Seeteufel
konfrontierte.« Hier legte Wolf eine kleine Kunstpause ein.
»Spannen Sie uns nicht auf die Folter. Hat die Frau die beiden Männer wiedererkannt?«, drängte Jo.
»Tja, zunächst nicht. Sie blieb, gelinde gesagt, skeptisch â bis ihr einfiel, dass einer der Männer, die das Arsen gestohlen haben, eine Warze unter dem Kinn hatte, wie die auf dem Phantombild. Um es kurz zu machen: Die Täter von Augsburg und die von uns gesuchten Männer sind identisch. Das hat jetzt auch unsere Technik bestätigt.« Triumphierend schwenkte er den Laborbericht hin und her, den er vor wenigen Minuten von Jo erhalten hatte.
»Das Augsburger und das Ãberlinger Arsentrioxid ebenso?«
»So ist es.«
»Heiliger Strohsack«, flüsterte Jo beinahe andächtig.
Vögelein nickte verhalten. »Damit wäre eines der vielen Rätsel gelöst. Aber hilft uns das wirklich weiter?«
Wolf, der entschlossen sein Barett zurückschob, wollte Hannos Einwand nicht gelten lassen. »Herrje, jetzt gehtâs aber los! Ich finde, wir sind einen Riesenschritt vorangekommen.« Er sah, um Antwort heischend, auf Jo.
»Nun, wenn ich ehrlich sein soll â¦Â«
»Pah, euer Kleinmut enttäuscht mich. Niemand wird uns fertige Täter backen. Im Ãbrigen ist das auch gar nicht nötig â wir kennen sie ja bereits.«
»Wir kennen die Täter? Sollte ich da was verpasst haben?«, fragte Vögelein mit erhobenen Brauen.
»Ihr habt richtig gehört. SchlieÃlich waren wir ihnen schon mehrfach dicht auf den Fersen. Seit heute wissen wir sogar, wie sie in den Besitz des âºWeiÃen Giftesâ¹ gekommen sind. Gut, wir kennen die genaue Identität der Leute noch nicht â¦Â«
»Ach, wennâs nur das ist«, spöttelte Jo, die offenbar vergeblich zu verstehen suchte, wie Wolf die aus ihrer Sicht ins Stocken geratenen Ermittlungen derart positiv bewerten konnte.
»Immerhin haben wir drei StoÃrichtungen«, fuhr Wolf unbeirrt fort. »Erstens: die Nachlassregelungen der Mordopfer, speziell der vermögenden alten Witwen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie einer der Schlüssel zur Aufklärung der Giftmorde sind. Zweitens: der Audifahrer, dieser ⦠wie hieà er noch gleich?«
»Hartmut Neidling.«
»Richtig. Alibi hin, Alibi her, an dieser Spur sollten wir dranbleiben. Und schlieÃlich drittens: Wir kennen aus dem Augsburger Fall sogar den Namen eines der Tatbeteiligten: Gabriel Bretschwiler â vorausgesetzt, bei dem Rezept handelte es sich nicht um eine Fälschung. Dieser Bretschwiler ist bereits zur Fahndung ausgeschrieben.« Wolf hatte sich regelrecht in Rage geredet. Nach einem tiefen Atemzug schloss er mit einem »Und das alles soll uns nicht weiterhelfen?« Dabei starrte er herausfordernd auf Jo und Vögelein.
Jo, die während seiner letzten Worte unruhig hin und her gerutscht war, nickte. »Also gut. Was machen wir nun konkret?«
»Das fragst du noch?« Wolf lächelte bereits wieder. »Ich werdâs dir sagen: Du kümmerst dich um die Nachlassregelungen, und zwar pronto . Nimm dir zunächst die jüngste Tote vor. Wenn du ohne richterlichen Beschluss nicht weiterkommst, komm zu mir. Ab sofort werden die Samthandschuhe ausgezogen, keiner dieser Rechtsverdreher soll sich mehr mit Schweigepflicht herausreden können.«
»Hab verstanden.«
»Nun zu dir, Hanno.«
»Weià schon, ich soll mich um Neidling kümmern.«
»Du hastâs erfasst. Such ihn noch einmal auf, verunsichere ihn, frag ihm Löcher in den Bauch, zieh sein Alibi in Zweifel, stell ihm meinetwegen Fangfragen, was weià ich. Vielleicht macht er ja einen Fehler.«
»Falls er der ist, für den Sie ihn halten.«
»Falls nicht, wird erâs verwinden. Es steht inzwischen mehr auf dem Spiel als der Seelenfrieden eines möglicherweise unschuldigen Angestellten. Keine Samthandschuhe, vergiss das nicht.«
Vögelein kaute auf der Unterlippe. »Soll ich nicht gleich mit einem Durchsuchungsbeschluss anrücken? Vielleicht sogar zeitgleich einen Kollegen zu Neidlings Glaubensbruder schicken, der ihm das Alibi gab? Ich meine, wenn die beiden wirklich das sind, wofür Sie sie halten, dann könnten sie durch eine neuerliche Vernehmung gewarnt werden und belastende Gegenstände verschwinden lassen. Perücken zum Beispiel.«
»Nein, den groÃen
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