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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Radtke
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weniger etablierten Spieler trauten sich noch nicht, sich vorzeitig abzusetzen. Hierzu gehörte auch ein Spieler, den selbst ich nicht kannte. Er stand, von zahlreichen Fans dicht umlagert, in eine Ecke gedrängt und schrieb ein Autogramm nach dem anderen.
    »Wer ist das denn?«, fragte Antje. Ich blieb ihr die Antwort schuldig. Dass selbst ich ihn nicht kannte, war mir sogar ein bisschen peinlich. Ich war mir sicher, ihn noch nie im Bayern-Trikot gesehen zu haben. Als meine Freundin sich bei einigen Fanclub-Vorsitzenden nach dem Namen des Spielers erkundigte, erhielt sie erstaunliche Antworten.
    »Das weiß ich nicht. Es soll aber ein Spieler sein!«
    Oder aber: »Keine Ahnung, Hauptsache, ich bringe eine Unterschrift mit nach Hause.«
    Das gab es doch nun wirklich nicht. Ein Phantom! Schließlich wurde es Antje zu blöd. In ihrer offenen, rheinischen Art fragte sie den armen Kerl direkt: »Sagen Sie mal, wer sind Sie denn eigentlich?«
    Der Unbekannte schaute auf. Sein Blick war entrüstet bis irritiert. So eine Frage hatte ihm heute noch niemand gestellt. Er stutzte, während sein Mund zur leisen, dialekt-gefärbten Antwort schmallippig wurde: »Wiblishauser.«
    »Entschuldigung, bitte wer?«
    »Wiblishauser. Ich bin Frank Wiblishauser.«
    Nun wussten wir Bescheid und waren gleichermaßen verblüfft. Frank Wiblishauser war Amateurspieler ohne einen Einsatz bei den Profis. Es gab Dutzende von Autogramm-Sammlern an diesem Abend, die nicht wussten, wen sie da vor sich hatten. Hauptsache ein Autogramm von jemandem, der einen Klubanzug trug. Phänomenal. Kleider machen offenbar nicht nur Leute, sondern bisweilen auch Stars.
    Im Oktober schloss ich endlich mein Abendstudium zum Versicherungs-Fachwirt ab. Zufrieden bilanzierte ich dabei nicht nur den Notenspiegel, sondern stellt auch fest, trotz ungezählter Vorlesungen und Prüfungen auf kein Bayern-Spiel verzichtet zu haben. Mit 26 Jahren hatte ich mich nicht nur beruflich etabliert, sondern war mit diesem Abschluss immerhin ein kleines bisschen weiter gegangen als andere aus meinem Azubi-Jahrgang. Andererseits hatten manche von denen immerhin Abitur. Mich wurmte es nämlich immer noch, seinerzeit nicht zugelassen worden zu sein.
    Sportlicher Höhepunkt der Saison war die Champions League. Erstmals, seitdem 1992 der Nachfolge-Wettbewerb des Europapokals der Landesmeister eingeführt worden war, nahm der FC Bayern daran teil. Mit Ajax Amsterdam im Halbfinale kam trotz des noch ungewohnten Formates so etwas wie nostalgisch anmutende Europacup-Historie wieder hoch. Immerhin war ja noch der Pokal derselbe. Dieses Duell konnte und wollte ich mir mit Hin- und Rückspiel nicht entgehen lassen. Wieder ab nach München. Eine gewisse Flexibilität, was Entfernungen anbelangt, ist schon vonnöten, wenn der eigene Verein seine Heimspiele knapp 600 Kilometer entfernt austrägt.
    Das Spiel hielt nicht, was es von der Besetzung her versprach. Das 0:0 ließ für das Rückspiel nichts Gutes ahnen. Um fünf Uhr morgens war ich wieder zurück in Köln. Der Briefkasten war vom Vortag noch gefüllt, und ich entdeckte einen Brief aus München, vom FC Bayern. Fanclub-Vorsitzende haben am liebsten Wertbriefe mit Eintrittskarten im Briefkasten. Wenn ein normaler Brief aus der Säbener Straße zugestellt wird, bedeutet das meist eine Absage für bestellte Eintrittskarten. Und diesmal? Ich wartete sehnsüchtig auf Tickets zum Rückspiel in Amsterdam, bekam aber nur eine Aufforderung, für die Anreise zum Spiel ausschließlich den Sonderzug zu benutzen, der von München aus auch in Duisburg Halt machen würde. Von den Spielen in Enschede und Eindhoven war ich ja schon einiges an Sicherheitsvorkehrungen gewohnt. Aber das hier übertraf alles Bisherige. Nun gut, dachte ich mir, dann soll es eben so sein. Das war schließlich mal ganz was anderes.
    Zwischenzeitlich ging es ohnehin noch zum Bundesliga-Auswärtsspiel bei Eintracht Frankfurt. Was für ein geniales Spiel. Es wogte hin und her. Witeczek schoss für uns das 1:0. Die Eintracht glich aus und ging ihrerseits mit 2:1 in Führung, bevor erneut Witeczek, zweimal Ziege und Frey einen herrlichen 5:2-Sieg herausholten. 5:2! Das kommt auswärts wahrlich nicht oft vor. Und erst recht nicht mit so einer jungen Nachwuchsmannschaft. Wir waren guter Dinge.
    Die Heimfahrt versprach lustig zu werden. Komisch war nur, dass die Eintracht-Fans, die wir auf der Autobahn überholten, alles andere als geknickt waren. Ganz im Gegenteil, die waren bester Laune

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