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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Wolf
plötzlich konziliant. »Außer dass beim ›Seekurier‹ eine neue Botschaft
eingegangen ist, die wir gerade untersuchen.«
    Als Jo mit einem überraschten »Ja, aber …«
dazwischengehen wollte, wurde sie von Wolf brüsk unterbrochen; an die Adresse
des Staatsanwalts gerichtet, schob er nach: »Sobald wir Genaueres wissen,
werden Sie selbstverständlich informiert. Mehr lässt sich dazu im Augenblick
leider nicht sagen.«
    Schneidewind, dessen Blick zwischen Jo und Wolf hin-
und hergeirrt war, hakte nach: »Eine islamistische Botschaft, nehme ich an. In
welcher Form, was enthält sie? So reden Sie schon.«
    »Nun, es handelt sich um einen Datenträger, genauer:
einen USB -Stick, offenbar von denselben Leuten
übermittelt, denen wir auch die Flugblätter verdanken. Wie gesagt, wir sind mit
Hochdruck um die Klärung der Hintergründe bemüht.«
    »Das will ich hoffen, Wolf, das will ich hoffen.
Vergeuden Sie nicht eine Sekunde! Und sobald Sie etwas Neues haben, will ich
Bescheid wissen, habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
    Noch ehe Wolf etwas antworten konnte, war Schneidewind
wieder draußen.
    »Was war jetzt das?«, stammelte Jo, und auch Terry
stand die Verblüffung ins Gesicht geschrieben.
    Anstelle einer Antwort zog Wolf seine Gitanes heraus
und schob sich eine zwischen die Lippen, bevor er sie seufzend wieder in die
Schachtel zurücksteckte. Unschlüssig sah er seine beiden Kollegen an. »Tja, das
hätte ich auch gerne gewusst. Bereits gestern hat sich Schneidewind so komisch
geäußert, fast hatte ich den Eindruck, er wolle mich, bewusst oder unbewusst,
auf die Islamistenschiene drängen. Und unser Mann im Bundestag, der
Blattner-Schorsch, hat im Rundfunk hochoffiziell in dasselbe Horn gestoßen.
Möchte gar zu gern wissen, warum?«
    »Wieso haben Sie Schneidewind nicht gesagt, was Sie in
Ludwigshafen herausgefunden haben? Das hätte ihn sicher überzeugt.«
    »Vielleicht. Andererseits … ach, vergiss es!
Vielleicht täusche ich mich ja auch, ich hoffe es sogar sehr. Jetzt lasst uns
lieber darüber reden, wie wir weitermachen. Zwei Dinge sollten wir vorrangig
abklären. Erstens: Hatten Kauder und Abul überhaupt irgendwelche Verbindungen
zur Islamistenszene? Also setzt euch noch einmal umgehend mit Hamburg in
Verbindung, notfalls sollen die Kollegen dort die Nachbarn befragen. Und das
Zweite: Ich will endlich wissen, um welche Uhrzeit – genauer gesagt mit welchem
Zug – die beiden in Überlingen eingetroffen sind. Zieht dabei nicht nur die
Fahrpläne, sondern auch die Platzkartenreservierung zurate. Ach ja, was die
Liegezeit der ›Luisa‹ betrifft: Vielleicht könnt ihr ja einen Zeugen
auftreiben, der die Jacht und die Leute darauf beobachtet hat? Beginnt mit den
Nachforschungen in Wasserburg. Und ein Letztes noch: Zu niemandem ein
Sterbenswörtchen über unsere neuesten Erkenntnisse den Islamistenspuk
betreffend, klar? Wir treffen uns wieder um elf. Noch irgendwelche Fragen?«
    »Wo werden Sie sein – ich
meine, wo können wir Sie im Falle eines Falles erreichen?«, wollte Jo wissen.
    »Dezernatsleiterbesprechung beim Chef. Anschließend
telefoniere ich mit Goebbels beziehungsweise seinem Vertreter wegen der
Entwarnung in der Islamistensache.« Er sah auf die Uhr, dann stand er auf. »Ich
muss, Leute, Sommer wartet nicht gerne.«
    »Moment, Chef, eines muss ich noch ansprechen«, hielt
Jo ihn zurück. »Wenn es sich bei der Sache tatsächlich um eine Finte handelt …
in welche Richtung ermitteln wir dann weiter? Ich kann bis jetzt weder ein
Motiv noch Hinweise auf einen anderen Täter als das Kalifat erkennen. Nichts
als lose Fäden! Wir haben ein Boot, das in die Luft gesprengt wird. Wir haben
zwei Tote, von denen wir nicht wissen, ob sie Täter oder Opfer oder vielleicht
sogar beides sind. Und wir haben zwei geheimnisvolle und äußerst lebendige
Verdächtige, über die wir so gut wie nichts wissen. Ohne den Verdacht auf einen
Terrorakt suche ich vergeblich nach Schnittpunkten oder irgendeinem noch so
klitzekleinen Tat- oder Täterhinweis! Wer, frage ich mich, könnte von der
Explosion oder gar der Ölpest einen Nutzen haben? Wenn ich ehrlich sein soll,
habe ich noch nie einen auch nur annähernd so verwirrenden Fall erlebt.«
    »Wie wär’s mit ›waiting for
coincidence‹ ?«, schlug Terry vor und übersetzte seinen Vorschlag
angesichts der hochgezogenen Brauen seiner Kollegen umgehend in geläufiges
Deutsch: »Warten auf einen Zufall, meine ich, auf einen Fehler der Täter …

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