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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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dürfen, und ergibt sich seinem Schicksal. Plötzlich lässt der Söldner das Schwert sinken. Lacht und überlässt sie beide, den Lebenden unter dem Pferd und den Toten ohne Kopf, sich selbst. Flüche schickt der Baron ihm hinterher, aber der andere reißt dem Pferd nur den teuren Sattel ab und verschwindet.
    Dann kommt das Fell in Mathis’ Blickfeld. Direkt vor ihm. Braun und glänzend. Er sieht die Beine des Pferdes einknicken, spürt die Wärme des schweren Leibs, der zusammensackt und dicht neben ihm aufschlägt. Es ist das Beben des Bodens, der dumpfe Aufprall, der ihn einen Wimpernschlag lang ablenkt. Erst die Axt im Bein, die unter seinem Knie herausragt, holt ihn zurück. Zurück in den Kampf. Das Rot des Blutes, das seine Hose färbt, und der grellweiße Schmerz in seinem Kopf gehen über in erlösendes Schwarz.
    Atmen. Ruhig atmen. Das half. Auch nachts. Ein- und ausatmen, die Augen öffnen.
    Der große Saal des Barons. Immer noch saß der Schlossherr am Tisch, inzwischen in die halbrunde Lehne des Stuhles zurückgesunken. Neben ihm verbeugte sich Hauptmann Bouchet, der sich zurückzog.
    Der Baron deutete Mathis mit einem Kopfnicken an, näher zu treten. »Diese Söldner, dieses Dreckspack, manchmal würde ich am liebsten mit ausreiten und ihnen die Schädel einschlagen.«
    »Meint Ihr wirklich, dass es Söldner sind, die hier ihr Unwesen treiben? Aber warum haben die Berittenen Eurer Garde sie bisher nicht entdeckt?«
    Im Gesicht des Barons zuckte es. »Wenn ich das wüsste, ich verstehe es auch nicht. Aber wer soll es sonst sein? Die Männer meines Schlosses wurden überprüft. Der Hauptmann ist seiner Aufgabe gewissenhaft nachgegangen, aber jeder von ihnen bezeugt die Anwesenheit des anderen.« Er stand auf und zog Mathis vom Tisch weg, hin zum Fenster. »Ich frage dich noch einmal: Die Spuren, die ihr entdeckt habt, die zum Schloss führten – seid ihr, dein Schmied und du, sicher, dass sie von meinen Pferden stammten?«
    Mathis schaute zur Tür, dann wieder ins Gesicht des Barons, das zu dicht vor seinem war. Er zuckte die Schultern, denn mit Gewissheit konnte er nichts dazu sagen.
    »Es klingt wirr«, setzte der Baron erneut an, ohne eine Antwort abzuwarten, »aber falls es sich tatsächlich um Pferde meines Schlosses handelt, muss ich zugeben, dass ich den Gedanken nicht ausschließen kann, dass Söldner Anschluss bei den Männern meiner Garde gefunden haben. Ich habe lange darüber nachgedacht, aber es kann durchaus sein, dass einige der Berittenen diese decken, vielleicht versorgen, sich die Beute ihrer Raubzüge teilen.«
    »Die Opfer hatten nichts, was man ihnen nehmen konnte, außer ihrem Leben«, flüsterte Mathis.
    Der Baron schüttelte den Kopf, fuhr sich erneut über die Lider. »Du siehst, ich weiß nicht weiter. Ich ziehe inzwischen alles in Betracht und verheddere mich immer mehr in meinenSchlussfolgerungen. Du hast mir schon einmal das Leben gerettet. Sollte mir in nächster Zeit etwas zustoßen, habe ich diesen Gedanken wenigstens einmal ausgesprochen.«
    »Niemand würde mir, einem einfachen Bauern, zuhören, wenn Euch etwas zustößt.«
    »Du bist ein mutiger Mann, du würdest einen Weg finden.« Der Baron klopfte Mathis auf die Schulter und kehrte zum Tisch zurück.
    »Das da«, er zeigte auf Mathis’ Bein, »das hast du seit dem Überfall, oder war das schon vorher?«
    »Ich, also, es war mir eine Ehre …«
    »Ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Kannst du damit noch reiten?«
    »Ja.«
    »Dann lass uns am Sonntag ausreiten. Wenn wir Glück haben, entdecken wir die Täter, wenn nicht, lohnt es sich, einen lauen Frühlingsnachmittag zu genießen.« Der Baron sank in seinen Lehnstuhl zurück und füllte sich den Becher mit Wein nach. »Und jetzt lass mich bitte allein, ich bin unsagbar erschöpft.«
    Mathis verabschiedete sich und spürte in seinen verspannten Gliedern, dass er nächtelang keine Ruhe gefunden hatte. Die Gedanken jagten durch seinen Kopf, haltlos, ohne sich sinnvoll miteinander zu verbinden. Amédé de Troyenne will mit mir ausreiten. Das kann er nicht machen. Er, der den König traf, der Johanna von Orléans begleitete. Das wird nicht gut gehen. Gott hat die Welt in drei Stände geordnet, jeder hat seinen Platz in diesem Gefüge. Es steht mir nicht zu …
    Es war ein Schatten, vielmehr eine Bewegung im Hintergrund, die ihn aufmerken ließ.
    Sie war schön.
    Schlichtweg schön.
    Warum hatte er die Frau vorher nicht bemerkt? Wie lange stand sie schon hier? Mit einem Besen in

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