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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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sich, ohne jedoch den Blick ins Innere des Gemachs freizugeben. »Jedenfalls gab es ein Problem, aber das ändert nichts daran, dass wir heute Nachmittag nach Port-Saint-Luc aufbrechen. Also steht nicht herum, es gibt genug zu tun. Bringt uns einen Eimer Wasser und einen Wischlappen, damit wir hier endlich fertig werden.« Kurz blickte er zu Jola und Babette herüber, dann schloss er die Tür.
    Den Schreck noch in den Gliedern, eilten sie mit dem Knappen und den beiden Knechten die Treppe hinab. Niemand sprach ein Wort.
    Kaum waren die Männer außer Hörweite, verzog Babette das Gesicht. »Heilpasten! Wenn Pater Bertrand da Heilpasten mischt, dann bin ich die heilige Babette.«
    Erstaunt blieb Jola stehen. »Was meinst du damit?«
    »Der Pater hat unzählige Schüsseln in seinem Gemach stehen, und der Sud in jeder nächsten ist ekliger als in der davor. Da gibt es einen Haufen seltsamer Geräte, Krüge und Rührstäbchen, was weiß ich, wie man dieses ganze Zeug nennt. Aber da werden keine Heilpasten angemischt, das sage ich dir.«
    Inzwischen hatten sie die Kiste erreicht. »Lass sie uns mitnehmen. Denn wenn wir ohne die Feuerscheite zurückkommen, schlägt uns der Küchenmeister gleich wieder den Holzlöffel aufs Kreuz. Danach können wir den Eimer und die Lappen zum Baron bringen«, sagte Babette, bückte sich und begann die verstreuten Scheite einzusammeln.
    »Jetzt lenke nicht ab. Was soll der Pater denn sonst mit dem Zeug machen, wenn er nicht Heilpasten anmischt?«
    »Er betreibt Alchemie.«
    Jola schnaubte auf und verschränkte die Arme. »Unser Pater Bertrand soll Alchemie betreiben? Wir dürfen sein Gemach nicht betreten. Woher willst du das alles wissen?«
    Babette hob das letzte Scheit auf. Ein Grinsen huschte über ihr Gesicht, aber sie gab keine Antwort mehr.
    »Wie willst du Alchemie und das Anrühren von Heilpasten unterscheiden? Du weißt doch von beidem nicht, wie man es macht. Sicherlich hat der Knappe dir wieder einen Bären aufgebunden, und du glaubst auch noch daran«, entgegnete Jola und glaubte zu hören, dass ihre Stimme schnippisch klang.

Gut Lemoine, Anjou
    D ie Luft im halbdunklen Stofflager des Kontors war heiß und roch staubig. »Wie heißt du?«
    »Julien.«
    Der Junge fragte nicht nach, wie sie hieß. Er wusste es. Die Lider hielt er gesenkt, doch Bérénice hatte bemerkt, dass seine Augen glänzten, wenn er sie ansah. Wie alt mochte er sein? Elf, vielleicht zwölf Jahre. Ein Kind noch.
    »Dein Vater hat gestattet, dass ich mir den Garten anschaue, während Mutter und Francine die Stoffe begutachten.«
    Nun blickte er sie direkt an. Blaugraue Augen, die aufmerksam waren und einen Kontrast zu seiner Haltung bildeten, die linkisch wirkte. »Darf ich ihn dir zeigen?«, fragte er.
    »Nein, ich habe es mir anders überlegt. Ich hätte gern noch ein Glas Wein.«
    Sofort drehte der Junge sich um und trat an einen abseits stehenden Tisch heran, nahm eine Karaffe und einen Becher, goss Rotwein ein und reichte ihn ihr. Belustigt bemerkte Bérénice, dass die Hand des Jungen sacht zitterte. Der Staub im Raum begann in ihrer Nase zu kribbeln.
    »Julien. Wo bist du?«, erklang die Stimme des Tuchhändlers.»Wir brauchen noch den grünen Brokat, kannst du ihn mir bringen?«
    Ohne zu zögern, ergriff der Junge einen sorgfältig aufgerollten Stoffballen und schob sich an Bérénice vorbei. Just in diesem Moment wurde das Kribbeln in ihrer Nase unerträglich, und sie musste niesen. Der Becher in ihrer Hand geriet ins Schwanken, und Rotwein schwappte heraus. Auf den grünen Brokatstoff, den Julien in den Armen hielt.
    Erschrocken sah Bérénice ihn an. Er legte die Rolle auf einem Zuschneidetisch ab und wischte mit der Hand über den Stoff, wodurch er den Fleck nur vergrößerte.
    »Julien, wo bleibst du?«, erklang erneut die Stimme des Vaters, nun schon deutlich näher. Bérénice hielt den Atem an. Gleich würde der Tuchhändler in das Stofflager treten und die Bescherung entdecken.
    »Gib her«, flüsterte Julien nur, riss ihr den Becher aus der Hand und stellte ihn auf dem Zuschneidetisch ab. Mit schuldbewusster Miene sah er zur Tür, als sein Vater eintrat.
    Der blieb stehen, sah das Malheur, und augenblicklich spiegelte sich blanke Wut auf seinem Gesicht. »Wie oft habe ich dir gesagt, dass du den Wein nicht anrühren sollst?«, brüllte er. »Der Wein steht dort für mich. Jetzt ist genau das geschehen, was ich befürchtet habe. Das bekommen wir nie herausgewaschen. Der Stoff ist

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