SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
paar Sekunden, was es eigentlich darstellte. Eine erdolchte Einkaufstüte vielleicht? Oder doch ein hämisch grienendes Gesicht. Als ihr bewusst wurde, wie egal ihr das verflixte Bild war, gab sie sich einen Ruck und sah Tom wieder an. »Das ist nicht nötig, denke ich. Ich versuche, ihn morgen zu erreichen. Es hat keine Eile.«
»Verrat mir deinen Namen, damit ich ihn wissen lassen kann, dass du hier warst?«
»Nein, schon okay. Sag ihm am besten gar nichts ...«
Eine Kinderstimme schaltete sich ein. »Das ist Muriel.« Lina lugte und die Ecke. »Nun kommst du uns ja doch besuchen.«
»Natürlich ... «, sagte Tom als machte es irgendeinen Unterschied. »Ich wusste doch, dass ich dich schon mal irgendwo gesehen habe.«
Selbst wenn es für den Moment nichts änderte, tat es das allerdings. Dass Tom von ihr wusste, war wie ein kleines Kompliment an ihre Person. Sie wurde diskutiert im Hause Sands. Sie war Teil der Privatsphäre.
»Spielst du eine Runde mit?«, fragte Lina.
Da Muriel nicht allein sein wollte und eine Ablenkung begrüßt hätte, klang das Angebot gut. Andererseits erschien es ihr falsch, Leanders Appartement zu betreten – eingeladen von seiner Tochter, nicht von ihm – und sich dort aufzuhalten, bis er nach Hause kam. Er würde aus allen Wolken fallen, sich möglicherweise bedrängt oder überrumpelt fühlen. Sie wollte ihn nicht überrumpeln.
Ihr Zögern interpretierend, gab Tom mehr Details preis. »Leander ist in Rhode Island bei seinen Eltern. Heute Vormittag kam ein Anruf. Seinem Vater ging es nicht gut. Leander hat sich vorhin gemeldet und uns wissen lassen, dass soweit alles in Ordnung ist und er morgen den ersten Flieger nach Chicago nimmt.«
Diese Auskunft beinhaltete sehr viel mehr, als sie eigentlich sagte. Tom war über sie und Leander im Bilde.
»Wenn du magst«, fügte er hinzu, »kannst du uns gern Gesellschaft leisten. Wir trinken Erdbeermilchshakes, futtern Chips und haben die Regeln eines völlig verrückten Spiels, das mindestens drei Spieler verlangt, so abgeändert, dass es zu zweit funktioniert.« Sein Statement klang beinahe nach einer Bitte, ihn zu erlösen und sich als dritter Spieler zur Verfügung zu stellen.
»Wie heißt dieses Spiel denn?«, erkundigte sie sich.
»Dixit«, plauzte Lina und hüpfte aufgeregt durch den Flur – wahrscheinlich, weil sie ahnte, dass Muriel ihre Einladung annehmen würde. »Das hab ich von Dad zum Geburtstag bekommen. Es ist voll cool ...«
»Es ist voll psychedelisch«, unterbrach Tom sie, kniff ein Auge zu und rieb sich die Stirn.
»Ist es gar nicht!«
»Klar ist es das, du weißt nur nicht, was psychedelisch bedeutet.«
Lina zuckte die Schultern und hopste über die Türschwelle, um Muriels Hand zu ergreifen und sie in die Wohnung zu ziehen. »Weiß ich auch nicht. Aber es ist sicher was Doofes. Und das Spiel ist nicht doof.«
Wie sich herausstellte, war Dixit ein Kommunikationsspiel, das die Fantasie der Spieler auf Hochtouren brachte. Sie spielten mit wachsender Begeisterung, bis es für Lina Zeit wurde, ins Bett zu gehen.
Als Muriel sich verabschiedete, sagte Lina: »Wenn du das nächste Mal hier bist, spielen wir das zusammen mit Dad. Er ist echt gut darin. Seine Geschichten sind die schönsten.«
Bevor Muriel sich versah, umarmte Lina sie und wusste damit zuerst nicht umzugehen. Schließlich strich sie dem Mädchen über den Rücken und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Das machen wir«, versprach sie. »Nächstes Mal spielen wir mit Dad.«
»Mein Dad hat dich gern, weißt du«, kicherte Lina. »Wenn er von dir spricht, lacht er meistens.«
»Meistens? Ist er manchmal nicht auch furchtbar sauer auf mich?«
»Nein.« Sie noch immer umschlungen haltend, schüttelte Lina den Kopf. »Sauer ist er nie. Manchmal ist er ein bisschen traurig.« Sie rückte ein Stück von Muriel ab, um sie anschauen zu können und ergänzte mit verschwörerischem Blick. »Das versucht er vor mir zu verheimlichen, aber ich merke es trotzdem.«
***
Auch am Donnerstag ertönte um eine Minute vor neun nicht der vertraute Fahrstuhlgong. Muriel war die einzige, die nicht darauf lauschte, da sie ja wusste, dass Leander sich auf dem Rückflug von Rhode Island befand. Als er auch eine halbe Stunde später noch nicht in der Redaktion erschienen war, stellte sich jeder nicht nur auf einen weiteren Tag, sondern auch auf eine Redaktionssitzung ohne ihn ein.
Einige Kollegen reagierten missmutig, da sie Fragen an ihn hatten und mit ihren
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