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Seepest

Seepest

Titel: Seepest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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wollen. Das wären nach meiner Kenntnis die ersten
Islamisten, die für ein ausgeführtes Attentat Geld nehmen – das widerspräche
ihrer Ideologie. Und noch was …«
    Wolf erzählte, was er im Restaurant des Ludwigshafener
Hotels herausgefunden hatte. Je länger seine Ausführungen dauerten, desto
breiter grinste Sommer.
    »Ich nehme an, Schneidewind weiß noch nichts davon,
richtig?«
    Wolf wand sich. »Nein … äh, ja – also er weiß es noch
nicht«, bekannte er schließlich.
    Sommers Miene war wieder ernst geworden. »Gibt’s dafür
einen Grund?«
    »Diese Frage, mein lieber Ernst, hab ich mir selbst
schon gestellt. Die Antwort ist … ach, ich kann es nicht erklären. Es hat
jedenfalls nichts mit Schneidewinds rüdem Umgangston zu tun, falls du das
meinst. An den hab ich mich längst gewöhnt. Nein, ich möchte nur gar zu gerne
wissen, warum sich ein Staatsanwalt so vehement auf eine bestimmte Spur
kapriziert. Kannst du mir das erklären?«
    Sommer dachte kurz nach, ehe er eine beschwichtigende
Handbewegung machte. »Auf alle Fälle müssen wir ihn über die neue Sachlage
informieren. Eine Dauerfehde mit der Staatsanwaltschaft können wir uns nicht
leisten. Sind wir uns da einig?«
    Sommers Telefon klingelte. Er entschuldigte sich,
bevor er das Gespräch annahm. Danach hörte er eine Minute lang hochkonzentriert
zu, nur hin und wieder ein »Aha!« oder »Verstanden!« einwerfend, bevor er mit
einem energischen »Bitte beruhigen Sie sich, Hauptkommissar Wolf wird gleich
bei Ihnen sein!« den Hörer zurücklegte.
    Als er sich wieder Wolf zuwandte, wirkte er höchst
beunruhigt. »Du kennst doch Biotecc, draußen in Nußdorf?«
    »Wer kennt die nicht? Vor allem, nachdem sie uns vor
zwei Tagen vor einer Ölpest bewahrt haben.«
    »Das eben war der junge Alex Rottmann. Erich Rottmann,
sein Onkel und gleichzeitig der Oberboss des Unternehmens, wurde um Mitternacht
entführt.«
    »Um Mitternacht? Und wir erfahren erst jetzt davon,
neun Stunden später?« Die Verwunderung in Wolfs Stimme war nicht zu überhören.
    »Die Familie hat seit der planmäßigen Landung seines
Flugzeugs in Ludwigshafen nichts von ihm gehört«, erläuterte Sommer, ohne auf
Wolfs unterschwelligen Vorwurf einzugehen. »Ich habe gesagt, du würdest dich
darum kümmern. Bitte lass alles stehen und liegen. Wir sprechen nach deiner
Rückkehr weiter.«
    Wolf war bereits auf dem Weg zur Tür. »Bin schon weg«,
erwiderte er. »Ich werde Jo mitnehmen.«
    Die
Fahrt ins nahe Nußdorf dauerte gerade mal fünf Minuten. Unterwegs setzte Wolf
die überraschte Jo ins Bild.
    Nachdem sie das Werkstor durchfahren und den Wagen auf
dem Gästeparkplatz abgestellt hatten, kam ein Mann auf sie zugelaufen.
    »Guten Morgen! Hauptkommissar Wolf mit Begleitung,
nehme ich an? Wenn Sie mir bitte folgen wollen. Herr und Frau Rottmann erwarten
Sie bereits.« Er nickte ihnen flüchtig zu, bevor er sie zum Eingang des
pompösen Verwaltungsgebäudes führte und nach Durchqueren der Halle in den
Aufzug bat.
    Während der Fahrt nutzte Wolf die Gelegenheit, ihren
Begleiter unauffällig zu mustern. Der Mann war hochgewachsen, deutlich über
eins achtzig, mit scharf geschnittenem Profil und drahtigem, muskulösem
Körperbau. Die dünnen blonden Haare trug er streng nach hinten gekämmt und zu
einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Obwohl er anscheinend über geschliffene
Umgangsformen verfügte, rechnete Wolf ihn nicht zu den höheren Chargen. Die
vernarbten Wangen und sein ständiges Schniefen bestärkten ihn in seiner
Meinung.
    Die Begrüßung durch die Rottmanns fiel bemerkenswert
kühl aus. Lag es an Wolfs skurriler Kopfbedeckung, die von beiden skeptisch
beäugt wurde, oder war ihnen aus irgendeinem Umstand der Umgang mit Polizisten
zuwider? Letzteres hätte Wolf durchaus verstanden. Entführungen stellten für
alle Beteiligten eine Extremsituation dar. Sie wirbelten jede Menge Staub auf,
noch dazu, wenn es sich bei dem Opfer um den Boss eines mächtigen
Familienunternehmens handelte. Klar, dass sich solche Leute höchst ungern in
die Karten blicken ließen.
    »Danke, dass Sie gleich gekommen sind.« Die Stimme von
Ulla Gauß-Rottmann ließ keinerlei Emotionen erkennen. Mit einer einladenden
Armbewegung wies sie auf einen monströsen Konferenztisch, der nach Wolfs grober
Schätzung gut dreißig Personen Platz bot und den Raum dominierte. Zu seiner
Überraschung bezog ihr Wink auch den jungen Mann mit ein, der sie kurz zuvor
auf dem Parkplatz abgeholt hatte.
    Während sie

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