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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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dorthin, Daddy! Ich schwöre es dir! Ich dachte nur…« Eine Hand schloß sich um seine Kehle und drückte ihm mit eisernem Griff die Worte und die Luft ab.
    »Sogar mein Sohn verrät mich. Das Fleisch aus meinem Fleisch. Die Knochen aus meinen Knochen.« Er stieß Cy zu Boden. Trotz der Schmerzen wagte der Junge nicht zu schreien.
    Lange war nur beider Keuchen zu hören.
    »Du wirst zurückgehen«, befahl Austin schließlich. »Du wirst alles dort beobachten und mir Bericht erstatten. Du wirst mir sagen, in welchem Zimmer er schläft. Du sollst mir alles erzählen, was du siehst und hörst.«
    Cy wischte sich die Tränen aus den Augen. »Jawohl, Vater.«
    »Und du wirst mir Essen bringen. Essen und Wasser. Jeden Morgen und Abend bringst du mir etwas Frisches, verstanden?«
    Austin beugte sich näher über seinen Sohn. Sein Gesicht war eine gräßliche grinsende Grimasse, aus seinem Mund kam faulig stinkender Atem, und seine Iris wurde fast weiß im von draußen hereinfallenden Licht.
    »Und du verrätst kein Sterbenswörtchen. Niemandem. Auch deiner Mutter und Vernon nicht!«
    Was blieb Cy anderes übrig als ein verzweifeltes Nicken?
    »Jawohl, Vater. Aber warum willst du dir nicht von Vernon helfen lassen. Er kann den Laster…«
    Eine Ohrfeige ließ ihn verstummen.
    »Niemandem, habe ich gesagt! Sie werden Vernon überwachen, weil sie wissen, daß er auf meiner Seite steht. Aber auf einen wie dich wird keiner achten. Vergiß nicht, daß ich dich beobachten werde. Wo du auch bist, ich werde dich sehen und hören! Der Herr wird mir Augen und Ohren verleihen. Wenn du einen Fehler machst, wird sein Zorn dich treffen. Mit einem Hieb wird er dich spalten!«
    »Ich tue alles, was du von mir willst, ich versprech’s dir!«
    Austin schüttelte seinen Sohn an den zitternden Schultern.
    »Wenn du auch nur einem Menschen sagst, daß du mich gesehen hast, kann dich auch der Große Gott nicht mehr retten.«
    Für die Fahrt nach Sweetwater benötigte Cy fast eine ganze Stunde. Auf halber Strecke mußte er vom Rad steigen und sich übergeben. Danach ging es nur noch langsam weiter. Die Beine drohten ihm den Dienst zu versagen. Alle Minuten warf er einen ängstlichen Blick über die Schulter. Jedesmal rechnete er damit, seinen Vater den Gürtel schwingend hinter sich auftauchen zu sehen.
    Bei Cys Ankunft sichtete Tucker auf der Terrasse gerade die Morgenpost. Er sah kurz auf, als Cy das Rad abstellte.
    »Morgen, Cy.«
    »Morgen, Mr. Tucker.« Cys Stimme klang belegt. Er räusperte sich. »Tut mir leid, daß ich zu spät komme. Ich…«
    »Du kannst dir die Arbeitszeit doch selbst einteilen, Cy. So etwas wie eine Stechuhr führen wir hier nicht.«
    »Jawohl, Sir. Wenn Sie mir sagen, was ich machen soll, fange ich gleich an.«
    »Nur nichts überstürzen«, mahnte Tucker freundlich und steckte dem permanent auf einen Leckerbissen lauernden Buster ein Stück Schinken ins Maul. »Schon gefrühstückt?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Dann komm rauf, setz dich, bis ich mit der Post fertig bin.
    Ich erkläre dir gleich, was ich heute mit dir vorhabe.«
    Zögernd erklomm Cy die drei Stufen zur Terrasse. Buster empfing ihn schwanzwedelnd.
    »Der freut sich über Gesellschaft.« Tucker sah grinsend auf.
    »Ja, sag mal, was ist denn mit dir passiert?«
    »Ich habe nichts getan, Sir!«
    »Mensch, Junge, dein Ellbogen ist ja total aufgeschürft! Zeig mal her. Du blutest sogar! Sag, hat Vernon dich wieder verprügelt?«
    »Nein, nein! Vernon war’s nicht. Er wird oft böse, aber ich kann ihm schon aus dem Weg gehen. Mein Daddy…« Er biß sich auf die Zunge. Fast hätte er sein Geheimnis preisgegeben.
    »Vernon hat nichts damit zu tun. Ich bin nur gestürzt, ehrlich, Mr. Tucker.«
    Tucker hörte sich das Gestammel stirnrunzelnd an. Für ihn stand fest, daß jemand den Jungen geschlagen hatte.
    Andererseits wollte er ihn nicht zu dem Eingeständnis zwingen, daß sein Vater und sein Bruder ihre Wut gern an ihm ausließen.
    »Beruhige dich, mein Junge. Jetzt gehst du erst mal ins Haus und läßt dich von Delia verarzten. Und wenn du rauskommst, sage ich dir, womit du heute dein Geld verdienst.«
    Mit hängendem Kopf schlich Cy ins Haus. Tucker sah ihm kopfschüttelnd nach. Der Junge tat ihm aufrichtig leid.
    Als die Sonne ihren höchsten Stand erreichte, war zweierlei auf Sweetwater geschehen: Cy hatte den halben Rasen gemäht, und die Nachricht von der Talbot-Affäre hatte, dank Delias heißem Draht zu Earleen, die Longstreets aufgescheucht.
    Wie jede

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