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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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den Fenstern und Lichterketten in den Bäumen. In ein paar Wochen ist Weihnachten, dann ist Silvester, und dann ist Heribert auch schon fast zu Hause. Ich habe das Gefühl, die schlimmste Zeit überstanden zu haben, und spüre bereits Wiedersehens-Vorfreude in mir aufsteigen.

    Ich drehe den Schlüssel um, öffne die Wohnungstür, da klingelt auch schon das Telefon. Mit Schuhen und dem schweren Rucksack auf meinem Rücken renne ich ins Wohnzimmer.
    »Hallo?« Ich bin ganz außer Atem.
    »Willkommen zu Hause!«, sagt Heribert, und seine Stimme hört sich leicht distanziert an.
    »Oh, nein, es geht schon los. Du veränderst dich. Deine Stimme klingt schon ganz nach Chef.«
    »Ich rufe mit dem Satellitentelefon an. Die Stimme wird nur ein bisschen verzerrt.«
    »Aber das Satellitentelefon ist doch wahnsinnig teuer. Dann lass uns nicht so lange telefonieren. Los, erzähl schnell, wie geht es dir? Stimmt es tatsächlich? Bist du Kapitän?«
    »Ja. Seit gestern.«
    »Oh, mein Gott. Ich kann es gar nicht glauben. Als ich deine SMS gelesen habe, wäre ich fast vom Sitz gefallen. Wie fühlt es sich an?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe es noch nicht realisiert. Wenn mich jemand mit Kapitän anspricht, zucke ich jedes Mal zusammen.«
    »Und der andere Kapitän. Ist der schon weg?«
    »Nein, er fährt noch bis zum nächsten Hafen mit. Übermorgen geht er von Bord.«
    »Aber wohnst du trotzdem schon in der Kapitänskammer?«
    »Ja.«
    »Und? Wie ist das so?«
    »Da drin ist es wahnsinnig kalt. In der Kammer sind es maximal 16 Grad. Dem alten Kapitän war immer so warm, dass er die Klimaanlage auf dem gesamten Schiff ganz kalt einstellen ließ. Die armen Kiribatis laufen hier drinnen nur noch mit Wattejacken rum. Der Kapitän selbst trägt kurze Hosen.«
    »Aber jetzt bist du der Kapitän. Mach es doch einfach wärmer.«
    »Nein, das geht doch nicht. Ich muss schon warten, bis er weg ist.«
    »Soll ich eigentlich alle informieren, oder willst du das selber machen?«
    »Wenn du möchtest, kannst du gern etwas rumtelefonieren. Ich selbst werde erst mal nicht dazu kommen. Ich habe gerade wahnsinnig viel zu tun. Allein heute musste ich fast 40 Formulare ausfüllen, unterschreiben und weiterleiten. Meine Güte, als Kapitän muss man so viel Papierkram erledigen. Ich hatte ja keine Ahnung. Es tut mir leid, Nancy, ich muss jetzt auch schon wieder los.«
    »Ach, schade. Habe ich eigentlich schon gesagt, dass ich wahnsinnig stolz auf dich bin? Ach ja, noch etwas: Ich will, dass wir bald heiraten! Ich meine das ernst! Ich will Frau Kapitän sein. Das klingt doch super. Das lasse ich mir dann auf meine Visitenkarten drucken. Wie findest du das?«
    »Ach, ich weiß nicht. Als Kapitän steigen nun sicher auch meine Chancen bei anderen Frauen. Ich muss da noch mal drüber nachdenken.«
    »Du Schuft! Unverschämtheit! Aber du weißt doch, dass du mich so schnell nicht loswirst.«
    »Das hoffe ich. Ich muss jetzt weiter.«
    »Ich liebe dich, Herr Kapitän. Pass auf dich auf!«
    »Ich liebe dich, Frau Kapitän! Und grüß doch bitte alle von mir!«
    »Wird gemacht! Ich liebe dich!«
    »Ich liebe dich!«
    Dann legt er auf. Ich sitze auf dem Sofa. Ich habe noch immer meine Schuhe an und den Rucksack auf dem Rücken. Ich streife den Rucksack ab, gehe ins Bad und werfe einen Blick in den Spiegel. Ich sehe in ein grinsendes Gesicht. »Er ist tatsächlich Kapitän«, sage ich zu meinem Spiegelbild. »Wahnsinn!«

    Als Erstes rufe ich Boje an. Boje heißt eigentlich Björn und hat mit Heribert zusammen Nautik studiert. Die beiden waren wie siamesische Zwillinge. Nie sah man den einen ohne den anderen. Boje ist auch Seemann, im Moment hat er Urlaub. Das weiß ich so genau, weil er vor ein paar Tagen versucht hat, mich anzurufen. Auch die anderen Seemänner Kelly und Etienne müssen informiert werden. Und natürlich Paddy, der zwar kein Seemann ist, aber irgendwie immer zur Bremer Seemanns-Clique dazugehört hat. Ich telefoniere mit Heriberts Eltern, seiner Schwester Maria und mit all seinen Freunden. Ich rufe auch meine Eltern an, meine Großeltern und natürlich meinen Bruder Peter. Die Telefonrunde macht mir richtig viel Spaß. Es ist auch lustig, weil die meisten Leute mir zur Beförderung gratulieren. Und ein bisschen fühlt es sich tatsächlich auch so an, als wäre ich befördert worden.
    Nur Heriberts Vater reagiert ganz anders als alle anderen. »Und, wann heiratet ihr nun? Heribert hat doch immer gesagt, dass er dich heiratet, wenn er

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