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Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Riga: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Finger sehen und das Gut vor möglichen weiteren Enteignungswellen schützen.«
    Wieder nickte Malu. So war Ruppert schon immer gewesen. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog er es durch, ohne Rücksicht auf die, die von ihm abhängig waren.
    »Ich bin nicht zum Vergnügen nach Berlin gekommen«, fuhr Ruppert fort. »Die Landwirtschaft verliert an Bedeutung. Wer weiß, wie lange sich ein Gut noch lohnt. Ich werde in Berlin Geschäfte machen.«
    »Geschäfte?« Malu zog verwundert die Augenbrauen nach oben, während Constanze ein wenig spöttisch lächelte. Aus jedem Dorf im ganzen Reich waren die Landjunker gekommen, um in der Hauptstadt Geschäfte zu machen. Doch nur die wenigsten hatten es tatsächlich geschafft. Die meisten waren nach ein paar Wochen mit leeren Börsen zu ihren Äckern zurückgekehrt.
    »Was für Geschäfte?«, fragte Malu lächelnd.
    Ruppert grinste breit. »Oh, da bin ich ganz offen. Einem Mann wie mir bieten sich sicherlich viele Möglichkeiten.« Er beugte sich ein wenig aus der Droschke, weil sie mit einem Ruck angehalten hatte. »Hey, was ist los? Warum geht es nicht weiter?«, rief er dem Kutscher zu.
    »Demonstration«, erwiderte der Mann auf dem Bock wortkarg.
    Ruppert, Malu und Constanze standen in der offenen Droschke auf, um besser sehen zu können. Tatsächlich, aus einer Seitenstraße ergoss sich ein Demonstrationszug genau auf die Hauptstraße vor ihnen.
    »Kennen Sie keinen anderen Weg?«, herrschte Ruppert den Kutscher an.
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Der andere Weg führt über die Seitenstraße links. Wir müssen warten, bis die Leute vorbei sind.« Er spuckte eine Ladung Kautabak auf die Straße. »Ist nicht das Schlechteste, wenn die Reichen mal sehen, wie es den Armen ergeht.«
    Ruppert setzte zu einer bissigen Bemerkung an, aber Malu zog ihn am Arm und deutete mit dem Kopf auf die Demonstranten. Es war ein Zug von Kriegsversehrten, der ihnen den Weg versperrte.
    Ein arm- und beinloser Mann wurde auf einem Rollwagen geschoben. Über den Stümpfen lag wohl normalerweise eine Decke, heute jedoch zeigte er der Welt, was der Krieg ihm angetan hatte. Sein Gesicht zeigte Entschlossenheit. »Haben wir dafür im Krieg gekämpft? Für Versehrtenrenten, die nicht einmal für Brot und Milch reichen?« Laut und anklagend durchdrang seine Stimme die Menschenmenge.
    Malu zuckte zusammen, als sie sah, mit welchem Hass im Blick er sie musterte. Hastig wandte sie das Gesicht ab.
    Hinter dem Mann auf dem Rollwagen wurde ein Karren gezogen. Auf ihm hockten Männer, denen die Beine amputiert worden waren. Einige trugen zerfetzte Uniformen. Zwei der Uniformen waren mit Auszeichnungen bestückt. Neben dem Karren liefen verhärmte Frauen mit grauen Gesichtern, die dürre, kränkliche Kinder an den Händen führten.
    »Was soll denn das?« Ruppert verzog angewidert den Mund. »Müssen die sich so zur Schau stellen? So Mitleid heischend? Waschlappen, Jammerlappen sind das, sonst wären sie im Krieg ungeschoren davongekommen.« Er schüttelte den Kopf und wandte sich vorwurfsvoll an Constanze. »Ist das in Berlin immer so? Ekelhaft! Widerwärtig.«
    Constanze schwieg. Sie war blass. Ihr Blick war voller Mitleid auf die Versehrten gerichtet.
    Der Kutscher wandte sich zu Ruppert um und betrachtete ihn von oben bis unten. »Haben Sie auch gedient?«, fragte er.
    »Natürlich!« Ruppert warf sich in die Brust und schien dabei ganz vergessen zu haben, dass er aus deutscher Sicht für den Feind in die Schlacht gezogen war, denn er hatte in der russischen Armee unter dem Befehl des Zaren gekämpft. »Ich war Offizier!«, erklärte er stolz.
    Der Kutscher nickte. »Wo haben Sie gekämpft? Haben Sie in Flandern im Graben gelegen? An der Somme? Wo waren Sie, als die da zum Krüppel geschossen worden sind, als die Gasangriffe kamen? Haben Sie sich im Schützengraben die Glieder abgefroren?« Er musterte Ruppert noch einmal, dann drehte er sich wieder nach vorn um. »Ich warte«, sagte er störrisch. »Wenn Sie nicht warten wollen, steht es Ihnen frei, eine andere Droschke zu nehmen.«
    Ruppert sah sich um. Die Straße hinter ihnen war verstopft von Automobilen. Schon begannen die Ersten, ärgerlich zu hupen. Nach vorn war auch kein Durchkommen möglich. Aus den Seitenstraßen ergossen sich immer mehr Demonstranten.
    »Wie weit ist es noch?«, fragte Ruppert seine Schwester.
    »Oh, ein ganzes Stück noch. Wir werden warten müssen, wenn du deine Koffer nicht selbst schleppen willst.«
    Mit

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