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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Wasseroberfläche ragten. Aber es war nur ein Bruchteil, ein Zehntel. Alles war unter der Oberfläche. Der Eisbergeffekt. Dies waren keine Eisberge, aber der Effekt war derselbe. So war das mit guten Büchern. Ringmar dachte an den Begriff. Die einfachen Worte waren nur die oberste Schicht. Alles andere verbarg sich darunter. Bücher, aber auch die Arbeit in ihrer Welt. Ihre Welt waren Worte, Worte, Worte. Gesprochene, geschriebene. Herausgebrüllte. Abschließende, halb abschließende, zerbrochene, abgebrochene. Herausgepresste. Lügen und Wahrheiten, aber häufig spielte gerade das keine Rolle, weil sich das meiste sowieso unter der Oberfläche verbarg. Sie sahen nur den Gipfel der Wahrheit. Oder der Lüge.
    »Man sollte hier draußen wohnen«, sagte Winter. »In der Stadt ist es immer bedeckt, aber wenn man hierher kommt, klart es auf. Immer ist das so.«
    »Du willst ja am Meer bauen.«
    Winter antwortete nicht, rauchte.
    »Oder?« Ringmar betrachtete ihn. »Du hast das Grundstück doch gekauft.«
    »Mhm.«
    »Mhm? Bist du nicht sicher? Hast du . habt ihr euch noch nicht entschieden?«
    »Das haben wir wohl.«
    »Wie herrlich ist es doch, junge Menschen enthusiastisch von ihrer Zukunft sprechen zu hören.«
    »Es ist ein großer Schritt, Bertil.«
    »Wohin? Ein großer Schritt wohin?«
    »Nach Billdal.« Winter lächelte.
    »Versuch dich nicht rauszuwinden. Wenn du dich nicht von deiner Wohnung trennen kannst, musst du sie eben auch behalten. Es gibt Erwachsene, die haben ihr Leben lang ihre Puppen, Teddys und Nuckeltücher behalten.«
    »Das ist ein sonderbarer Vergleich.«
    »War deine Wohnung nicht so etwas wie ein Nuckeltuch? Den Eindruck hatte ich jedenfalls.«
    »Interessant, das zu erfahren«, sagte Winter, »so kurz vor deiner Pensionierung.«
    »Wie meinst du das?«
    »Deine vorzeitige Pensionierung, um genau zu sein«, sagte Winter und deutete mit dem Fuß einen Tritt gegen Ringmars Schienbein an.
    »Lass sie los, lass das Nuckeltuch los«, sagte Ringmar.
    »Alles hat seine Zeit. Es ist Zeit weiterzugehen.« Er zeigte zum Himmel, der immer blauer wurde. »Du willst doch in der Sonne leben?«
    Winter blinzelte hinauf.
    »Und du hast eine Familie und weißt, was Angela will -und ich weiß es auch. Und stell dir mal vor, wie gut Elsa das Leben am Meer gefAllen wird.«
    »Vipan« fuhr mit erhöhter Geschwindigkeit auf Asperö Östra zu. Sie sahen den Badeplatz, die Bucht und die Häuser rechts, die hinter der Einfahrt lagen. Asperö Norra, Brännö Rödsten. Das Leben am Meer. Es hatte verschiedene Seiten, dunkle und helle.
    Aber dies war das Leben auf den Inseln, das ihn hier umgab, es war ein anderes Leben als am Ufer auf dem Festland.
    »Fang jetzt mit dem Bauen an, Erik. Ich helf dir auch, das Richtfest zu organisieren.« Ringmar fröstelte im Wind.
    »Was hältst du von einer Tasse Kaffee?«
    Sie fragten sich nach Arne Algotssons Haus durch. Es lag an einer der geschützten Straßen. Die Farbe des Hauses war nicht durch Wind, Sonne und Salz verändert, nicht wie die Farbe der anderen Häuser, an denen sie vorbeigekommen waren. Die Vorderseite lag im Schatten. Vielleicht war das die Erklärung.
    Ringmar klopfte gegen die schwere Tür, die in den Boden gesunken zu sein schien. Falls sie eingelassen wurden, müssten sie sich ducken. Die Frau, die sich bei Ringmars Anruf gemeldet hatte, war abweisend gewesen, hatte ihr Kommen aber akzeptiert, jedenfalls in dem Moment. Sie hieß Ella Algotsson und war die Schwester von Arne Algotsson. Sie hatte immer auf Donsö gewohnt und war nie verheiratet gewesen. Jetzt war sie achtzig und kümmerte sich um ihren Bruder. Arne war dort drinnen. Johanna Osvald hatte gesagt, er gehe nie aus.
    Ringmar klopfte noch einmal, und sie hörten das Geräusch von eisernen Haken, die auf der Innenseite angehoben wurden.
    Die Tür öffnete sich, und die Frau nickte abwartend. Sie war klein und mager. Die Haut an ihren Armen sah aus wie helles Leder. Ihr Gesicht hatte mehr Falten, als Ringmar jemals bekommen würde. Sie verliefen in alle erdenklichen Richtungen. Sie sah Ringmar an, der der Kleinere der beiden Kommissare war. Ihre Augen waren durchsichtig blau, wie gebleicht, und Winter glaubte einen Augenblick, sie sei blind.
    »Um was geht's denn diesmal?«, fragte sie.
    »Wie bitte?«, sagte Ringmar.
    »Wegen was bitten Sie diesmal um Verzeihung?«
    »Ich habe Sie vorhin angerufen«, sagte Ringmar.
    »Wie?«
    »Ich habe angerufen. Ich habe mit einer ... einer Frau, die sich meldete

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