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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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41
    Winter sah den See zum ersten Mal bei Lochend. Er sah aus wie ein Fjord, die Berge waren hoch auf der anderen Seite des Wassers, das schwarz und weiß schimmerte.
    »Wie ist es denn jetzt mit dem Ungeheuer?«, fragte Winter. Er meinte eine Bewegung auf der Wasseroberfläche zu sehen. Er zeigte dorthin.
    »Nessie?« Macdonald folgte seinem Blick. »Sie hält sich versteckt.«
    »Gibt es sie?«
    »Natürlich«, sagte Macdonald.
    »Das musst du ja sagen«, sagte Winter. »Die Touristenbranche steht und fällt doch mit dem Ungeheuer.« Er sah Wegschilder, die die Loch Ness Monster Exhibition in Drumnadrochit ankündigten, eine halbe Meile down the road. Das Wasser links glitzerte immer noch schwarz und weiß.
    »So einfach ist das nicht«, sagte Macdonald.
    »Was meinst du damit?«
    Macdonald antwortete nicht. Er sah ernst aus.
    Winter lachte auf.
    »Come ON, Steve.«
    Macdonald schaute über den See, der hier breiter war. »Es gibt Stellen«, sagte er.
    »Was für Stellen? Stellen, wo man sie sehen kann?«
    Macdonald nickte schwach.
    »Weißt du etwas, das kein anderer weiß?«
    »Vielleicht«, sagte Macdonald.
    »Aber du willst es nicht verraten?«
    »Manche Geheimnisse müssen geheim bleiben«, sagte Macdonald.
    »Die erste Regel der Kriminalkommissare«, sagte Winter.
    »Nessie ist nicht angeklagt, soweit ich weiß«, sagte Macdonald.
    Winter sah ihn an, drehte sich auf dem Sitz um.
    »Du magst das Ungeheuer offenbar, Steve. Du glaubst wirklich daran.«
    »Es hat sie immer gegeben«, sagte Macdonald mit unschuldigem Gesicht, und Winter konnte nicht erkennen, ob er es ernst meinte oder ob es eine Art subtiler Scherz war.
    »Nessie ist ein Teil meiner Jugend.« Macdonald sah Winter an.
    »Ein andermal werde ich dir was zeigen«, sagte er. »Warum nicht jetzt?«
    »Falsche Jahreszeit.« Macdonald schaute übers Wasser.
    »Vielleicht die falsche Jahreszeit.«
    Kurz vor Drumnadrochits Dorfgrenze sah Winter das Ungeheuercenter auftauchen. Keinem Vorbeifahrenden konnte es entgehen. Links war immer noch das Wasser zu sehen. Weit unten im Süden, wo der See zu Ende war und zum schmalen River Oich wurde, war Axel Osvald seinem Tod begegnet, vielleicht in verwirrtem Zustand. Vermutlich. Was war es? Gab es etwas Böses dort unten, hinter Nessie-Ausstellungen und idiotischer Touristenindustrie und Ungeheuerlegenden und mittelalterlichen Ruinen, die wie zerstörte Sandburgen um den Loch Ness herumstanden ... gab es das? War Axel Osvald dem begegnet? Wen hatte er getroffen, wen? Warum hier? Warum gerade hier?
    »Ich habe Durst«, sagte Macdonald, bog von der Straße ab und parkte vor »Hunter's Bar & Restaurant«, das direkt gegenüber The Loch Ness Monster Exhibition lag.
    »Hast du die Ausstellung gesehen?«, fragte Winter.
    »Das brauche ich nicht«, sagte Macdonald.
    »Jetzt hast du so viel angedeutet, dass ich bald so weit bin, dich zu bitten, mit mir einen ernsthaften Versuch zu machen, das Ungeheuermysterium zu lösen«, sagte Winter. Er stieg aus dem Auto. »Wir werden weltberühmt.«
    »Ich will nicht berühmt werden«, sagte Macdonald. »Ich will nur reich werden.« Er war ausgestiegen und schloss das Auto mit der Fernbedienung ab. »Wie du.«
    »Aber ich will nur berühmt werden«, sagte Winter.
    Sie betraten die Bar. An der Wand hing ein Filmplakat, das für eine zehn Jahre alte Hollywoodproduktion über den Ungeheuermythos warb, mit Ted Danson in der Hauptrolle. Winter war nicht enttäuscht, dass er den Film nicht gesehen hatte.
    Macdonald bestellte zwei Pints schottisches Ale.
    Sie setzten sich an einen Fenstertisch mit Ausblick auf die Urquhart-Castles-Ruinen. Auf dem Wasser war ein Schiff. Es sah aus wie ein Zerstörer. Vielleicht gab es Sonarsysteme an Bord. Winter wusste nur so viel: In den letzten beiden Jahrzehnten hatte man den See regelmäßig mit speziellen Suchsystemen nach Spuren abgesucht. Das erinnerte stark an die Jagd der schwedischen Marine nach fremden U-Booten im Härsfjärden vor gar nicht so langer Zeit. Niemand hatte je etwas gefunden, aber viele behaupteten, etwas gesehen zu haben.
    Das meiste baute auf Mythen auf.
    »Im Ernst«, sagte Macdonald mit Aleschaum auf der Oberlippe, »man kann nicht alle Geschichten über Nessie als Mythos abtun.«
    »Ach nein?«
    Macdonald machte eine kleine Bewegung mit der Linken.
    »Viele, die hier um den See wohnen, haben merkwürdige Geschichten zu erzählen. Aber die behalten sie meistens für sich. Sie haben keine Lust, sich zum Gespött von

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