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Segeln im Sonnenwind

Segeln im Sonnenwind

Titel: Segeln im Sonnenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Heinlein
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1907, als ich von der Hochzeit Betty Lous und Nelsons berichtete, aber damals hatte ich noch keine Ahnung, daß eine Panik im Anzug war. Auch Brian nicht oder Nelson oder Betty Lou. Die Geschichte wiederholt sich jedoch immer ein bißchen auf die eine oder andere Art, und etwas, das zu Beginn des Jahres 1907 geschah, erinnerte mich an Vorgänge von 1893.
    Nach der Geburt von Georgie an Betty Lous Hochzeitstag blieb ich wie üblich eine Zeitlang zu Hause, aber sobald ich mich wieder fit fühlte, überließ ich Betty Lou meine Brut und ging in die Stadt. Ich wollte eigentlich die Straßenbahn nehmen, war aber nicht überrascht, als Nelson sich erbot, mich in seinem Reo-Roadster mitzunehmen. Ich akzeptierte und packte mich warm ein. Der Reo war übertrieben gut gelüftet; zu seinen Vorfahren muß wohl ein offener Einspänner gehört haben.
    Meine Absicht war es, mein Sparkonto zu verlegen. Ich unterhielt es seit 1899, als wir geheiratet und uns in Kansas City niedergelassen hatten, bei der Missouri Savings Bank. Vater hatte für mich ein Sparkonto eröffnet, als wir aus Chicago zurückkehrten, und zwar auf der First State Bank in Butler (in der aufstrebenden Metropole Thebes gab es keine Bank). Zum Zeitpunkt meiner Hochzeit war es schon auf über hundert Dollar angewachsen.
    Fußnote: Wenn ich über hundert Dollar auf einem Sparkonto hatte, warum servierte ich meiner Familie dann Pfannkuchen zum Abendessen? Antwort: Hält der Leser mich vielleicht für verrückt? Nichts konnte im amerikanischen Mittelwesten des Jahres 1906 leichter dazu führen, einen Ehemann moralisch zu kastrieren, als wenn seine Frau ihm die Idee nahelegte, er wäre nicht in der Lage, genügend Essen auf den Tisch zu bringen. Ich war nicht auf Dr. Freud angewiesen, um das herauszufinden. Das Lebenselixir der Männer ist Stolz. Wenn man ihren Stolz vernichtet, können sie Frau und Kinder nicht mehr unterhalten. Es war damals noch einige Jahre hin, bis Brian und ich lernten, völlig offen und entspannt miteinander umzugehen. Brian wußte, daß ich über ein Sparkonto verfügte, hatte mich aber nie nach der Summe darauf gefragt, und ich hätte lieber tausendmal Pfannkuchen serviert oder etwas entsprechend Ähnliches getan, bevor ich von meinem eigenen Geld Lebensmittel kaufen gegangen wäre. Ersparnisse sind für schlechte Zeiten. Wir beide wußten das. Wenn Brian einmal krank geworden wäre und ins Krankenhaus gemußt hätte, dann hätte ich meine Ersparnisse je nach Bedarf einsetzen können. Wir brauchten darüber gar nicht zu reden. Bislang war er der Brotverdiener gewesen; ich mischte mich in seine Verantwortung nicht ein und er sich nicht in meine.
    Und was war mit den Stiftungsmoneten? Verletzten die seinen Stolz nicht? Vielleicht taten sie es. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle die Zukunft vorwegnehmen: Am Ende landete jeder einzelne rote Heller aus diesen Zahlungen bei unseren Kindern, als sie heirateten. Davon wußte ich vorher allerdings nichts. 1907 stand so etwas jedoch noch gar nicht zur Debatte.
    Zu Beginn des Jahres 1907 war mein Kontostand dank extremer Sparsamkeit auf über dreihundert Dollar angewachsen. Jetzt, wo ich zu Hause arbeitete und nicht mehr die Schule in der Stadt besuchen konnte, erschien es mir klug, das Konto auf eine kleine Bank in unserer Gegend, nahe der Poststelle in der Southside, zu verlagern. Einer von uns vieren mußte ohnehin jeden Tag zum Postfach und konnte auf dem Weg Einzahlungen für mich vornehmen. Sollte ich mich je gezwungen sehen, etwas abzuheben, konnte ich es ja selbst tun.
    Nelson parkte den Roadster an der Grand Avenue, und wir spazierten um die Ecke bis zur 920 Walnut. Ich legte das Sparbuch einem Kassierer vor – ich brauchte nicht zu warten; es war nicht voll in der Bank – und sagte ihm, daß ich das Konto auflösen wolle.
    Er verwies mich an einen Bankangestellten hinter einer Absperrung, einen Mr. Smaterine. Nelson legte die Zeitung zur Seite, die er überflogen hatte, und stand auf. »Irgendwelche Schwierigkeiten?«
    »Keine Ahnung. Sie sehen anscheinend nicht gerne, daß ich mir mein Geld hole. Kommst du bitte mit?«
    »Klar doch.«
    Mr. Smaterine begrüßte mich höflich, zog aber die Brauen hoch, als er Nelson sah. Ich machte sie miteinander bekannt. »Mr. Nelson Johnson, Mr. Smaterine. Mr. Johnson ist der Geschäftspartner meines Gatten.«
    »Wie geht es Ihnen, Mr. Johnson? Bitte nehmen Sie Platz. Mrs. Smith, wie mir unser Mr. Wimple mitteilt, möchten Sie etwas mit mir

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