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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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Mienenspiel, wenn Wasser und Seifenschaum von ihrer Haut tropften. Sie sangen eigens für sie erfundene Lieder, Unsinnsreime zu alten Melodien und Lieder, die sie aus ihrer Kindheit ausgekramt hatten und die alle dazu ersonnen waren, um Lucys Aufmerksamkeit zu buhlen. Obwohl es schon zwei Tage her war, dass sie von der Feuersbrunst überrascht wurden, fanden sich noch immer schwarze Ascheflocken in ihren Ohrmuscheln und Moosstückchen unter ihren Nägeln. Jemma nahm einen Waschlappen und hob ihn über Lucys Kopf, um einzelne Wassertröpfchen herauszudrücken und ihr aufs Haar fallen zu lassen. Diese tägliche Taufe bedeutete ihr mehr als alles, was in der Kirche passieren könnte. Nach dem Schrecken des Feuers hat Jemma jedoch Gotardos Bitten nachgegeben. Lucy Rose Voletta wird am kommenden Sonntag getauft werden.
    Ehe es dunkel wird, spielen die Kinder draußen im Garten »Strauchdiebe und Gendarm«. Gelegentlich sausen sie an einem der Fenster vorbei, gefolgt von Lucy, die »Bleib stehen, Dieb!« ruft. Am späteren Abend schlafen die Kinder vor dem Kamin ein. Jemma verfolgt das über ihre Körper hüpfende gelbe Licht, die Wärme der domestizierten Flammen, die anders als das Buschfeuer nicht bedrohlich sind wie eine Eidechse im Vergleich zu einem Drachen. Die Erwachsenen trinken auf Harriet Farmer und debattieren fröhlich darüber, wie man diese einheimische Frau, dank derer die Volettas dem sicheren Tod entkamen, am besten belohnen könnte.
    Jemma fällt ein, dass sie seit dem Feuer vor zwei Tagen kein einziges Mal an Nathaniel Byrne gedacht hat. Im Moment scheint in ihrem Kopf kein Platz für ihn zu sein – es ist, als wäre all ihr aufgestautes Verlangen in der gewaltigen Hitze des Feuers verpufft. Sie waren vom Tode gestreift, mit dem Leben davongekommen, und nun ist alles anders als zuvor. Diese Feuerprobe hat sie verändert. Sie glaubt langsam zu verstehen, was Zufriedenheit bedeuten könnte: sich einfach mit dem zufriedengeben, was man hat. Sie lässt ihren Blick über die Runde um den Tisch schweifen und hegt selbst für Battista und Aquilino warmherzige Gefühle, die sich an diesem Abend – zum ersten Mal, seit sie sie kennt – wirklich zu freuen scheinen, sie zu sehen. Und sie ist wahrhaft glücklich, eine von ihnen zu sein. Sie leert ihr Glas Wein und hält es Pliny zum Nachschenken hin, beteiligt sich an der angeregten Unterhaltung, fühlt sich wohl in ihrer Haut und endlich zu Hause.
    Um Mitternacht machen sie sich auf den Heimweg über den staubigen Weg, der die beiden Anwesen miteinander verbindet. Jemma trägt die in eine Decke gewickelte Lucy, deren Lockenkopf auf der Schulter ihrer Mutter ruht und deren Rosenknospenmund sich gelegentlich verzieht, wenn sie im Schlaf schnieft. Gotardo geht mit der Laterne voran. Vom Ast eines Eukalyptusbaums beobachtet sie ein Paar runder goldener Augen. Eine Eule schreit und rauscht in die Dunkelheit davon. Gotardo bleibt stehen und lässt seinen Blick über die Weiden wandern, und Jemma weiß genau, was er denkt. Wie leer sie aussehen. Sie tritt hinter ihn und bläst ihm weißen Hauch ins Ohr. Die Kühe werden nach Hause kommen , sagt ihr Lächeln. Es ist ein kleiner Scherz zwischen ihnen, ein Satz, der ihn aufmuntern soll, wenn ihn die Verzweiflung niederdrückt, den Rest seines Lebens als Stiefelmacher zubringen zu müssen.
    »Sieh nur!«, ruft Gotardo plötzlich und deutet hinunter auf das Stony-Creek-Becken, wo das Feuer an der Grand Mystery Co. noch immer brennt. Es überrascht ihn, dass er sich nach allem, was sie durchgemacht haben, nach wie vor für dieses Flackern in der Dunkelheit erwärmen kann. Aber dem Feuer wohnt ein Geheimnis inne, das stärker ist als die Angst, vor allem einem Feuer wie diesem. Die Hände in die Taschen gesteckt bleibt er stehen und bewundert diesen Anblick, bis Jemma ihn drängt weiterzugehen. Sie möchte nicht, dass Lucy sich erkältet.
    Im Haus bringt sie das schlafende Kind nach oben in ihr Bettchen am Fußende ihres Ehebetts. Jemma legt sie hinein und deckt sie mit einer zweiten Decke bis zum Kinn zu, küsst die warme Haut ihrer Tochter und sagt ihr flüsternd Gute Nacht.
    Ehemann und Ehefrau schlafen tief und fest, und wenn sie träumen, werden ihre Träume viel zu tief im Schutt ihrer früheren Leben begraben sein, als dass man sie ausgraben könnte.
    Jemma wird wach von der Stille im Raum. Obwohl es bereits tagt, hat Lucy sich noch nicht gemeldet, wie sie das für gewöhnlich tut. Jemma bleibt liegen und lauscht auf

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