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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Pfleger, während der Verrückte mit seiner übersteuerten Gitarre gegen die Wände anrannte, Anfall um Anfall. Lookout For Hope. Halt Ausschau nach Hoffnung.
    »Herr im Himmel«, rief Angela, »Elsa schläft!«
    Winter regelte die Lautstärke herunter.
    Angela griff nach der Hülle und las: »Gone, Just Like A Train.«
    »Guter Titel.«
    »Wenn der Zug pünktlich fährt«, sagte sie.
    Er stellte die Musik so leise, dass sie kaum noch zu hören war.
    »Bist du nackt unter dem Bademantel?«, fragte er.
    Sie legte die Hülle weg und sah ihn an.
    »Komm her und setz dich auf meinen Schoß«, sagte er.

11
    Aneta Djanali war wieder in den vier Jahreszeiten. Mit Vivaldi hatten sie nichts zu tun. Dies waren Häuser und Straßen, die auf Heavy Metal errichtet waren. Ein Haus war eben halb weggesprengt worden. In der Luft hing immer noch Betonstaub. Eine Abrissbirne schwankte im Himmel wie ein Pendel. Und auch ein dumpfer Widerhall der Explosion war noch zu hören.
    Es war, wie in einen Krieg zu fahren. Sie bog nach links und noch einmal nach links ab. Krieg gegen die Vororte im Norden.
    »Gut, dass sie den Scheiß abreißen«, sagte Sigge Lindsten.
    »Ach?«
    »Wer will hier schon wohnen?« »Zum Beispiel Ihre Tochter.«
    Sie sah ihn an. Er schaute weg. Sie musste an einer Wegsperre halten. Ein Soldat hob die Hand, wedelte mit seiner Uzi. Nein. Ein Betonarbeiter zeigte ihnen mit einem Spaten den Weg um die Sperre herum. In naher Ferne grollte es. An einem Auto, das hinter dem Arbeiter parkte, waren Kratzer im Lack. Die Sprengmatten waren grobmaschig. Steine fielen vom Himmel.
    »Es war ein Fehler«, sagte Lindsten.
    »Dass sie hierher gezogen ist?«
    »Ja.«
    »Warum ist sie überhaupt hierher gezogen?« »Zurück«, sagte Lindsten. »Wie bitte?«
    »Sie sind zurückgezogen. Sie und ... Forsblad«, sagte Lindsten, und sie hörte, wie schwer es ihm fiel, den Namen in den Mund zu nehmen. Er spuckte ihn schnell aus und wischte sich über die Lippen. »Es ist nämlich so . wir haben hier gewohnt, bevor wir nach Fredriksdal gezogen sind.« Jetzt sah er sie an. »Das hier ist sozusagen die Heimat der Familie Lindsten.« Er lachte auf, eine Art metallisches Lachen, das schwer und hoffnungslos klang. Heavy Metal, dachte Aneta Djanali. »Hier hat es nicht immer so ausgesehen. Schön war es wohl nie, aber es gab was anderes . eine Art Lebenskultur um die Fabriken herum.« Er drehte den Kopf. »Es war wirklich eine Art Heimat.«
    Sie nickte.
    »Alle hatten mit den Fabriken zu tun.« Er krächzte wieder sein Lachen hervor, das wie Eisenspäne kratzte. »Und alles kreiste um uns.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Tja . da gab es wohl niemanden, der dachte, er würde dem entkommen.«
    »Sie sind entkommen.«
    »Ja.«
    »Sehen Sie es so? Entkommen zu sein?« »Nein.«
    »Warum sind Sie dann weggezogen?«
    »Na ja, meine Frau hat etwas Geld geerbt, sie wollte gern in einem eigenen Haus wohnen, und sie stammt aus Mölndal.«
    So war das also, dachte Aneta Djanali, den Rest dürfen sich die Zuhörer selbst zusammenreimen.
    »Als Anette zu Hause ausziehen wollte . das war vor ein paar Jahren, wurde eine Wohnung frei, die eine meiner Kusinen gemietet hatte, na ja, und die hat Anette gekriegt.«
    »Ein ganzes Stück von zu Hause entfernt«, sagte Aneta Djanali.
    »Sie fand es aufregend. Jedenfalls hat sie das gesagt.« »Ist sie sofort mit Forsblad zusammengezogen?« »Nein.«
    »Waren sie damals schon zusammen?« »Ja.«
    »Was hielten Sie davon, als sie zusammenzogen?«
    Lindsten wandte sich wieder ihr zu.
    »Müssen wir dauernd über den verdammten Forsblad reden?«
    »Denken Sie nicht die ganze Zeit an ihn?«
    Lindsten antwortete nicht.
    »Wann haben Sie zuletzt mit ihm gesprochen?«
    »Das hab ich vergessen.«
    »Verdrängt?«
    »Was?«
    »Vielleicht haben Sie es verdrängt?«, sagte sie.
    »Verdrängt . ja . verdrängt. Ja. Das hab ich getan.«
    Sie sah einen anderen Ausdruck in Lindstens Gesicht. Er schien sich zu entspannen. Sie hatte etwas gesagt. Was war das? Dass er die Erinnerung an den Mann seiner Tochter verdrängt hatte?
    Später würde sie sich an dieses Gespräch erinnern müssen. Vielleicht würde es dann zu spät sein.
    Sie hielten vor einem Gebäude, das aus einem einzigen riesigen Block bestand.
    »Solche verdammten Kolosse hat es damals nicht gegeben.« Lindsten nahm plötzlich das Thema von vorhin auf. »Die sind später gebaut worden, als man glaubte, man könnte eine halbe Million Sklaven in einem Reservat

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