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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Vortag die Reifen zerschnitten hatten. Abrupt stand sie auf und strebte mit schnellen Schritten dem Ausgang zu. Ihr Stuhl war polternd hintenüber gefallen, die Gespräche im Konferenzraum waren verstummt, alle Blicke auf sie gerichtet. Vergeblich rief Matuschek hinter ihr her und machte gar, als er keine Antwort erhielt, Anstalten, ihr nachzulaufen. Er konnte die Flüchtende aber nicht mehr einholen.
    Und doch war Karins Reaktion alles andere als eine Flucht. Jetzt, da sie zu wissen glaubte, wer hinter der mysteriösen Botschaft steckte, wollte sie sich Gewissheit verschaffen.
    Nein, sie würde sich nicht einschüchtern lassen. Sie nicht!
    An ihrem Arbeitsplatz schaltete sie den Monitor aus, raffte Jacke und Tasche zusammen und lief mit großen Schritten zum Ausgang. Unter der Tür prallte sie mit dem Büroboten zusammen, der, wie jeden Morgen um diese Zeit, die Redaktionspost brachte. Hastig murmelte sie eine Entschuldigung und drückte sich an ihm vorbei. Auf dem Weg nach unten kramte sie nach ihren Wagenschlüsseln.
    Nur wenig später stellte sie auf dem Burgberg ihren Wagen ab und ging entschlossen die wenigen Schritte zu ihrem Wohnhaus hinüber. Obwohl das dreistöckige Gebäude über einen Aufzug verfügte, nahm sie die Treppe. Niemand begegnete ihr. Als sie den zweiten Stock erreichte, drückte sie zuerst leicht, dann kräftiger gegen ihre Wohnungstür, um schließlich, als sie sich nicht bewegen ließ, das Schloss zu untersuchen. Weder dort, noch am Türblatt oder dem Rahmen waren Spuren eines gewaltsamen Eindringens zu erkennen.
    Karin holte tief Luft. Dann schloss sie vorsichtig auf. Sekundenlang lauschte sie auf jedes Geräusch, ehe sie zögernd eintrat. Auf den ersten Blick waren keine Veränderungen zu erkennen. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, durchschritt sie zunächst den Flur, überzeugte sich im Vorübergehen, dass Bad und Gästetoilette leer waren, bis sie schließlich den Wohnraum erreichte.
    Obwohl sie durch das Foto vorgewarnt war, traf sie der Anblick wie ein Schock. Genau im Zentrum der Tischplatte lag, von einer kleinen rötlichen Lache umgeben, das Auge. Herausfordernd, fast spöttisch glotzte es zu ihr hoch – ein geradezu monströser Anblick. Wirklich unheimlich aber war etwas ganz anderes: Von welchem Standort aus sie auch hinsah, stets starrte das Auge genau auf sie. Sie musste sich wegdrehen, um gegen den aufkommenden Brechreiz anzukämpfen.
    Ihr verdammten Schweine, stöhnte sie innerlich. Wartet nur, ihr sollt mich kennenlernen!
    * * *
    Die Oberschwester der Intensivstation wirkte dauergestresst. Fahrig setzte sie ihre Lesebrille auf, ehe sie den Dienstplan zur Hand nahm. Ein ganz normaler Chaostag, dachte sie resigniert, während sie mit dem rechten Zeigefinger über die bunt unterlegten Felder mit den eingetragenen Namen fuhr. Endlich hatte sie sich Klarheit verschafft. Sie räusperte sich und begann mit knappen Worten, den anwesenden Mitarbeitern, drei jüngeren Schwestern und einem Pfleger, ihre Arbeit zuzuteilen, als sich schnelle, schlurfende Schritte näherten. Auf ihrer Stirn bildeten sich Unmutsfalten – wenn sie eine Störung hasste, dann bei der Arbeitsbesprechung. Sie hob den Kopf.
    Ein Mann, leicht außer Atem, stand unter der Tür des Schwesternzimmers, ganz offensichtlich ein Patient. Vage deutete er mit seiner Krücke den Flur hinunter. »Kommen Sie schnell, da vorne ist einer umgekippt«, nuschelte er aufgeregt und trat gerade noch rechtzeitig einen Schritt beiseite, ehe er von den hinausdrängenden Schwestern und dem Pfleger umgerannt wurde.
    Im Vorüberhasten warf die Oberschwester einen schnellen Blick in das gegenüberliegende Ärztezimmer. Es war leer. Dann eilte sie ihren Mitarbeitern nach, die auf der Suche nach dem Gestürzten bereits verschwunden waren.
    Kopfschüttelnd kehrten die fünf wenig später ins Schwesternzimmer zurück. Ein merkwürdiger Scherz, den der Mann da mit ihnen getrieben hatte; weit und breit hatte niemand herumgelegen, auf den Fluren und vor den Zimmern nichts als die übliche Routine.
    Der Mann selbst war wie vom Erdboden verschluckt. Als die Oberschwester nach ihm Ausschau hielt, fielen ihr lediglich zwei Krücken auf. Sie lehnten an der Wand neben dem Ärztezimmer und glichen aufs Haar jenen, die der Patient vor wenigen Augenblicken noch benutzt hatte. Seltsam! Ob sie den

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