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Seerache

Seerache

Titel: Seerache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Dr. Reichmann ist ein genauer Nachweis so gut wie unmöglich. Allerdings hat ihre Theorie einen hohen Wahrscheinlichkeitswert. Sie ist sich jedenfalls sicher, dass die Wunde von einem Eisgeschoss herrührt, das sich nach dem Einschlag in seinen ursprünglichen Aggregatzustand zurückverwandelt hat, nämlich Wasser. Solche Eisprojektile lassen sich problemlos mit einem Luftgewehr verschießen.«
    »Also praktisch geräuschlos«, warf Vespermann ein.
    »Genau.« Jo nickte. »Normalerweise werden dafür Bleigeschosse verwendet. Die kann man selbst gießen, dafür bietet der Waffenhandel Formen an.«
    »Entschuldige mal, wer greift denn heute schon zu einem Luftgewehr, wenn er jemanden um die Ecke bringen will? Noch dazu bei geschlossener Fensterscheibe?«, fragte Wolf zweifelnd.
    »Wenn ich Ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen darf, Chef: Der Mann fuhr ein Cabrio. Und was das Umbringen angeht, das hat Hörmann schon selbst besorgt. Erinnern Sie sich doch mal an den Unfallverlauf. Er passiert den Bahnübergang, unmittelbar danach folgt die scharfe Linkskurve, er drückt auf die Tube, beschleunigt in wenigen Sekunden auf hundertzwanzig. Plötzlich spürt er eine Art Einstich auf der Stirn – alles andere als tödlich, gewiss, aber es reicht, um ihn zu erschrecken. Für den Bruchteil einer Sekunde wird er abgelenkt, er prallt auf die Felswand rechts neben der Straße und aus die Maus.«
    Unvermittelt hob Wolf die Hand. »Achtung, Grabert biegt da vorne rechts ab. Das ist die Hermann-von-Vicari-Straße. Was hat er vor? Und wieso hat er es plötzlich so eilig? Wenn ihr mich fragt: Irgendetwas ist da faul.«
    ***
    »Muchas Gracias, Doc.«  Henning schüttelte dem Arzt die Hand. »Und keine Sorge, ich nehm sie unter meine Fittiche.« Lächelnd wies er auf Karin Winter, die, von den zurückliegenden Ereignissen offenbar gänzlich unbeeindruckt, gerade in ihre Jacke schlüpfte. Zusammen mit Comisario Sanchez verließen sie die Praxis.
    Vor dem Haus erwartete sie ein Zivilfahrzeug der spanischen Polizei.
    »Sie haben mich auf der Finca nach  G.E.T.  gefragt, Señor Wolf«, meinte Sanchez, nachdem der Fahrer sich in den fließenden Verkehr eingefädelt hatte. Gespannt sahen Henning und Karin Winter ihn an. »Ich verrate Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich sage, dass unter dieser Bezeichnung hier in Palma ein Dienstleistungsunternehmen firmiert.«
    »Ja. In der Calle San Miguel, das wissen wir bereits.«
    »Das Unternehmen befasst sich mit … wie soll ich sagen? Mit Geldgeschäften, genauer: mit Finanzierungs- und Vermögensberatung.«
    »Also doch.« Katrin Winter nickte zufrieden.
    »Die  G.E.T.  befindet sich schon seit Längerem im Fokus unserer Ermittlungsbehörden. Weniger wegen Verstößen gegen spanisches Recht«, er lächelte etwas säuerlich. »Sie können sich vielleicht vorstellen, dass Geschäfte dieser Art in Spanien und ganz besonders hier auf den Balearen mit einer gewissen … nun, in Deutschland würde man sagen: einer gewissen Hemdsärmeligkeit betrieben werden. Nein, den Ausschlag haben Beschwerden und Anfragen aus Ihrem Heimatland gegeben. Dort sollen Anleger in großem Stil geschädigt und sogar in den Selbstmord getrieben worden sein.«
    »Geschädigt wodurch?«
    »Durch dubiose Finanzprodukte.«
    »Könnten Sie vielleicht etwas genauer werden, Señor? Was genau muss ich mir darunter vorstellen?«, fragte Karin Winter.
    »Nun, ich kenne mich in der Branche nicht so gut aus. Wenn ich es richtig verstanden habe, verhökert – so sagt man doch bei Ihnen – die Gesellschaft irgendwelche Immobilienanteile.«
    »Verhökern? Soll das heißen, mit den Anteilen stimmt etwas nicht? Handelt es sich vielleicht um Schrottimmobilien?«
    »Möglich. Ich weiß es nicht, ich bin kein Fachmann. Leider sind auch die Beschuldigungen der Geschädigten überaus vage. Es scheint, als genierten sich die Leute, Details über ihre Geschäfte mit  G.E.T.  zu nennen – weiß der Himmel, warum. Jedenfalls haben wir die ständigen Anfragen zum Anlass genommen, der  G.E.T.  unsere besondere Aufmerksamkeit zu schenken …  Mierda , was ist denn da vorne los?«
    Der Verkehr, in Palmas Altstadt von Natur aus zäh, war inzwischen völlig zum Erliegen gekommen. Einige Fahrer waren bereits ausgestiegen und plauderten miteinander, ein Indiz dafür, dass an schnelles Weiterkommen nicht zu denken war. Soweit Henning erkennen konnte, befanden sie sich bereits kurz vor ihrem Ziel.
    Sanchez ließ einen Schwall spanischer

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