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Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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sie, dass man die Dinge, die man verlässt, niemals mehr im selben Zustand antrifft.
    Der Verfall des Herrenhauses tat ihr weh. Wusste Ruppert, wie es hier aussah?
    Beklommen betätigte sie den Messingklopfer.
    »Ja, was ist denn jetzt schon wieder? Hat man denn nie seine Ruhe?« Es war die Stimme des Verwalters Schwarzrock, die sie hörte. Gleich darauf wurde ihr die Tür geöffnet. Aber der Mann mit den grauen Bartstoppeln, den zerzausten Haaren und der fleckigen Bluse, war das wirklich Schwarzrock?
    »Ja?«, herrschte er sie an. Er blinzelte aus trüben Augen, und Malu wurde von einer Wolke aus alkoholischen Ausdünstungen umnebelt.
    »Guten Tag, Herr Schwarzrock«, sagte sie steif und betont kühl. »Sie kennen mich sicher noch. Marie-Luise von Zehlendorf.«
    Schwarzrock kratzte sich ungeniert am Hintern, während er Malu argwöhnisch beäugte. »Na und?«, fragte er. »Was wollen Sie hier?«
    »Ich möchte mich über den Zustand des Gutes informieren.«
    Schwarzrock kniff die Augen zusammen. »Das gehört Ihnen nicht. Der Besitzer ist der junge Ruppert von Zehlendorf.«
    Malu nickte. »Dann ist Ihnen sicherlich auch bekannt, dass ich auf dem Gut lebenslanges Wohnrecht habe. Und jetzt bitte ich Sie, mir meine Zimmer herzurichten.«
    »Wie?« Schwarzrock klappte der Unterkiefer herunter. »Sie wollen bleiben?«
    Malu antwortete nicht, doch sie sah dem Verwalter so direkt in die Augen, dass er den Blick schließlich abwandte. »Dann muss ich nach Ilme schicken«, brummte er. »Und die eigene Arbeit muss liegen bleiben. Aber ganz, wie die Herrschaft es wünscht.«
    Malu breitete die Arme aus und sah sich um. »Es sieht so aus, als ob man auf Zehlendorf oft Gäste beherbergt, denn Ihre Arbeit scheint schon seit einiger Zeit liegen geblieben zu sein.«
    Schwarzrock funkelte sie böse an. »Was wissen Sie denn schon? Niemand will mehr bei den Deutschen arbeiten. Wie soll ich das alles alleine schaffen?«
    »Bezahlen Sie die Leute anständig, dann werden Sie auch welche finden, die hier ihr Auskommen suchen.« Malu schlüpfte an dem Mann vorbei ins Haus. Auch hier starrte alles vor Dreck. »Leben Sie jetzt hier?«
    Schwarzrock verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja, das tue ich. Der junge Herr hat es so gewollt.«
    »Fein«, erwiderte Malu. »Dann weisen Sie bitte das Mädchen an, hier gründlich sauber zu machen.«
    Schwarzrock musterte sie wieder von oben bis unten. Dann steckte er zwei Finger in den Mund und pfiff so markerschütternd, dass Malu zusammenzuckte.
    Gleich darauf kam ein junges Mädchen angelaufen, das Malu noch nie hier gesehen hatte. Das fettige Haar hatte es zu einem unordentlichen Zopf zusammengebunden, auf seinem Kleid prangten Flecke.
    »Was ist los, du alter Bock?«, wollte sie von Schwarzrock wissen. Malu würdigte sie keines Blickes.
    Schwarzrock wies mit dem Finger auf Malu. »Das gnädige Fräulein ist zurück. Richte ihr das Zimmer.«
    Das Mädchen besah sich Malu von oben bis unten. Beinahe hatte Malu den Eindruck, sie würde gleich umrundet werden wie eine Litfaßsäule.
    »Nun?«, fragte Malu kühl. »Wirst du mit der Arbeit beginnen?«
    Das Mädchen zuckte mit den Schultern. »Dann muss anderes halt liegen bleiben«, erklärte sie.
    »Was zum Beispiel?«, wollte Malu wissen.
    Wieder zuckte das Mädchen mit den Schultern und wies mit dem Daumen auf Schwarzrock. »Fragen Sie den da. Der sagt, was getan werden muss, wenn er nicht gerade mal wieder besoffen ist.« Sie kicherte, bevor sie sich aufreizend langsam zu einem der großen Wäscheschränke in der Diele begab.
    Malu reichte es. »Schwarzrock, ich möchte, dass Sie Ilme hierher holen. Sofort. Und dann sorgen Sie dafür, dass dieser Saustall aufgeräumt wird. Wenn ich wiederkomme, möchte ich mich im Fußboden spiegeln können. Haben Sie verstanden?«
    Schwarzrock blinzelte, doch dann nickte er. »Sehr wohl, gnädiges Fräulein.«
    »Heute Nachmittag sehe ich mir die Ställe und das Vieh an. Dazu will ich die Scheunen und Scheuern sehen und Einblick in die Bücher erhalten.«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Schwarzrock und kratzte sich dieses Mal am Kopf, »ob das dem jungen Herrn so recht wäre.«
    Malu kniff die Augen zusammen. »Ich rate Ihnen, Schwarzrock, tun Sie, was ich Ihnen sage. Sonst sind Sie die längste Zeit hier Verwalter gewesen.«
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ das Herrenhaus.
    Draußen kämpfte sie die Tränen nieder. Sie hatte geahnt, dass mit Zehlendorf nicht alles zum Besten stand, aber einen

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