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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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wieder Tische und Stühle auf die Straße gestellt. Stadtbewohner bewegten sich durch die Straßen. Es roch nach gegrilltem Fleisch und lauem Wind von Süden. Draußen auf der Övre Husargatan hörten sie das Sirenengeheul eines Krankenwagens.
    »Someone eise is in trouble«, sagte Halders. »In the night I hear a siren. Someone eise is in trouble. I am not the only one.« Er startete das Auto wieder. »Eric Burdon and The Animals.«
    Sie fuhren durch die Allen.
    »Ich bin froh, dass du mitkommst, Fredrik.«
    »Man ist ja schließlich auch neugierig.«
    Das Licht der Jahreszeiten war verloschen und der Kontrast zum Zentrum groß. Aus den riesigen Fabrikschornsteinen qualmte es, oder war es Dunst, der plötzlich aus der Wärme stieg?
    Die Häuser türmten sich auf wie ein Atlantikkreuzer im Trockendock, mit erleuchteten Kajütenfenstern.
    Auf den Straßen waren keine Menschen. Schatten, aber keine Menschen. Hin und wieder fuhr ein Auto vorbei, aber sie schienen führerlos zu sein. Es gab keine Straßencafes.
    »Sehr gemütlich«, sagte Halders.
    »Es ist neuerdings in hier zu wohnen«, sagte Aneta Djanali.
    »Ich weiß. Warum sind wir sonst hier?«
    »Da ist es«, sagte sie und nickte zu dem Gebäude hin.
    »Himmel«, sagte Halders, »endet dieses Hausmonster auch irgendwo?«
    Die Fahrstuhlwände waren mit bunter Farbe bedeckt, einer Schicht über der anderen. Manche nannten das Graffiti. Halders starrte voller Hass auf das Geschmier. Vor gar nicht so langer Zeit hatte das schwedische Fernsehen im Fahndungsdezernat nach einem Polizisten gefragt, der an einer Debatte »Graffiti oder Geschmier«, »Kunst oder Zerstörung« zur besten Sendezeit teilnehmen könnte. Ein Spaßvogel in der Zentrale hatte das Gespräch zu Möllerström durchgestellt, und Möllerström schien auch Humor zu haben, denn er hatte es zu Halders weitergeleitet, und der hatte zugesagt.
    Birgersson war es gelungen, das Ganze im letzten Moment abzuwenden. Um deinetwillen, hatte er zu Halders gesagt. Die Wahrheit muss doch mal raus, hatte Halders gesagt. Bald, hatte Birgersson gesagt, bald. Der Polizeichef hatte jemanden von einem Dezernat geschickt, das niemand kannte, und Halders hatte sich den Mist nicht angesehen.
    »Wann hast du zuletzt in einem solchen Haus einen Spiegel im Aufzug gesehen?«, fragte er und wandte sich an Aneta Djanali, die sich auf die Ankunft in dem Stockwerk dort oben vorbereitete.
    »Früher, vor deiner Zeit«, fuhr Halders fort und lachte, »gab es überall Spiegel. Herr im Himmel, es ist fast bewunderungswürdig, wie naiv die damals waren!«
    »Es war Zukunftsglaube«, sagte Aneta Djanali. »Sei nicht so zynisch. Man glaubte das Beste von den Mitbürgern.«
    »Zynisch? Ich?«
    »Es gibt immer noch Spiegel in Aufzügen«, sagte sie.
    »In den Hotels im Zentrum, dort ja. Und in Winters Haus.«
    »Bist du bereit?«, fragte sie.
    Halders beobachtete die Stockwerkanzeige über der Fahrstuhltür und nickte.
    Der Fahrstuhl hielt.
    Die Tür öffnete sich automatisch.
    Alle Wohnungstüren im Treppenhaus waren geschlossen.
    Über ihnen ging das Licht aus, als sie die Tür erreichten. Dort drinnen war Licht.

25
    Kriminalinspektor Lars Bergenhem würde im nächsten Jahr dreißig werden, und er betrachtete seine Zukunft durch ein undurchsichtiges Fenster. Es war beschlagen, kalt, wenn er es berührte. Er konnte einfach nicht hinaussehen. Er hörte Geräusche, aber das waren nur Autos auf dem Weg zu den Fähren und den Inseln in den nördlichen Schären.
    Er versuchte an das zu denken, was er gerade gehört hatte. Denken, denken.
    Es war Abend, aber noch nicht spät.
    Er hatte zwei Tage frei. In der Zeit könnte er es schaffen, in Gesellschaft der Allman Brothers gegen eine Bergwand in die Ewigkeit zu fahren.
    Wollte er? Oder ... wollte er jubeln? War er frei?
    Frei, was zu tun?
    Ada würde immer da sein. Sie war jetzt fünf Jahre alt. Martina würde auch immer da sein.
    Mit dem Auto gegen eine Wand zu fahren war eine feige Methode, sich von dem ganzen Scheiß zu befreien.
    »Es geht nicht mehr«, hatte sie gesagt.
    »Was geht nicht mehr?«
    »Bist du blind? Taub?«
    Er dachte an ihre Worte vorm Fenster. Blind war er jetzt, nicht taub. Sich vorzustellen, blind und taub zu sein! Würde man dann mit der Zeit auch stumm werden?
    Schlief Ada? Konnte sie das?
    »Ich bin weder blind noch taub«, hatte er geantwortet.
    »Findest du . es geht uns gut?«, hatte sie gefragt. Gut und gut. Was war gut?
    »Wann haben wir zuletzt einen Abend

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