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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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sollst niemals in Gegenwart deiner Kinder weinen; als klar wurde, daß Brian häufig fort sein würde, bezog ich ihn in letzteres Gebot mit ein. Laß nie zu, daß er dich beim Weinen erwischt, und achte darauf, ihn stets mit einem Lächeln zu begrüßen. Verdirb ihm seine Rückkehr nicht, NIE, NIEMALS mit allerlei Gemecker darüber, daß eine Leitung gefroren ist, daß der Bursche des Kaufmanns grob war, oder »sieh mal, was dieser blöde Hund mit meinem süßen Bett gemacht hat«! Achte darauf, daß er sich freut, wenn er nach Hause kommt, und es ihm leid tut, wenn er gehen muß.
    Erlaube den Kindern, ihn zu begrüßen, aber nicht, ihn unter sich zu begraben. Vergiß nie, daß er eine bereitwillige und stets verfügbare Konkubine haben möchte. Wenn du das nicht für ihn bist, sucht er sich eine andere.
    Noch ein Gebot: Versprechungen muß man einhalten, besonders solche, die man Kindern gegeben hat. Überlege es dir also dreimal, ehe du eine machst. Hast du auch nur den geringsten Zweifel, versprich lieber nichts.
    Und am allerwenigsten spare Bestrafungen auf, »bis dein Vater nach Hause kommt.«
    Viele dieser Regeln kamen noch nicht zur Anwendung, solange ich nur ein Kind hatte und dieses noch in den Windeln lag. Ich überlegte mir allerdings die meisten meiner Regeln frühzeitig und trug sie in mein privates Tagebuch ein. Vater hatte mich schon warnend darauf hingewiesen, daß ich keinen Sinn für Moral hätte und es demzufolge nötig sein würde, Entscheidungen, die auf mich zukamen, vorwegzunehmen. Ich konnte mich nicht darauf verlassen, daß die leise Stimme des Gewissens mir immer ad hoc weiterhelfen würde; diese Stimme kannte ich gar nicht. Ich mußte mir auf der Grundlage der Vernunft alles überlegen, und zwar ehe die entsprechende Situation eintrat. Ich benötigte Regeln, die in etwa den Zehn Geboten glichen, sie aber übertrafen und auch frei waren von den krassen Defekten eines uralten Stammeskodex', der nur auf die Bedürfnisse barbarischer Hirten abgestimmt war.
    Keine meiner Regeln war jedoch wirklich kompliziert, und ich hatte eine wunderbar schöne Zeit!
    Ich versuchte nie herauszufinden, wieviel Geld Briney jedesmal erhielt, wenn ich ein Kind bekam; ich wollte es gar nicht wissen. Es machte mehr Spaß, wenn ich mir vorstellte, daß es jeweils eine Million Dollar waren, ausgezahlt in Form rotgoldener Barren von derselben Tönung, wie sie meine Haare aufwiesen, jeder einzelne Barren zu schwer, als daß ihn ein einzelner Mann hätte tragen können. Die juwelengeschmückte Favoritin eines Königs ist stolz auf ihren Status als »gefallenes Mädchen«. Es ist die armselige Göre auf der Straße, die ihren Körper für ein paar Pennys vermietet, die sich ihres Gewerbes schämt. Sie ist eine Versagerin und weiß es auch. In meinen Tagträumen war ich die Mätresse eines Königs, keine Matratzenliese mit traurigem Gesicht.
    Die Stiftung muß tatsächlich sehr viel gezahlt haben. Unser erstes Haus in Kansas City konnte gerade so als respektable, wenn auch untere Mittelklasse durchgehen. Zum Farbigenviertel war es nicht weit, was 1899 hieß, daß es eine billige Gegend war, auch wenn nur Weiße in ihr geduldet wurden. Darüber hinaus lag es an einer Ostweststraße und bot Ausblick nach Norden, zwei weitere nachteilige Punkte. Es erhob sich auf einer hochgelegenen Terrasse, zu der eine lange Treppe hinaufführte. Es handelte sich um ein 1880 errichtetes Holzhaus, in das Installationen erst nachträglich eingebaut worden waren – das Bad führte direkt in die Küche. Es gab kein Eßzimmer und keinen Flur und nur ein Schlafzimmer. Auch einen richtigen Keller hatten wir nicht; auf nackter Erde waren da unten nur der Heizkessel und der Kohlenkasten zu finden. Ein Dachboden war ebenfalls nicht vorhanden, sondern lediglich ein niedriges, unfertiges Geschoß.
    Aber Häuser, deren Miete wir uns leisten konnten, waren selten. Briney hatte Glück gehabt, als er unseres fand. Eine Zeitlang hatte ich geglaubt, mein erstes Kind in einer Pension bekommen zu müssen.
    Briney zeigte mir das Haus, ehe er den Vertrag abschloß – eine höfliche Geste, die ich zu schätzen wußte, denn verheiratete Frauen durften damals nicht selbst Verträge unterzeichnen. Er war also nicht gezwungen, mich zu konsultieren. »Meinst du, du könntest hier leben?«
    Und ob ich konnte! Fließend Wasser, ein Wasserklosett, eine Badewanne, Gasherd, Anschlüsse für Gaslampen, ein Heizkessel… »Briney, es ist phantastisch! Können wir uns das

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