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Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Gewinne ihres kleinen Unternehmens bezahlen konnte. Doch Constanzes Seele kam nicht zur Ruhe. Noch immer schwirrte sie wie ein Schmetterling durch ihr Leben, noch immer hatte sie kein Ziel und keinen Platz für sich gefunden, noch immer verharrte Constanze in ihrer Kindlichkeit und scheute jede Verantwortung.
    Malu beendete die letzten Arbeiten an ihrem Pessachkleid, das aus einem engen roten Rock bestand und von einem Überkleid, nur zwei Handbreit kürzer als der Rock, bedeckt wurde und in Material und Stil einer typischen lettischen Tracht entsprach. Vom Saum zogen sich rote quadratische Stickereien in die Höhe, die von einem breiten roten Gürtel unterbrochen wurden. Der V-Ausschnitt war gleichfalls mit roten Quadraten bestickt. Dazu würde Malu helle Stiefel tragen, lange Handschuhe in der Farbe des Oberkleides und eine bestickte Kappe.
    Knapp eine Stunde vor Beginn des Festes war Malu fertig. Sie eilte aus dem Atelier in ihr Haus. Alle Fenster waren beleuchtet, vor der Tür wartete ein livrierter Diener. Kerzenlicht warf warme Schatten auf das Pflaster vor dem Haus.
    In der kleinen Eingangshalle brannten unzählige Kerzen. Ein Kleiderständer aus dem Atelier war hergebracht worden, um die Garderobe der Gäste zu beherbergen. In der Küche schuftete die Köchin, unterstützt von zwei Hilfen.
    Malu spähte durch die geöffnete Tür. Die Köchin stand am Herd, das Gesicht hochrot, die eine Faust in die Seite gestützt, mit der anderen Hand rührte sie in einem Topf.
    »Das sind mir komische Bräuche«, schimpfte sie vor sich her. »Die Feiertage gleich mit einem Festschmaus zu beginnen.« Sie wandte sich um, ohne im Rühren innezuhalten. »Bituja, hast du den Sedertisch so gedeckt, wie der Herr Doktor es befohlen hat?«
    Das Mädchen nickte. »Geschirr, Kerzen und Leuchter und an jedem Platz diese Broschüre, diese Haggada.«
    »Gut.« Die Köchin rührte weiter und schüttelte ihren Kopf. »Komische Bräuche, ich sage es ja. Und diese Sederplatte! Herr im Himmel! Wer ist nur auf die Idee gekommen, bei einer Festtagsplatte Bitterkraut zu benutzen.«
    »Das Bitterkraut«, hörte Malu eine vertraute Stimme sagen, »ist eine Erinnerung daran, wie bitter das Leben der jüdischen Sklaven in Ägypten war.« Es war die Stimme ihrer Schwiegermutter Shula Salomonowa, die offenkundig in einer Ecke saß, die Malu nicht sehen konnte.
    »Aha.« Die Köchin gab sich mit dieser Erläuterung noch nicht zufrieden. »Und wozu dienen die hartgekochten Eier, die jeder Gast bekommt? Hartgekochte Eier! So etwas essen die Bauern zum Frühstück, aber doch nicht zu einem Festmahl! Und dann noch in Salzwasser.«
    »Das Ei ist das Symbol für das ewige Leben, und das Salzwasser steht für die Tränen«, erklärte Shula mit Geduld und einem Lächeln in der Stimme.
    Wieder schüttelte die Köchin den Kopf. »Tränen, Sklaverei, Bitterkraut. Ihr Juden versteht es wirklich zu feiern.«
    »Vergesst die vier Gläser Wein nicht, die man während der Lesung der Haggada trinken muss.«
    Jetzt nickte die Köchin. »Die werden Sie auch brauchen, gnädige Frau, wenn ich das mal so sagen darf.«
    »Sie dürfen alles sagen, meine Liebe.« Wieder hörte Malu aus Shulas Stimme das vertraute Lächeln.
    Am liebsten hätte Malu ihrer Schwiegermutter einen Handkuss zugeworfen. Sie mochte Shula von dem Moment an, als sie sich kennengelernt hatten. Ihre Schwiegermutter hatte Viola als Enkeltochter angenommen, ohne zu fragen, woher das Kind stammte. Und sie liebte Daniel. Zugleich hielt sie sich mit gut gemeinten Ratschlägen zurück und mischte sich nicht in die Angelegenheiten der jungen Familie. Und sie ließ auch keinen Zweifel daran, dass sie stets da war und da sein würde, wann immer ihre Hilfe gebraucht wurde.
    Ich habe eine wunderbare Familie, dachte Malu. Und in Shula endlich die Mutter, die ich nie hatte, die ich aber für meine Kinder sein möchte.
    Sie huschte die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer und klingelte nach einem Mädchen, das ihr beim Anziehen helfen sollte. Die ersten Automobile hielten vor dem Haus, als Malu, frisch gekleidet und frisiert, die Treppe hinunterkam.
    Neben dem Eingang stand David. Als er sie sah, leuchteten seine Augen. Sein Blick verriet mehr als Worte. Ich liebe dich, las Malu darin. Du bist schöner als je zuvor.
    Und sie fühlte sich warm und sicher, geborgen und zu Hause.
    Während des Sedermahls bemerkte Malu, dass die Frau von Davids Kollegen, eine Litauerin mit Namen Birute, sie verärgert ansah. Malu konnte keinen

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