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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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achtzig Parteien, das über einen Strohmann der Howard-Stiftung gehörte. Wir bewohnten das »Penthouse«, das westliche Ende des obersten Stockwerkes. Wir hatten Wohnzimmer, Balkon, Küche, vier Schlafzimmer und zwei Badezimmer.
    Die zusätzlichen Schlafzimmer konnten wir gut gebrauchen, besonders während des Demokratischen Nationalparteitages. Zwei Wochen lang schliefen bei uns zwölf bis fünfzehn Personen, und das in einer Wohnung, die für höchstens acht ausgelegt war. Ich kann das nicht empfehlen. Wir hatten keine Klimaanlage, es war ein ungewöhnlich heißer Sommer, und der nur wenige hundert Meter entfernte Michigansee verwandelte die Wohnung in ein Türkisches Bad. Zu Hause hätte ich mich der Situation angepaßt, indem ich nackt herumlief, was jedoch in Gegenwart von Fremden nicht möglich war. Einer der echten Vorzüge von Boondock besteht darin, daß dort die Haut einfach nur die Haut ist und nichts darüber hinaus bedeutet.
    Seit 1893 war ich nicht mehr in Chicago gewesen, außer um umzusteigen. Brian hatte die Stadt mehrfach ohne mich besucht, und die Wohnung diente häufig für Vorstandssitzungen, seit die Stiftung 1929 ihre offizielle Adresse von Toledo nach Winnipeg verlegt hatte. Justin erklärte mir das wie folgt: »Maureen, obwohl wir nicht herumposaunen, was wir so treiben, möchten wir keine Gesetze über den Privatbesitz von Gold brechen. Wir treffen lediglich Vorkehrungen für alle denkbaren Entwicklungen. Die Stiftung wurde nach den kanadischen Gesetzen umstrukturiert, und ihr offizieller Schriftführer ist ein kanadischer Anwalt, bei dem es sich tatsächlich selbst um einen Howard-Klienten und Stiftungskurator handelt. Ich fasse niemals Gold an, nicht mal mit Handschuhen.«
    (Brian drückte den Sachverhalt anders aus: »Kein intelligenter Mensch respektiert ein ungerechtes Gesetz. Noch fühlt er sich schuldig, wenn er es bricht. Er befolgt einfach nur das Elfte Gebot.«)
    Diesmal war Brian nicht aufgrund einer Vorstandssitzung in Chicago, sondern um im Hinblick auf den Krieg in Europa die hiesige Warenbörse im Auge zu behalten und in ihr mitzumischen. Ich begleitete ihn, weil ich Chicago wiedersehen wollte. So sehr ich es genoß, eine Zuchtstute zu sein, wollte ich doch nach vierzig Jahren, in denen ich dieser Beschäftigung nachgegangen war, und nach siebzehn Kindern mal etwas anderes sehen als feuchte Windeln.
    Und es gab wahrhaftig einiges zu sehen! Die Allee knapp hundert Meter nördlich von uns, die sich vom Washington Park bis zum Jackson Park erstreckte und Midway Plaisance hieß, war bei meinem letzten Besuch tatsächlich noch eine Vergnügungsstraße gewesen, auf der man von Bauchtanz aus Klein-Ägypten bis hin zu rosa Zuckerwatte alles geboten bekommen hatte. Inzwischen war daraus ein wunderschöner, grasbedeckter Park geworden, mit dem einzigartigen »Brunnen der Zeit« von Loredo Taft am westlichen Ende und dem wunderschönen Strandabschnitt der Siebenundfünfzigsten Straße am östlichen. Der Hauptcampus der University of Chicago dominierte mit seinen großen grauen, gotischen Bauwerken die nördliche Seite. Die Universität war im Jahr vor meinem ersten Besuch gegründet worden, aber zu jener Zeit hatte hier noch keines dieser Gebäude gestanden. Soweit ich mich erinnern konnte, erhoben sich damals auf dem Gelände des heutigen Campus etliche große Ausstellungshallen. Sicher war ich mir dessen allerdings nicht, da mir einfach alles verändert vorkam.
    Das Netz der Hochbahn hatte sich vergrößert, und die Züge waren nicht mehr dampfgetrieben, sondern bezogen ihre Energie aus elektrischem Strom. Auf den Straßen verkehrten keine Pferdewagen und keine gezogenen Straßenbahnen mehr; sie waren durch elektrische Bahnen ersetzt worden. Daneben drängten sich Autos Stoßstange an Stoßstange, ein zweifelhafter Fortschritt.
    Das Field Museum, das drei Meilen nördlich von uns am Seeufer lag, war erst nach meinem '93er Besuch entstanden. Seine Malvina-Hoffman-Ausstellung unter dem Titel »Das Ringen der Menschheit« lohnte für sich genommen schon einen Besuch in der Stadt am Michigansee. Unweit davon war das Adler Planetarium das erste dieser Art, das ich je besuchte. Ich liebte die Vorstellungen dort und träumte dabei mit offenen Augen von Sternenreisen, wie Theodore sie durchführte, glaubte aber im Grunde nicht, sie jemals selbst zu erleben. Diese Hoffnung lag zusammen mit meinem Herzen irgendwo in Frankreich begraben.
    Die elfjährige Maureen Johnson hatte das Chicago von '93

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