Segeln im Sonnenwind
Manuskriptseiten auf die Waage brachte, um den mir verliehenen Titel zu rechtfertigen. Und vier Jahre lang hatte ich eine wunderbare Zeit, sowohl dort als auch auf der anderen Seite des Boulevards.
Noch in der Woche meiner Promotion schrieb ich mich auf der medizinischen Fakultät und der Schule des Rechts ein, was sich weitgehend vertrug, da die juristischen Vorlesungen abends stattfanden, während ich die medizinischen tagsüber belegte. Ich strebte offiziell ein Diplom in Biochemie an, obwohl mir der Abschluß selbst eigentlich egal war; das Lehrangebot diente mir lediglich als intellektuelles Kaltes Büffet, an dem ich mich nach Gusto bedienen konnte. Vater wäre begeistert gewesen.
Ich hätte es in einem Jahr schaffen können, aber ich blieb länger, da ich noch so viele Kurse hören wollte. Die juristische Ausbildung andererseits sollte eigentlich vier Jahre in Anspruch nehmen, aber ich hatte schon etliche Seminare in den Jahren 1934–38 absolviert, in der Zeit, in der Brian sich dort auf seinen Abschluß vorbereitet hatte. Der Dekan war bereit, sie mir aufgrund von Einstufungsprüfungen gutzuschreiben, wenn ich nur die Gebühren für die vollen Seminare zahlte. Es handelte sich um eine Privatschule, und so waren die Gebühren der ausschlaggebende Faktor.
Das Anwaltsexamen bestand ich im Frühling 1952 – zur Überraschung meiner Mitstudenten und Professoren. Vielleicht war es eine Hilfe, daß in meinen Papieren der Name »M. J. Johnson« stand statt »Maureen Johnson«. Sobald ich erstmal zur Advokatur zugelassen war, gab es kein Theater mehr wegen meines juristischen Abschlusses. Die Schule machte Werbung damit, wie viele ihrer Studenten es bis zur Advokatur brachten – eine weit schwierigere Hürde als der Abschluß.
Und so erwarb ich innerhalb von sechs Jahren vier gültige akademische Abschlüsse. Trotzdem bin ich ehrlich davon überzeugt, daß ich auf dem winzigen katholischen College am meisten lernte, obwohl ich dort nur Gasthörerin war, nicht Kandidatin für den Abschluß.
Besonders habe ich das einem japanisch-amerikanischen Jesuiten zu verdanken, Pater Tezuka.
Zum erstenmal in meinem Leben erhielt ich die Chance, eine orientalische Sprache zu erlernen, und ergriff sie sofort. Das Seminar war für angehende Missionare gedacht, die ihre während des Krieges liquidierten Vorgänger ersetzen sollten; sowohl Priester als auch Seminaristen nahmen daran teil. Ich denke, ich wurde nur aus einem einzigen Grund aufgenommen: die japanischen Idiome – die ganze japanische Sprachstruktur und Kultur – machen noch größere Unterschiede zwischen männlich und weiblich als die amerikanische Sprache und Kultur. Ich diente also als »Anschauungsobjekt«.
Einige Jahre zuvor, im Sommer 1940, hatte ich die Gelegenheit genutzt, Semantik bei Graf Alfred Korzybski und Dr. S. I. Hayakawa zu studieren, da das Institut für Allgemeine Semantik nicht weit von unserer Wohnung entfernt gelegen hatte – jenseits der Mall, ein paar Blocks weiter im Osten an der Sechsundfünfzigsten Straße 1234 E. Damals blieb bei mir besonders haften, welche Betonung beide Gelehrten auf die Tatsache legten, daß sich eine Kultur in ihrer Sprache widerspiegelt und beides so stark miteinander verknüpft ist, daß man eine weitere Sprache von anderer Struktur (eine »Metasprache«) benötigt, um das Thema adäquat erörtern zu können.
Die folgenden Daten sind noch wichtig: Präsident Patton wurde im November 1948 gewählt und übernahm das Amt im Januar 1949 von Präsident Barkley.
Der Osaka-Zwischenfall fand im Dezember 1948 statt, zwischen der Wahl und der Amtseinführung Präsident Pattons. Somit sah er sich mit dem konfrontiert, was schließlich auf eine offene Rebellion in den Fernöstlichen Besitzungen (früher als das Japanische Kaiserreich bekannt) hinauslief. Die Geheimgesellschaft »Götterwind« schien dazu bereit, jeweils zehn ihrer eigenen Leute für einen von uns zu opfern, und das ad infinitum.
Bei seiner Antrittsrede informierte Präsident Patton die Japaner und die Welt darüber, daß diese Tauschrate nicht akzeptabel sei. Für jeden toten Amerikaner würde ab sofort ein Shintoschrein zerstört und entweiht werden – ein Preis, der sich mit jedem weiteren Zwischenfall noch erhöhen würde.
KAPITEL ACHTZEHN
ALLEINSTEHEND
Ich bin keine Expertin, was das Regieren eroberter Länder angeht, also verzichte ich darauf, die Politik Präsident Pattons bezüglich unserer Fernöstlichen Besitzungen zu kritisieren. Mein
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