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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Pressekonferenz vorbereiten.«
    Diese Mitteilung verdarb Wolf endgültig die Laune. Mürrisch blies er das Streichholz aus, mit dem er seine Zigarette angezündet hatte und nahm einen tiefen Zug.
    * * *
    An der Ausfahrt Birnau fuhr Karin Winter von der vielbefahrenen B 31 herunter und steuerte den Parkplatz der Wallfahrtskirche an. Um diese Jahreszeit war der Strom der Touristen bereits deutlich abgeebbt, ohne Mühe fand sie eine freie Parkbucht, in der sie ihren Wagen abstellen konnte. Sie nahm ihre Tasche heraus, schloss das Fahrzeug ab und spazierte – unauffällig ihre Umgebung musternd – in Richtung Basilika.
    Sie konnte nichts Verdächtiges entdecken – auch nicht den weißen Fiat, der seit Überlingen wie eine Klette an ihr gehangen und ebenfalls die Abfahrt Birnau genommen hatte. Es war, als hätte sich die Karre in Luft aufgelöst! Dabei war sie felsenfest davon überzeugt, dass sie beschattet worden war. Zu dumm, dass das Gesicht des Fahrers hinter der spiegelnden Frontscheibe nicht zu erkennen gewesen war.
    Am Eingang zur Basilika kam es wie meist zu einem kleinen Stau. Sie atmete erleichtert auf, als sie endlich den Innenraum erreichte. Ohne Hast steuerte sie die rechte Seite des Schiffes an und musterte unter halb gesenkten Lidern die Menschen um sich herum. Ganz außen in der ersten Reihe fand sie einen freien Platz, gewissermaßen auf Tuchfühlung mit der prächtigen Allegorie des »Honigschleckers« von Josef Anton Feuchtmayer.
    Nach einem kurzen Moment der Besinnung beugte sie sich nach vorne und saß eine Weile wie betend da, dabei unaufhörlich die Lippen bewegend. Jeder aufmerksame Beobachter musste den Eindruck gewinnen, einer stummen Zwiesprache mit dem Herrn beizuwohnen.
    In Wirklichkeit galten Karins Worte Hauptkommissar Wolf, dessen Nummer sie über die Kurzwahltaste ihres Handys gewählt hatte und der nun mit ungläubigem Staunen den Worten lauschte, die sie, äußerlich unbewegt, in ihr Headset hauchte. Dieses Wunderding hatte sie aus den USA mitgebracht. Es war winzig klein, beinahe unsichtbar, noch dazu aus hautfarbenem Kunststoff – wie geschaffen für eine investigative Reporterin!
    Â»Wenn ich’s Ihnen doch sage, Herr Wolf: ein Auge, vermutlich von einem Pferd oder einem Rind. Es kann erst vor Kurzem einem Körper entnommen worden sein, jedenfalls sah es ganz feucht und schleimig aus, einfach ekelhaft! Was meinen Sie, was soll ich tun?« Sie hörte einige Zeit zu, ehe sie für Wolf den Text wiederholte, der auf der Rückseite des Bildes gestanden hatte. »Ach ja, noch was: Ich bin extra bis zur Birnau gefahren, weil ich wissen wollte, ob die Leute mich beschatten, und mir ist tatsächlich ein Wagen gefolgt … Wie bitte? … Na, hören Sie, für solche Dinge hab ich ein Auge.« In einem Anflug von Galgenhumor dachte sie, dass es inzwischen sogar drei waren. »Ich kann Ihnen das Fahrzeug genau beschreiben: Ein weißer Fiat Stilo mit folgender Nummer …«
    Sie nannte ihm das Kennzeichen, worauf einige Sekunden verstrichen. Wolfs Antwort empörte sie sichtlich; sie musste sich zusammennehmen, um ihre Rolle als Betende nicht auffliegen zu lassen. »Aber sicher hatte ich die Wohnung abgeschlossen«, flüsterte sie eindringlich, »ich bin doch nicht meschugge! … Nein, ich hab keinen Schimmer, wie die Leute da reingekommen sind, niemand hat einen Schlüssel. Das ist es ja, was mich so beunruhigt.«
    Wieder hörte sie ihm eine Weile zu, bis sie schließlich erklärte: »Also werde ich nach außen hin jeden Kontakt zur Polizei unterlassen und so tun, als würde mich der ganze Fall nicht mehr interessieren. Na prima! … Irgendwie hab ich Angst, das sag ich ganz offen. Diese Leute sind unberechenbar!«
    * * *
    Eine volle Stunde hatte Vögelein am Bett des Kollegen Sammet gesessen, hatte versucht, ihn mit allerlei Geschichten etwas zu unterhalten oder wenigstens abzulenken, als wäre er ein echter Besucher, während Sammet mit leidender Miene seine Sonden und Schläuche zusammenhalten und den Halbtoten markieren musste, dabei stets ein Auge auf seine Umgebung gerichtet und bereit, sich von jetzt auf nachher von seinem Lager zu erheben und einen potenziellen Mörder festzunehmen, sollte der ihn ins Jenseits befördern wollen.
    Inzwischen hatte sich Vögelein sogar an die Geräuschkulisse

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