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Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Französisch, Etikette und Stil unterrichtete, derweil sich Voigt weiterhin mit den Jungs abmühte. Während Johann mit dem gleichaltrigen Ruppert Mathematikaufgaben löste, übten sich die ebenfalls gleichaltrigen Mädchen mit schwierigen Stickereien.
    Später stand der Quadrilletanz mit der Schweizer Bonne auf dem Lehrplan. Der Tanzunterricht wurde im Ballsaal auf dem Gut abgehalten. Die Bonne saß am Klavier und gab herrische Anweisungen. Malu und Constanze ließen sich kichernd abwechselnd von Ruppert und Johann führen, wobei Ruppert eine hochmütige Gelassenheit an den Tag legte und alle Figuren so tanzte, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, während Johann mit rotem Kopf schwitzte und meist eine Drehung in die falsche Richtung ausführte.
    »Monsieur!«, rief die Bonne. »Den Rücken gerade.«
    Und Johann streckte sich und schnaufte und setzte doch jedes Mal den falschen Fuß in die richtige Richtung.
    »Mademoiselle!«, rief die Bonne und blickte mit strenger Miene auf Malu. »Sie haben keinen Baumstamm vor sich, sondern einen schmiegsamen Mann.«
    Und dann kicherte Malu, bis sie die hochgezogenen Brauen der Bonne sah. Anschließend versuchte sie, zierlich Schritt für Schritt zu setzen, während Constanze über das Parkett glitt, als wäre sie dafür gemacht. Constanzes Drehungen waren anmutig, ihre Haltung von großer Vornehmheit, und ihre Füße bewegten sich im Takt der Musik. Die Damenmühle führte sie mit solcher Grazie aus, dass die Bonne anerkennend nickte, während sie für Malus Versuche nur ein ärgerliches Zungenschnalzen übrig hatte.
    Übersetzten die Jungen lateinische Texte, unterwies Frau Mohrmann die beiden Mädchen in der Hauswirtschaft. Sie brachte ihnen die Vorratshaltung bei, erklärte, welches Gemüse zu welcher Zeit zu verarbeiten ist und was man aus den Früchten des Gartens und der Felder alles machen konnte.
    Einmal fragte Constanze ihre Mutter: »Warum muss Malu das alles wissen? Sie wird immer Bedienstete haben, die diese Dinge für sie erledigen.«
    Doch bevor Frau Mohrmann antworten konnte, erwiderte Malu: »Wie kann ich wissen, ob die Bediensteten alles richtig machen, wenn ich nicht weiß, wie es geht? Mein Vater sagt immer, auf einem Gut muss ein Gutsherr jede Arbeit beherrschen, damit er seinen Angestellten etwas vormachen kann. Genauso wird es im Hause sein.« Sie nahm den Kochlöffel, fischte ein paar gekochte Äpfel aus dem Kessel und rührte sie in der Flotten Lotte zu Brei.
    Allerdings ging es im Unterricht bei Frau Mohrmann sehr viel lustiger zu als im Nachbarraum bei den Jungen. Während sie Pilze trocknete oder einlegte, erzählte die Pfarrersfrau den Mädchen in ihrem komischen lettischen Akzent Geschichten aus ihrer Kindheit. Sie brachte den Mädchen bei, sich die Haare nach Art der lettischen Frauen zu flechten, ein anderes Mal hielt sie einige Lektionen im Nähen ab. Schon bald kannte Malu die unterschiedlichen Stoffe besser als je zuvor. Hatte sie es im Gutshaus vornehmlich mit Organza, Samt, Seide und Brokat zu tun gehabt, so lernte sie jetzt die einfachen Stoffe wie Leinen und Tuch kennen. Manchmal stahl sie aus dem Kleiderschrank ihrer Mutter ein lange nicht getragenes Kleid, um es gemeinsam mit Frau Mohrmann und Constanze abzuändern. Malu fieberte diesen Stunden regelrecht entgegen. Nina, die Wäschemagd, konnte hervorragend mit der Nähmaschine umgehen, doch Frau Mohrmann besaß einen Geschmack, der Malus Kleiderträumen entgegenkam. Sie wusste stets, wo man noch eine Falte stecken musste, damit das Kleid eleganter fiel, wo noch eine Borte, eine Stickerei oder ein besonders schöner Knopf anzusetzen war. Und sie war es auch, die die Mädchen ermunterte, das erste eigene Kleid zu schneidern.
    »Ich werde mir ein weißes Kleid machen«, erklärte Constanze. »Im Mai werde ich damit auf der Maifeier des Dorfes tanzen. Es soll Rüschen haben und Stickereien und Falten.«
    Frau Mohrmann schüttelte den Kopf. »Du willst zu viel auf einmal, Constanze. Entweder Rüschen oder Stickereien. Schau, Sticksachen sind manchmal die reinsten Kunstwerke. Wenn du dazu noch Rüschen nimmst, dann stiehlst du der Stickerei die Aufmerksamkeit. Also, entscheide dich.«
    Constanze verzog das Gesicht ein wenig, denn sie hasste es, gescholten oder kritisiert zu werden. Schon als kleines Kind war sie immer gleich beleidigt gewesen, wenn es an ihr etwas auszusetzen gab, und diese Verhaltensweise hatte sie beibehalten, obwohl sie beinahe schon erwachsen war. Und so

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