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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Christen hätten sie die Pflicht dazu, hat er gesagt. Aber ich glaube, ihm ging es bloß immer ums Prügeln und nicht so sehr um den Glauben.« Das stellte Cy so schlicht fest, als erzählte er über Vernons Lieblingsessen. »Und als Daddy erfuhr, daß sie mit Mr. Tucker ging, hat er gesagt, sie hätte den Tod verdient.
    Und hat Mama verprügelt.«
    »Cy, kannst du dich erinnern, wann genau dein Vater und Tucker sich gestritten haben?«
    Tucker mußte sich ein Grinsen verkneifen. Der Ausdruck ›Streit‹ für die Schlägerei war doch zu schön.
    »Ich denke ja. Daddy kam heimgehinkt. Und sein Gesicht war grün und blau geschlagen.«
    »Und weißt du auch noch, was zwei Tage davor los war, als Edda Lou ermordet wurde? Kam er an dem Tag auch in Fahrt?«
    Es war die erste Frage, bei der Cy länger nachdenken mußte.
    Seine Augen waren nun nicht mehr glasig vor Angst.
    Geistesabwesend nahm er einen Schluck Cola. »Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Als er von Edda Lous Schwangerschaft Wind bekam, wurde er fuchsteufelswild. Aber wann das war, das kann ich Ihnen nicht mehr sagen.«
    Burns versuchte, ihm noch mit ein paar Fragen auf die Sprünge zu helfen, doch es kam nichts Neues mehr dabei heraus. So beschloß er, den Jungen in Ruhe zu lassen. Er hatte ja noch Ruthanne und Mavis Hatinger. Die konnten sich vielleicht besser erinnern.
    »Schön, Cy. Nur noch ein paar Fragen, dann kannst du gehen.
    Hat dein Vater das Messer, das du ihm bringen mußtest, oft bei sich getragen?«
    »Nur wenn er auf Jagd ging. Ein Rehbock am Stück ist viel zu schwer.«
    »Hat er dich oder andere Familienmitglieder je mit dem Messer bedroht? Hat er vielleicht einmal etwas von einer gerechten Strafe gesagt?«
    Cy vergrub das Gesicht in den Händen. »Er wollte Mr. Tucker die Kehle aufschlitzen! Er hat mir erklärt, wie ich ihn zum Bachdurchlaß locken soll. Und dann wollte er ihn erstechen. Er hat gesagt, er müsse so sterben wie Edda Lou. Das sei göttliche Gerechtigkeit. Und ich müsse Mr. Tucker zu ihm bringen, oder er würde mir die Augen ausstechen. Bitte, Mr. Tucker!« Cy schluchzte nicht mehr, aber er nahm die Hände nicht von den Augen. Es war wie bei einem Kind, das bei einer besonders gräßlichen Szene in einem Horrorfilm nicht zusehen kann.
    »Bitte, ich will nicht mehr daran denken müssen.«
    »Es ist schon gut, Cy.« Tucker erhob sich und stellte sich hinter den Jungen. »Lassen Sie ihn jetzt in Frieden, Burns.«
    Burns schaltete den Recorder aus und steckte ihn in die Tasche. »Ich bin kein Unmensch, Longstreet.« Er stand auf.
    »Mir ist klar geworden, daß es in dieser Stadt weitaus mehr Opfer gibt als die jüngst im Friedhof Begrabenen.« Er wünschte sich, Mitleidsbekundungen würden ihm ähnlich leicht fallen wie Tucker. Da dem aber nicht so war, nickte er dem Jungen aufmunternd zu. Mit steifen, doch durchaus ehrlich gemeinten Worten erklärte er: »Du hast richtig gehandelt, Cy. Mehr kann man von keinem Menschen erwarten. Vergiß das bitte nie.«
    Tucker legte Cy beide Hände auf die Schultern und blickte dem FBI-Beamten nach. Zum ersten Mal empfand er Achtung vor diesem Mann.
    »So, ich hole uns jetzt zwei Angelruten, Cy. Heute wird nicht mehr gearbeitet.«
    Tucker wußte, daß es mehrerer Gespräche und einiger Zeit bedurfte, bis Cy seine Schuldkomplexe überwinden und wieder etwas Selbstvertrauen gewinnen würde.
    Burns’ kleines Pensionszimmer in Innocence genügte allenfalls bescheidensten Ansprüchen. Andererseits sorgte Mrs.
    Koons für peinliche Sauberkeit. Darüber hinaus war sie diskret genug, nie in seinen Sachen herumzustöbern. Seine geheimen Unterlagen hielt er ohnehin immer unter Verschluß.
    Das Zimmer war mit einem Doppelbett, einer Kommode und einem Schrank ausgestattet. Dank seiner Überredungskünste hatte er Mrs. Koons nach drei Tagen einen Schreibtisch und einen Stuhl abschwatzen können. Ein Ventilator an der Decke sorgte mehr schlecht als recht für kühlere Luft, aber immerhin hatte er eins der wenigen Zimmer mit Bad bekommen. Burns hatte also durchaus Anlaß zur Zufriedenheit.
    Und noch etwas hatte er bekommen.
    Ausgestreckt neben ihm lag Josie Longstreet. Burns war noch ganz benommen von ihrem Nahkampf von vorhin. Er hatte keine Ahnung, wie sie nach einer Limonade im Chat ‘N Chew bei ihm auf der Matratze gelandet waren. Aber beklagen wollte er sich nicht.
    Eine derart wilde Nummer hatte er seit… Eigentlich hatte er so etwas mit noch keiner Frau erlebt. Die anderen waren alle kühl und

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