Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
Vom Netzwerk:
entzündet dann die Lampe und nimmt diese mit in die Küche. Sie stopft zusammengeknüllte Zeitungsblätter in den Kamin, wo noch ein paar Scheite glühen, und bald schon brennt das Feuer, um Wasser für den Tee zu kochen und ein paar Pfannkuchen zum Frühstück. Sie ruft Nathaniel zu, er solle aufstehen. Wenn er es nicht tut, wird ihnen die Zeit knapp. Sie müssen heute zeitig aufbrechen, wenn sie es bis zum Kap und vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück schaffen wollen.
    Tags zuvor waren von Dr. Leask ein Brief und ein Paket für Henry eingetroffen. Dringende Geschäfte hielten ihn davon ab, an Henrys Geburtstag nach Red Ridge zu kommen. Zusammen mit seiner Entschuldigung hatte er eine Gesamtausgabe von Gibbons Verfall und Untergang des Römischen Reiches mitgeschickt und versprochen, sie würden bei seinem nächsten Besuch wie geplant zur Insel fahren und die Pinguine besuchen. In der Zwischenzeit werde Mrs. Croad für den jungen Herrn einen Kuchen backen und für ein angemessenes Abendessen sorgen.
    Obwohl Henry über diese Planänderung kein Wort gegenüber Jemma verlor, war seine Enttäuschung offensichtlich. Den ganzen Tag über brachte sie kaum zwei Worte aus ihm heraus. Erst als sie ihm einen anderen Ausflug vorschlug, an einen Ort, wo sie und Nathaniel ihn mitnehmen konnten, wurde er fröhlicher. Er sei noch nie am Cape Schanck gewesen, sagte er. Er habe viele Geschichten über dieses Kap gehört, über die Schmuggler an der Bushrangers Bay und den entflohenen Häftlingen, die man dort an Land gebracht habe, von den Schiffen, die an den Felsen Schiffbruch erlitten hatten. Und obwohl es gerade mal fünfzehn Kilometer weit entfernt lag, sei er selbst noch nicht dort gewesen.
    Als sie aufbrechen, brennt die Luft scharf auf ihrer Haut, aber wenigstens ist kein Nebel. Bis Flinders ist der Ritt nicht beschwerlich, denn die Hügel sind nirgendwo steil, und die Straße ist gut ausgetreten. Sie reiten durch einen Wald aus Eukalyptusbäumen und Kasuarinen und über sanft wellige Weiden, auf denen gelegentlich verschlafene Rinder- oder Schafherden anzutreffen sind, die Sonne erhebt sich zu ihrer Linken über der Westernport Bay. Manchmal reiten sie zu dritt nebeneinander, manchmal drängt Nathaniel ungeduldig voran und lässt Jemma und Henry nebeneinanderher traben und sich dabei unterhalten.
    Henry würde ihr gern erzählen, dass er sie unten an der Honeysuckle Beach beobachtet und noch nie jemanden – egal ob Mann oder Frau – gesehen habe, der so schwimmt wie sie. Er würde gern erfahren, wie sie so gut schwimmen und zeichnen gelernt hatte. Es gibt so vieles, was er gerne wissen möchte, aber jedes Mal, wenn er ihr eine persönliche Frage stellt, speist sie ihn mit derselben Information ab, einer langweiligen Geschichte, die nicht ganz echt zu sein scheint.
    Am späten Vormittag verlangsamt sich ihr Schritt. Es müssen eine Reihe steiler Schluchten überwunden werden, in die sie auf gewundenen Pfaden in engen Serpentinen hinuntersteigen müssen. Kürzlich niedergegangene Regengüsse haben den unebenen Pfad glitschig gemacht, und sie müssen absteigen, um die Pferde durch einen angeschwollenen Fluss zu führen. Einmal werden sie unterwegs sogar von einer Ameisenigelfamilie aufgehalten, die aus dem Adlerfarn herauskommt und langsam ihren Pfad kreuzt. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, bis sie auf der anderen Seite wieder aus der Schlucht herauskommen und die Höhe erreicht haben. Aber als sie das Buschland hinter sich lassen, sehen sie es endlich in seiner windgepeitschten Schönheit vor sich liegen – das Kap mit dem Leuchtturm an seiner Spitze.
    Vor Freude stößt Henry einen Pfiff aus. Er hatte nicht mit dem seltsam lebendigen Eindruck gerechnet, den das Kap machte, wie ein Dinosaurier, dessen Nacken und Kopf ins Meer geplumpst waren.
    Auch Nathaniel ist beeindruckt, wenn auch aus anderen Gründen. Er kann nicht umhin, auf die Schichten schwarzen Basalts und roten Lehms zu deuten und mit der Selbstsicherheit von jemand, der auf diesem Gebiet bewandert ist, zu erklären, wie sich durch den ständigen Lavastrom dieser klar zu erkennende Sandwicheffekt aufgebaut hat. Jemma bemerkt den verwunderten Blick, mit dem Henry ihn ansieht, als frage er sich, woher er diese Dinge wisse. Laut schlägt sie vor, die Pferde zurückzulassen und zu Fuß hinunterzusteigen, wobei sie die Gelegenheit nutzt, Nathaniel etwas ins Ohr zu flüstern.
    Henry jedoch entgeht nichts. Im Lauf der vergangenen Monate hat er sich an gewisse

Weitere Kostenlose Bücher