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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liv Winterberg
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scherte, was andere dachten.
    »Nein, meine Liebe, er war krank, und so lange war es auch rechtens, dass du nach ihm gesehen hast.«
    »Du weißt genau, dass wir im Mai heiraten wollen.« Ungeduld ließ Cathelines Stimme lauter werden, als sie beabsichtigte. Sie suchte Gretes Blick, doch die scheuerte den Tisch, ohne aufzusehen.
    Blanche richtete sich auf, schob den Hocker zurück und legte den Lappen in die Schüssel, die neben ihr stand. »Dann müsste Mathis sich langsam darum kümmern, das Einverständnis des Barons einzuholen. Du weißt, dass es nicht nötig ist, aber schon sein Vater hat stets darauf bestanden, seine Einwilligung zu geben, und so solltet ihr daran festhalten. Und bis das geschehen ist, solltest du dich zurückhalten.«
    »Rachel wollte den Kleinen nicht nehmen, weil sie Angst hat«, sagte Ysa in die Stille hinein, die nun zwischen ihnen stand. Es waren die ersten Worte, die sie nach der Geburt sprach, und ihre Stimme zitterte.
    Beunruhigt beobachtete Catheline Ysas Finger, die über den Kopf des Jungen strichen, der inzwischen an der riesigen Brust die Warze gefunden und zu trinken begonnen hatte. Fünf Kinder hat Ysa inzwischen zur Welt gebracht, fuhr es Catheline durch den Kopf, und man sieht es jeder Handbreit ihres Körpers an. Alles an ihr ist aus der Form geraten, und ihrem Leib entspringen dennoch kerngesunde Kinder. Muss eine Frau nach der Geburt deshalb nicht stolz und glücklich klingen? Irritiert von ihren abschweifenden Gedanken schaute sie zu Blanche hinüber, die sich zu Ysa auf die Bettstatt setzte, nicht ohne sich vorher noch einmal zu Catheline umzudrehen und deutlich den Kopf zu schütteln. Eine stumme Wiederholung ihrer letzten Worte.
    »Drei Geschwister hat mein Mädchen nun schon sterben sehen, ihr wisst darum«, flüsterte Ysa, und Tränen rannen ihr die Wangen herab. »Aber ihr wisst nicht, wie sehr sich Rachel davor fürchtet, dass Gott auch dieses Geschwisterchen zu sich holen und uns damit einmal mehr das Herz zerreißen wird.«
    »Jetzt hör auf zu weinen, was sollen die anderen denken, wenn sie dich so sehen«, sagte Blanche. »Überlege dir lieber, wie dein Sohn heißen soll. Du musst ihm einen Namen geben, damit die Feen ihn sich nicht holen. Also, wie soll er heißen?«
    »Luc, nach Martins Vater. Er wurde alt und war ein glücklicher Mann.«
    »Wir werden deine Schuhe mit Stroh auslegen, das gibt dir ein wenig Schutz gegen böse Mächte. Dein erster Gang mit deinem Sohn wird zur Kirche führen, und wenn Pfarrer Jeunet den Kleinen getauft hat, dann ist alles in deiner Macht stehende getan, dass Luc ein alter, glücklicher Mann werden kann. Der Rest liegt in Gottes Händen.«
    Catheline sah, dass Ysa zu Blanches Worten nickte, die Augen schloss und am schwarzen Flaum des Köpfchens roch.

Schloss Troyenne
    D ie Überraschung war Amédé gelungen, stellte Bérénice fest: Es war tatsächlich totenstill im Festsaal. Die Dunkelheit schien auch die Geräusche geschluckt zu haben, nicht einmal mehr das Rascheln der Kleider war noch zu vernehmen. Ein jeder schien die Luft anzuhalten und wie gebannt auf eine Erklärung zu warten, warum nach dem Mahl das Licht gelöscht worden war.
    Als die Tür an der Stirnseite des Saales sich öffnete, stürmte ein Mann herein, der zwei brennende Fackeln trug. Noch im Laufen warf er sie in die Höhe, zwei Feuerbälle, die umeinanderkreisten. Ein Raunen ging durch die Menge, als sie im Fallen dicht am entblößten Oberkörper des Spielmannes vorbeirauschten. Erst im letzten Augenblick, kurz bevor sie den Boden berührten, fing er sie auf, um sie sofort wieder in die Lüfte zu werfen. Bérénice lief ein Schauer den Rücken hinab.
    Erneut öffneten sich die Türen. Mehrere Spielleute stolzierten in den Saal, sie trugen Kienspäne bei sich, mit denen sie die Kerzen und Feuerschalen im Raum wieder entzündeten. Es folgten weitere Spielleute, die mit Drehleier, Rotte, Flöten, Psaltern und Trommeln einen Wirbelsturm der Klänge entstehen ließen. Der Mann mit den Fackeln sprang in die Höhe und begann, Feuer zu schlucken, um es in hohen Fontänen wieder hinauszuspeien. So eine Darbietung hatte selbst Bérénice noch nicht erlebt, und auch einigen der Gäste schien es so zu ergehen, denn Schreie der Begeisterung waren im Saal zu hören. Der Feuerschlucker verneigte sich und tänzelte mit seinen Fackeln unter Applaus aus dem Saal.
    Bérénice sah neben sich. Auf Amédés Teller lagen Reste vom Entenfleisch, ein gebratener Hühnerflügel und

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