Segel aus Stein
Vater«, sagte Aneta Djanali. »Noch einmal können wir da nicht reinstiefeln.«
»Klar können wir das«, sagte Halders, »Aber nicht heute Nacht.«
Aneta Djanali sah sich um, als sie parkten. Nirgends war das Glühen einer Zigarette auf einem Fahrersitz zu sehen, keine Silhouetten.
»Meinst du, er hat es ernst gemeint?«, fragte sie.
»Dass er einen Schlafplatz in deiner Wohnung haben wollte?«
»Fandest du das witzig?«
»Ach was, das war nur eine weitere Provokation.« »Du hast seine Augen nicht gesehen.« »Hab ich wohl.«
»Er hat Blickkontakt mit mir gesucht«, sagte sie. Halders öffnete die Haustür. »Hierher traut er sich nicht.« »Woher weißt du das?«
»Weil ich zu ihm gesagt habe, dass ich ihn erschlagen werde, wenn er es versuchen würde. Du warst noch drinnen, und ich war schon draußen und hab winke, winke gemacht.«
Der Morgen war hell und warm. Auf der Vasagatan gab es Menschen, die lächelten. Die Sonne strahlte. Der Himmel war blau. Vögel sangen.
Winter ging zu Fuß zum Palatset. Er las die Temperatur am Thermometer über Heden ab: fünfzehn Grad. Schon. Niemand spielte Fußball auf Heden. Ein Fehler an so einem Morgen. Die Luft war so leicht zum Atmen. Er sehnte sich danach, seinen Spann hinzuhalten.
Vor drei Jahren hatte das Fahndungsdezernat eine Mannschaft gehabt. Birgersson hatte im Tor gestanden, ohne sich zu rühren. Das war symbolisch gewesen. Einige Tage hatten sie über einen Namen für die Mannschaft nachgedacht. Pia Fröberg, die Gerichtsmedizinerin, hatte ihnen im Pausenraum zugehört, als sie zu Besuch gewesen war. Sie hatte »Per Rektum« vorgeschlagen. Ein bisschen mystisch. Passt besser zu den Jungs oben in der Untersuchungshaft, hatte Möllerström gesagt. Es gibt übrigens eine Medizinermannschaft, die sich so nennt, hatte Pia Fröberg erzählt.
Sie konnten sich nicht einig werden und spielten ihr erstes Match unter dem Kompromissnamen FC Ouagadougou, ein Vorschlag von Halders. Aneta Djanali hätte mitspielen sollen, hatte sich aber erkältet. Das war vielleicht auch gut so. Halders wurde nach zwei Minuten vom Platz verwiesen und antwortete damit, dass er dem Schiedsrichter in den Hintern trat. Es gab natürlich keinen Grund für den Verweis, Halders hatte nur aus Versehen den Kopf des Gegenspielers mit dem Ball verwechselt. Sie spielten gegen eine Mannschaft von der Notaufnahme im Sahlgrenska, die sich »Es Ist Durchgeblutet« nannte. Winter kannte die meisten Gegenspieler und die Kollegen auch. Alle verbrachten sie viel Zeit in der Notaufnahme. Halders' Opfer landete jetzt als Patient dort, und das war bestimmt von Vorteil für ihn, behauptete Halders hinterher. Er hätte es sowieso nötig, dass in seinem Schädel mal Ordnung geschaffen würde, aber der Tritt war natürlich ein Versehen.
Halders wurde vier Jahre lang vom Korpsfußball ausgesperrt. Alle wunderten sich darüber, dass er nicht auf Lebenszeit ausgesperrt wurde oder gar Gefängnis bekam. Der Staatsanwalt erwog eine Anklage, aber der Geschädigte weigerte sich Anzeige zu erstatten. Es war ein Unfall gewesen. Das hatten doch alle gesehen, oder? Er und Halders waren am Abend vorher als Freunde auseinander gegangen. Und Birgersson hatte mit dem Staatsanwalt gesprochen, dem alten Molina. Ich war doch auch dabei, hatte Birgersson gesagt. Molina hatte eine Grimasse gezogen und gefragt, ob Birgersson seine Kontaktlinsen getragen habe, und Birgersson hatte ein dröhnendes JA! gelogen. Und das war's dann. Der Schiedsrichter des Spiels, der Schmerzen im Hintern hatte, war normalerweise ein Kollege vom Citydezernat und hielt aus kollegialen Gründen den Mund, aber auch deswegen, weil er einige Zeit brauchte, um sich eine Rache auszudenken. Die war gekommen. Winter lächelte bei der Erinnerung.
Der FC Ouagadougou wurde nach ganzen zwei Minuten auf dem Platz für die gesamte Saison gesperrt. Es sah nicht gut aus. Winter war ja Mannschaftskapitän und wurde beschuldigt, die Mannschaft nicht im Griff zu haben, was eigentlich hieß, Halders nicht im Griff zu haben. Versucht's doch selber, dann werdet ihr ja sehen. Die nächste Saison in Afrika!, hatte Halders gesagt. Einen Neger haben wir schon in der Mannschaft, und wir haben alle eine schwarze Seele. Winter konnte es vor sich sehen. Halders ausgesperrt auf jedem Kontinent, auf dem er antrat. Nächste Saison in Ozeanien! Nächste Saison in Feuerland!
Die Sonne schien herein. Ringmar steckte den Kopf durch die Tür, als Winter sich gesetzt hatte, um die Fälle
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