisch ich sein kann. Aber freu dich nicht zu früh. Wenn ich erst einmal zu Hause bin, werde ich dich mit meiner Unordnung (oder sagen wir, mit meiner Art von Ordnung) wieder in den Wahnsinn treiben.
    Mit der Zeit verstand ich mich mit dem Kapitän immer besser. Jeden Tag auf meiner Abendwache (20 bis 24 Uhr) brühte ich etwas Kaffee auf, und er kam auf die Brücke. Wir unterhielten uns lange. Manchmal erzählte er mir drei Stunden lang aus seinem Seemannsleben. Gerade als wir dabei waren, ein schon fast persönliches Verhältnis zueinander aufzubauen, wurde er abgelöst und fuhr nach Hause. Ich bedauerte das sehr.
    Den neuen Kapitän kann ich noch nicht so richtig einschätzen. Er kommt aus der Nähe von Berlin, ist verheiratet und hat einen Sohn. Auf der einen Seite finde ich es gut, dass er mir die Freiheit lässt, meinen Verantwortungsbereich so zu bearbeiten, wie ich es für richtig halte. Aber auf der anderen Seite kommen von ihm immer wieder Bemerkungen und Fragen, die meine Arbeit in Zweifel ziehen. Wahrscheinlich ist

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