Segeln im Sonnenwind
neunzehnten Jahrhundert an nur einem Vormittag. Prinzessin Polly sah zu und konnte es einfach nicht glauben. Als Bulldozer den Nordflügel niederwalzten, drückte sie das Gesicht an mich und stöhnte.
Ich fuhr uns nach Hause. Auch ich erlebte nicht gerne mit, wie das alte Haus verschwand.
Am nächsten Tag brachte ich Polly wieder hin. Wo einst unser Haus gestanden hatte, waren nur noch nackte Erde und eine Baugrube zu sehen. Prinzessin Polly wollte gar nicht aussteigen; ich bin mir nicht sicher, ob sie das Grundstück überhaupt wiedererkannte. Sie lief nie wieder weg. Manchmal erhielt sie Besuch von Katern, aber sie blieb zu Hause. Ich glaube, sie vergaß mit der Zeit, daß sie jemals woanders gelebt hatte.
Aber ich vergaß es nicht. Man sollte niemals zu einem Haus zurückkehren, in dem man einmal gewohnt hat – nicht, wenn man es geliebt hat.
Ich hätte mir gewünscht, Priscillas Probleme ebenso leicht lösen zu können wie die Pollys. Erst am Freitag sah ich Dr. Rumsey wieder; Donnerstag fand der Umzug statt, stets ein ermüdendes Erlebnis, obwohl ich diesmal auf professionelle Möbelpacker zurückgriff, nicht nur auf ihre Transportwagen. Eine weitere Erleichterung ergab sich daraus, daß die meisten Möbel nicht mitkamen, sondern an die Wohlfahrt gingen. Ich informierte sowohl die Wohlfahrt als auch die Heilsarmee, daß ein Haus voller Möbel zuzüglich zahlloser kleinerer Dinge für sie zur Verfügung stand, sie aber selbst einen Laster schicken mußten. Die Heilsarmee suchte sich aus, was sie haben wollte, während die Wohlfahrt weniger wählerisch war und demzufolge den ganzen restlichen Plunder erhielt.
Wir behielten nur die Bücher, einige Bilder, meinen Schreibtisch und meine Akten, die Kleider, einen Teil des Geschirrs und des Bestecks, eine IBM-Schreibmaschine sowie dies und das. Um elf schickte ich Donald und Priscilla mit den geretteten Lebensmitteln aus Speisekammer, Gefriertruhe und Kühlschrank ins neue Haus. »Donald, komm bitte gleich wieder zurück. Priscilla, sieh mal, was du zu Mittag machen kannst, aber nichts, wobei es auf den Zeitpunkt ankommt.«
»Ja, Mutter.« Das waren fast die einzigen Worte, die sie an diesem Vormittag an mich richtete. Sie tat, was ich ihr auftrug, zeigte aber keinerlei Initiative, während Donald den Umzug mit seiner ganzen Vorstellungskraft unterstützte.
Sie fuhren weg. Donald war am Mittag wieder da, als die Möbelpacker gerade Essenspause hatten. »Wir werden warten müssen«, teilte ich ihm mit, »da sie noch nicht fertig sind. Was hast du mit unserer Prinzessin gemacht?«
»Ich habe sie mit ihrer Sandkiste und ihrem Fressen in meinem Bad eingeschlossen. Es gefällt ihr gar nicht.«
»Sie wird sich damit abfinden müssen. Donald, was ist mit Priscilla los? Gestern abend und heute morgen tat sie so, als hätte jemand – zum Beispiel ich – ihr Lieblings-spielzeug kaputtgemacht.«
»Ach Mutter, so ist sie nun mal. Es hat nichts zu bedeuten.«
»Donald, so kann es nicht weitergehen, jedenfalls nicht, wenn sie bei uns bleiben will. Ich möchte nicht mit jemandem leben, der so verdrießlich ist. Ich habe immer versucht, allen meinen Kindern so viel Freiheit einzuräumen, wie sich mit zivilisiertem Verhalten gegenüber anderen Menschen vereinbaren läßt, besonders gegenüber der eigenen Familie. Dieses zivilisierte Verhalten verlange ich jederzeit von jedem. Es umfaßt Höflichkeit und eine fröhliche Haltung, selbst wenn sie nur vorgetäuscht ist. Niemand, egal wie alt, wird von diesen Regeln ausgenommen! Denkst du, daß du sie beeinflussen kannst? Wenn sie schmollt, bin ich glatt dazu in der Lage, sie vom Tisch wegzuschicken, und ich glaube nicht, daß ihr das gefallen würde!«
Er lachte, ohne daß Frohsinn darin mitklang. »Da bin ich mir ganz sicher!«
»Nun, vielleicht kannst du es ihr klarmachen. Möglicherweise hört sie auf dich.«
»Nun, mag sein.«
»Donald, findest du, daß ich irgend etwas gesagt oder getan oder von ihr verlangt habe – oder auch von dir –, was ihre Trotzigkeit rechtfertigen könnte?«
»Äh… Nein.«
»Sei offen mit mir, Sohn! Es ist eine üble Situation, und es kann nicht so weitergehen.«
»Na ja, es hat ihr noch nie gefallen, Befehle zu hören.«
»Welche Befehle von mir haben ihr nicht gefallen?«
»Na ja, sie war ganz schön sauer, als du ihr gesagt hast, sie könne nicht mitentscheiden, welches Haus wir nehmen.«
»Das war kein Befehl. Ich habe ihr lediglich mitgeteilt, daß das meine Entscheidung ist,
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